Die Schönheit der Felder im Frühling, von Brockes

Das Feld sei fröhlich, und Alles was darauf ist!

Gott Lob! die Sonne kehret wieder;
Der Frühling kommt; der sanfte Zephyr schwingt,
Von ihrem Strahl beleb't, sein tauigtes Gefieder;
Sein lauer Hauch durchdringt der starren Tellus Schoos,
Erwärmt und schwängert sie; jedweder Erdenklos
Wird trächtig und gebiert ein fast lebendig Grün,
D'rauf tausend, tausend Blumen blüh'n.
Itzt lacht das Feld uns an, da es der Sonne Strahlen
In dieser holden Frühlings - Zeit
Mit Leben, Licht und Heiterkeit
Erwärmen, schmücken und bemalen.
Es lässt, als wäre die Natur mit unsichtbaren Fingern
Bemüht, das falbe Gelb, des alten Grases Rest,
Ohn' Unterlass zu mindern, zu verringern.
Sie schien fast einem Maler gleich, ein schönes Grün,
Um uns so Herz als Augen zu erfrischen,
Zum schmutzigen beständig zuzumischen.
Des Feldes Pracht, die Schönheit einer Wiesen,
Wenn sie des Frühlings Hand beblümt,
Wird nimmermehr genug gerühmt,
Noch weniger dafür der Schöpfer genug gepriesen.
Es liegt auf jedem Gras, es liegt auf jedem Blatt,
Indem die äuß're Fläche glatt,
Vom Sonnen-Glanz ein weißer Schein,
Wodurch sie nicht nur grün, zugleich versilbert sein.
Wenn nun die Luft sich sanfte reget,
Und ihr beweglich Laub beweget,
So siehet man auf ihren regen Spitzen
Viel kleine Lichter lieblich blitzen.
Die Blumen, die ich in der Nähe
So dicht, wie selbst das Gras, im frischen Grase sehe,
Sind, wenn man ihre Farb' aufmerksam unterscheidet,
In wunderschönen Schmuck gekleidet.
Sie scheinen an Gestalt und Schimmer kleine Sterne,
In tausendfachen, Glanz und Schein,
Am grünen Firmament zu sein.
Wann aber unsre Blick' ein wenig in die Ferne,
Und auf dem weichen Klee gemächlich vorwärts schießen:
Sieht man der bunten Farben Pracht
Allmälig in einander fließen,
Wodurch sich, in verwunderlichem Glanz,
Ein unvergleichlich's herrlich's Ganz,
Aus recht unzähligen gefärbten Teilchen, macht.
Itzt blüh't und grünet Sand und Kies;
Es scheint das bunte Feld, vom Sonnen-Glanz bestrahlet,
Als eine Schilderei, worauf das Paradies
Mit solchen Farben abgemalet,
Woran kein Edelstein, wie schön er spielet, reichet.
Ja, wie ein Künstler oft, die Farben zu erhöhen,
Ein herrliches Gemäld' mit Firnis überstreichet,
So streicht die Sonn' es auch mit solchem Firnis an:
Dass unser Auge zwar was Himmlisches d'rin sehen,
Doch dessen Eigenschaft kein Kiel beschreiben kann.


Brockes.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 1