Der Hof des Landmanns, von v. Kleist

Komm, Muse, lass uns die Wohnung und häusliche Wirtschaft des Landmanns
Und Viehzucht und Garten betrachten! — Hier steigt kein Marmor aus Bergen
Und zeiget Kämpfer; kein Taxus spitzt sich vor Schlössern; keinWasser
Folgt hier dem Zuruf der Kunst. Ein Baum, worunter sein Ahnherr
Drei Alter durchlebte, beschattet ein Haus, von Reben umkrochen,
Durch Dorn und Hecken beschützt. — Ein Teich glänzt mitten im Hofe,
Mit grünem Floßkraut bestreut, wodurch aus scheinbarer Tiefe
Des Himmels Ebenbild blinkt. — Er wimmelt von zahmen Bewohnern;
Die Henne jammert um's Ufer, und ruft die gleitenden Entchen,
Die sie gebrütet: sie flieh'n der Stiefmutter Stimme, durchplätschern
Die Flut und nagen am Schilf. — Mit vorgebogenen Hälsen
Und zischend, treiben die Gänse fern von der Luftbahn der Jungen
Den zottigen Hofhund; dann spielen die haarigen Kinder, sie tauchen
Den Kopf in's Wasser, und hängen mit rudernden Füßen
Im Gleichgewichte. — Dort läuft ein kleines geschäftiges Mädchen,
Sein buntes Körbchen am Arm, verfolgt von weitschreitenden Hühnern.
Nun steht es und täuscht sie leichtfertig mit eitelem Wurfe; begießt sie
Nun plötzlich mit goldenem Korn, und sieht sie sich zanken und picken. —
Dort lauscht das weiße Kaninchen in dunkler Höhle und drehet
Die roten Augen umher; springt endlich furchtsam zum Zaune
Und reißt an staudigen Pappeln. — Aus seinem Gezelte geht lachend
Das gelbe Täubchen, und kratzt mit rötlichen Füßen den Nacken,
Und fliegt zum Liebling auf's Dach. Er zürnt ob dessen Verweilen
Und dreht sich um sich und schilt; bald rührt ihn das Schmeicheln der Schönen,
Viel Küsse werden verschwendet, bis sie mit schnellem Gefieder
Die Luft durchlispeln, und aufwärts sich zu den Gespielen gesellen,
Die blitzend im Sonnenglanz schwärmen. Von blühenden Fruchtbäumen schimmert
Der Garten, die kreuzende Gänge mit roter Dunkelheit füllen;
Und Zephyr gaukelt umher, treibt Wolken von Blüten zur Höhe,
Die sich ergießen und regnen. — Zwar hat hier Wollust und Hochmut
Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und sie gepflanzet; nicht Myrthen,
Nicht Aloen blicken durch Fenster. — Das nützliche Schöne vergnüget
Den Landmann und etwa ein Kranz. — Durch lange Gewölbe von Nussstrauch
Zeigt sich voll laufender Wolken der Himmel, und ferne Gefilde
Voll Seen, und buschige Täler, umringt mit blauen Gebirgen. —
Die Fürstin der Blumen, die Lilie, erhebt die Krone zur Seite
Hoch über streifige Tulpen. O Tulipane, wer hat dir
Mit allen Farben der Sonne den offenen Busen gefüllet?
Ich grüßte dich Fürstin der Blumen, wenn nicht die göttliche Rose,
Die tausendblättrige schöne Gestalt, die Farbe der Liebe.
Den hohen bedorneten Thron und den ewigen Wohlgeruch hätte! —
Die holde Maiblume drängt die Silberglöckchen durch Blätter;
Hier reicht mir die blaue Jacynthe den Kelch voll kühler Gerüche:
Es steigt unsehbarer Regen von lieblichen Düften zur Höhe,
Und füllt die Lüfte mit Balsam. Die Nachtviole lässt immer
Die stolzeren Blumen den Duft verhauchen; sie schließet bedächtig
Ihn ein, im Vorsatz, den Abend noch über den Tag zu verschönen! —
Ein wahres Bildnis des Weisen, den nicht, gleich prahlenden Kämpfern,
Der Kreis von Zuschauern reizt, der tugendhaft wegen der Tugend,
In der Verborgenheit Schatten Gerüche der Wohltaten ausstreut! —
Seht hin, wie brüstet der Pfau sich dort am farbigen Beete,
Voll Eifersucht über die Kleidung der fröhlichen Blumen stolziert er.
Kreist rauschend den grünlichen Schweif voll Regenbögen, und wendet
Den farbentrügenden Hals. — Die Schmetterlinge, sich jagend.
Umwälzen sich über den Bäumen mit bunten Flügeln; voll Liebe
Und unentschlossen im Wählen, beschauen sie Knospen und Blüten. —
Indessen impfet der Herr des Gartens Zweige von Kirschen
Durchsägten Schleestämmen ein, die künftig über die Kinder,
Die sie gesäuget, erstaunen, — Das Bild der Anmut, die Hausfrau
Sitzt in der Laube von Reben, pflanzt Standen und Blumen auf Leinwand;
Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind, der Grazien Liebling,
Mit zarten Armen am Hals ihr hangend, hindert sie schmeichelnd,
Ein andres tändelt im Klee, sinnt nach, und stammelt Gedanken. —
O dreimal seliges Volk, dem einsam in Gründen die Tage
Wie sanfte Weste verfliegen! Lass Andre dem Pöbel, der Dächer
Und Bäum' ersteiget, zur Schau in Siegeswagen sich brüsten,
Von Elephanten gezogen; lass sie der Wellen Gebirge
Mit Wolken von Segeln bedecken, und Japan in Westen versetzen!
Der ist ein Liebling des Himmels, den, fern von Thorheit und Lastern,
Die Ruh' an Quellen umschlingt! Auf ihn blickt immer die Sonne
Von oben lieblich herab; ihm braust kein Unglück in Wogen,
Ihm folgt die Neue nicht nach, nicht durch die wallenden Saaten,
Nicht unter die Herden im Tal, nicht an sein Traubengeländer,
Er seufzt nicht eitele Wünsche, ihn macht die Höhe nicht schwindelnd,
Die Arbeit würzt ihm die Kost, sein Blut ist leicht wie der Äther,
Sein Schlaf entfliegt mit der Dämm'rung, ein Morgenlüftchen verweht ihn. —

E. C. v. Kleist. (Im Gedichte: Der Frühling.)



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 1