Abendlied eines Landmanns, von Claudius

Das schöne große Tag-Gestirne
Vollendet seinen Lauf;
Komm, wisch' den Schweiß mir von der Stirne
Lieb' Weib, und dann tisch' auf!

Kannst hier nur auf der Erde decken,
Hier unter'm Apfelbaum;
Da pflegt es Abends gut zu schmecken,
Und hat's am besten Raum.


Und rufe flugs die kleinen Gäste,
Denn hör,' mich hungert's sehr;
Bring' auch den kleinsten aus dem Neste,
Wenn er nicht schläft, mit her.

Dem König bringt man viel zu Tische;
Er, wie die Rede geht,
Hat alle Tage Fleisch und Fische
Und Panzen und Pastet';

Und ist ein eigner Mann erlesen,
Von andrer Arbeit frei,
Der ordnet ihm sein Tafelwesen
Und präsidiert dabei.

Gott lass' ihm Alles wohl gedeihen!
Er hat auch viel zu tun,
Und muss sich Tag und Nacht kasteien,
Daß wir in Frieden ruh'n,

Und haben wir nicht Herrenfutter,
So haben wir doch Brod,
Und schöne, frische, reine Butter,
Und Milch, was denn für Not?

Das ist genug für Bauersleute,
Wir danken Gott dafür,
Und halten offne Tafel heute
Vor allen Sternen hier.

Es präsidiert bei unserm Mahle
Der Mond, so silberrein!
Und kuckt von oben in die Schale
Und tut den Segen 'nein.

Nun Kinder esset, esst mit Freuden,
Und Gott gesegn' es euch!
Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden,
Bin glücklich und bin reich!

Claudius.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 1