Die Biene und der Lenz, von Arndt

Ziehst du dein goldnes Röckchen an?
Die goldnen Stiefel auch?
O Bienchen, Vöglein wohlgemut,
Mit leichtem Sinn und leichtem Blut,
Was locket dich das Sonnenlicht?
Was lockt dich Blütenhauch?

Was summst du lustig hin und her?
Hast nie des Spiels genug?
Der Lenz ist kurz, du süßes Kind!
Dich zieht der Strom, dich nimmt der Wind,
Dich bringet um den Blumenraub
Der Menschen List und Trug.


Wohl zieh' ich an den goldnen Rock,
Und kleid' in Gold den Fuß,
Leicht ist mein Blut und leicht mein Sinn,
In Freuden ich geboren bin;
Drum locket mich das Sonnenlicht
Und Blumenliebesgruß.

Der Lenz ist kurz, das Leben schnell,
Drum stieg' ich schnell dahin;
Mein Frühlingsschein, mein Blumenspiel,
In jedem Kelch mein Bettchen kühl
Auf jeder Flur mein Leben bunt —
D'rob trag' ich frohen Sinn.

O Bienchen, Voglein wohlgemut!
O süßes Frühlingskind!
Horch, horch wie klagt die Nachtigall
Im Erlenbusch mit Trauerschall!
Auch sie im Lenz geboren ist,
Doch nur auf Trauren sinnt.

Wohl höre ich die Nachtigall,
Ihr Klagen fromm und still;
Sie ist die schmerzenvolle Frau,
Ihr Trauerkleid ist dunkelgrau,
Doch sprich, warum ich trauren soll,
Weil sie nicht froh sein will?

Sich her, wie bebet Strauch und Laub
Im jungen Sonnenschein!
Wie küssen sich die Blumen lieb!
Und locken: Kleiner Honigdieb.
Komm, sammle Blumenliebeskost!
Denn dieser Lenz ist dein.

O Vöglein! Vöglein wohlgemut
Mit goldnem Flügelpaar!
O leichtes Leben frommer Brust!
Zieh' mich zum Lenz, zu seiner Lust,
Und mache mir mit Liebesglanz
Die trüben Augen klar.

C. M. Arndt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2