Metzelsuppenlied, von Uhland

Wir haben heut nach altem Brauch
Ein Schweinchen abgeschlachtet;
Der ist ein jüdisch ekler Gauch,
Wer solch ein Fleisch verachtet.
Es lebe zahm und wildes Schwein!
Sie leben alle, groß und klein,
Die blonden und die braunen.

So säumet denn, ihr Freunde, nicht,
Die Würste zu verspeisen,
Und lasst zum würzigen Gericht
Die Becher fleißig kreisen!
Es reimt sich trefflich: Wein und Schwein,
Und passt sich köstlich: Wurst und Durst,
Bei Würsten gilt's zu bürsten.


Auch unser edles Sauerkraut,
Wir sollen's nicht vergessen;
Ein Deutscher hat's zuerst gebaut,
Drum ist's ein deutsches Essen.
Wenn solch ein Fleischlein, weiß und mild,
Im Kraute liegt, das ist ein Bild
Wie Venus in den Rosen.

Und wird von schönen Händen dann
Das schöne Fleisch zerleget,
Das ist, was einem deutschen Mann
Gar süß das Herz beweget.
Gott Amor naht und lächelt still,
Und denkt: nur, dass wer küssen will,
Zuvor den Mund sich wische!

Ihr Freunde, tadle Keiner mich,
Dass ich von Schweinen singe!
Es knüpfen Kraftgedanken sich
Oft an geringe Dinge.
Ihr kennet jenes alte Wort,
Ihr wisst: Es findet hier und dort
Ein Schwein auch eine Perle.

Uhland.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2
Uhland Ludwig (1787-1862), deutscher Dichter und Literaturwissenschaftler

Uhland Ludwig (1787-1862), deutscher Dichter und Literaturwissenschaftler

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