Die Landluft, von Hagedorn

Geschäfte, Zwang und Grillen,
Entweiht nicht diese Trift;
Ich finde hier im Stillen
Des Unmuts Gegengift.
Ihr Schwätzer, die ich meide,
Vergesst, mir nachzuzieh'n:
Verfehlt den Sitz der Freude,
Verfehlt der Felder Grün.

Es wehet, wallt und spielet
Das Laub um jeden Strauch,
Und jede Staude fühlet
Des lauen Zephyrs Hauch.
Was mir vor Augen schwebet,
Gefällt und hüpft und singt;
Und alles, alles lebet
Und alles scheint verjüngt.


Ihr Täler und ihr Höhen,
Die Lust und Sommer schmückt!
Euch, ungestört, zu sehen
Ist, was mein Herz erquickt.
Die Reizung freier Felder
Beschämt der Gärten Pracht,
Und in die offnen Wälder
Wird ohne Zwang gelacht.

Die Saat ist aufgeschossen
Und reizt der Schnitter Hand;
Die blättervollen Sprofsen
Beschatten Berg und Land.
Die Vögel, die wir hören,
Genießen ihrer Zeit,
Nichts tönt in ihren Chören
Als Scherz und Zärtlichkeit.

Wie thront auf Moos und Rasen
Der Hirt in stolzer Ruh!
Er sieht die Herde grasen
Und spielt ein Lied dazu.
Sein muntres Lied ergötzet
Und scheut die Kenner nicht;
Natur und Lust ersetzet
Was ihm an Kunst gebricht.

Aus Dorf und Büschen dringet
Der Jugend Kern hervor,
Und tanzt und stimmt und singet
Nach seinem Haberrohr.
Den Reihentanz vollenden
Die Hirten auf der Hut,
Mit treu vereinten Händen,
Mit Sprüngen voller Mut.

Wie manche frische Dirne
Schminkt sich aus jenem Bach!
Und gibt an Brust und Stirne
Doch nicht den Schönsten nach.
Gesundheit und Vergnügen
Belebt ihr Aug' und Herz,
Und reizt in ihren Zügen
Und lacht in ihrem Scherz.

In jährlich neuen Schätzen
Zeigt sich des Landmanns Glück,
Und Freiheit und Ergötzen
Erheitern seinen Blick.
Verleumdung, Stolz und Sorgen,
Was Städte sklavisch macht,
Das schwärzt nicht seinen Morgen,
Das drückt nicht seine Nacht.

Nichts darf den Weisen binden,
Der alle Sinne übt,
Die Anmut zu empfinden,
Die Land und Feld umgibt.
Ihm prangt die fette Weide
Und die betaute Flur;
Ihm grünet Lust und Freude,
Ihm malet die Natur.

Hagedorn.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 1