Der Gärtner, von v. Holtei

Des Gärtners Leben ist ein heit'rer Gang
Durch der Natur lichthelle Räume;
Wie Aeolsharfen tönt ein Feensang
Vom kleinsten Kraut bis in die höchsten Bäume.
Dem Gärtner lebet, was uns leblos scheint;
Wir meinen, seine Pflanzung schweige?
Er weiß, was Jedes will und meint:
Er flößt Erquickung in die matten Zweige,
Er macht sie frei von üppiger Beschwerde,
Er lockert auf das weiche Bett der Erde,
Gönnt Sonne der, die sonnig leben will,
Er gönnt ihr Schatten, wenn sie matt und still
Nach Ruhe seufzt. — Die Grausamkeit ist ferne
Von seinem sanften Friedensamt;
Und weil das heil'ge Licht der Sterne
Bedeutungsvoll auf Blumen niederflammt,
Weil Mondesglanz, sein Kommen oder Gehen,
Voll Einfluss ist auf die geschmückte Flur,
Muss er auch auf den Himmel sich verstehen
Und wird ein Priester der Natur.
Glücksel'ger Stand, den er sich auserwählt:
Denn, wenn der Jäger arme Tiere quält,
Der Schäfer träumerisch in langer Weile
Und stetem Einerlei den Tag verlebt,
Der Ackersmann nur trockne Frucht erstrebt:
Dem Gärtner wird Lebendiges zu Teile,
Ihm blühen bunt Beruf und Pflicht;
Und wenn er sinnend nun ein Selam bricht,
So wird der Strauß den er gewunden
Wie Worte tief geachtet und empfunden,
Und seine Gab' ist ein Gedicht.
Ward er zum Greis', hängt ihm der Schnee der Haare
Auf bleiche Wangen fromm herab,
Da zieht er selbst den Kranz für seine Bahre,
Umpflanzt mit Sorgfalt sich sein Grab:
Ein Garten ist's, den er durch treue Pflege,
Durch still ergeb'nen Sinn geweiht,
Damit der Sohn, im grünen Gärtnerkleid,
Den Vater in die Sommer-Wohnung lege.
Und jede Blume, die da blüht,
Spricht dann zu fühlendem Gemüt:
Hier, wo sie mich erzogen haben,
Hier liegt ein guter Mann begraben.

v. Holtei.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2