Das Geflügel, von Brockes

        Wer einen Hof voll Federvieh
Mit aufgeräumt betrachtendem Gemüt
Und aufgeklärten Sinnen sieht,
Ergötzet sich mit Recht, erstaunt, bewundert sie.

        Wie lebhaft, angenehm und niedlich
Ist das Gewühl der Hühner! wie verschiedlich
Ist ihre Farb' und Form! wie fröhlich ihr Geschrei!
Wie emsig all ihr Tun! wie kräftig wohnt der Hahn
Bald der, bald jenen Hennen bei!
Ist er nicht gleichsam angetan
Mit einem Helm, mit Spornen an den Beinen?
Wie mutig sträubt er sich, wann etwa ein Cumpan
Mit seiner Weiber Schaar sich suchet zu vereinen!
Da er die Flügel schlägt, und sich zum Kampfe rüstet.


        Die welschen Hühner ebenfalls
Sind schön, sind trefflich schön. Man seh' den Hals
Vom welschen Hahn nur an, wann er erhitzt sich brüstet.
Wie feurig ist das Rot, wie ist sein Kropf so bläulich,
Wie ist sein Zorn, der in den Augen flammt,
Zugleich so lächerlich und gräulich!
Die Federn sind als wie ein schwarzer Sammt,
An welchem wir ein Weiß an allen Ecken,
Als wären sie mit Silber eingefasst,
Nicht ohn' Verwunderung entdecken.

        Wie artig ist das schnatternde Getön
Der Gans' und Enten anzuhören,
Und ihre Bildung anzuseh'n!
Die uns nicht ohn' Erbauung lehren,
Wie alle Glieder sonderbar.
Um sich nach ihrer Art zu nähren,
Vom Schöpfer weislich zugericht.

        Nicht minder gibt der muntern Tauben Schaar,
Wenn sie bald gehen und bald fliegen,
So dem Gehör, wie dem Gesicht
Ein angenehm, ein ungemein Vergnügen.
Mit Recht sieht Niemand sonder Lust
An ihrem Hals' und an der Brust
Den wandelbaren Glanz der glatten Federn schimmern.
Wie lieblich klingt ihr süßes Wimmern,
Ihr Girren, ihr Geklatsch, wann sie sich aufwärts heben,
Und bald in blauer Luft in großen Kreisen schweben,
Bald schnäbelnd, auf der Giebel Spitzen,
Verliebet bei einander sitzen!
Durch ihre mancherlei Figur
Wird man nicht nur,
Durch ihre Schönheit auch zum Herrn der Kreatur
Geführt, geleitet und gewiesen.

Brockes.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2