Das reifende Getreide, von Brockes
Mit einer innern Lust und Freude
Beschau' ich täglich mein Getreide,
Das heuer so vortrefflich steht,
Dass mancher, dem es nicht gehört,
Doch öfters Gott bewundernd ehrt
Und Ihn durch ein Gott Lob! erhöht.
Noch neulich sah ein Ackersmann
Bewundernd diesen Segen an,
Und sprach: Dass er sich unterstünde
Zu wetten, dass auf hundert Meilen,
In allen ganz vollkommnen Teilen,
Man keinen bessern Roggen finde.
Der Halm ist hoch, die Ähre groß,
Das Korn ist grob, und fast ganz bloß,
Indem die Eiden*) von den Winden
Sich meistens abgerieben finden.
Die Körner glimmen recht und glänzen
Durch die Behälter, welche sie
Nicht ohne Müh'
Annoch begrenzen.
Durch ihre Größe sind die Hülsen recht gedrängt
Und scheinen gleichsam aufgesprengt,
So dass man öfters nichts, als die fast güldne Saat,
So eng' gepresst, als Körner im Granat,
An lauter großen Ähren stehet.
Die Körner sitzen im Quadrat,
Und scheinen, da sie gleichsam gülden,
Ein gülden Viereck abzubilden.
Der Ähren Blond scheint gülden auch, doch matt,
Das Gold der Körner aber glatt.
Der Glanz, womit sie angefüllt,
Und der sie gleichsam überziehet,
Zumal wenn das Getreid' im Strahl der Sonnen glühet,
Entsteht durch ein klein Sonnen-Bild,
Das man auf ihrer glatten Haut,
Wenn man es recht betrachtet, schaut.
Vom Fuß der Ähren an bis zu der Spitzen
Ist alles von den kleinen Blitzen
Recht lieblich angefüllt. Wie angenehm, wie schön
Dies, nicht für ein betrachtend nur, ein Eigner-Auge zu beseh'n,
Wird jeder leicht gedenken können.
Bei'm täglichen Spazierengeh'n
Hab' ich, Gott Lob! dass Er mir's wolle gönnen,
Und auch in dieser Frucht mir so viel Gut's erwiesen,
Den Schöpfer wenigstens in meiner Lust gepriesen.
Ich dank' Ihm auch annoch in dieser Stunde,
Mit froher Feder, Herz und Munde,
Erkenne, dass von Ihm allein
Wir auf der Welt gesegnet sei'n!
Ich wünsche, dass Er diesen Segen
Zu rechter Zeit lass in die Scheuren legen,
Und dass wir ihn auch dann von Herzen preisen mögen!
Brockes.
*) Der Landmann nennt die äußerste Spitze der Hülse, welche das Korn einschließt, die Eiden (in Holstein).
Beschau' ich täglich mein Getreide,
Das heuer so vortrefflich steht,
Dass mancher, dem es nicht gehört,
Doch öfters Gott bewundernd ehrt
Und Ihn durch ein Gott Lob! erhöht.
Noch neulich sah ein Ackersmann
Bewundernd diesen Segen an,
Und sprach: Dass er sich unterstünde
Zu wetten, dass auf hundert Meilen,
In allen ganz vollkommnen Teilen,
Man keinen bessern Roggen finde.
Der Halm ist hoch, die Ähre groß,
Das Korn ist grob, und fast ganz bloß,
Indem die Eiden*) von den Winden
Sich meistens abgerieben finden.
Die Körner glimmen recht und glänzen
Durch die Behälter, welche sie
Nicht ohne Müh'
Annoch begrenzen.
Durch ihre Größe sind die Hülsen recht gedrängt
Und scheinen gleichsam aufgesprengt,
So dass man öfters nichts, als die fast güldne Saat,
So eng' gepresst, als Körner im Granat,
An lauter großen Ähren stehet.
Die Körner sitzen im Quadrat,
Und scheinen, da sie gleichsam gülden,
Ein gülden Viereck abzubilden.
Der Ähren Blond scheint gülden auch, doch matt,
Das Gold der Körner aber glatt.
Der Glanz, womit sie angefüllt,
Und der sie gleichsam überziehet,
Zumal wenn das Getreid' im Strahl der Sonnen glühet,
Entsteht durch ein klein Sonnen-Bild,
Das man auf ihrer glatten Haut,
Wenn man es recht betrachtet, schaut.
Vom Fuß der Ähren an bis zu der Spitzen
Ist alles von den kleinen Blitzen
Recht lieblich angefüllt. Wie angenehm, wie schön
Dies, nicht für ein betrachtend nur, ein Eigner-Auge zu beseh'n,
Wird jeder leicht gedenken können.
Bei'm täglichen Spazierengeh'n
Hab' ich, Gott Lob! dass Er mir's wolle gönnen,
Und auch in dieser Frucht mir so viel Gut's erwiesen,
Den Schöpfer wenigstens in meiner Lust gepriesen.
Ich dank' Ihm auch annoch in dieser Stunde,
Mit froher Feder, Herz und Munde,
Erkenne, dass von Ihm allein
Wir auf der Welt gesegnet sei'n!
Ich wünsche, dass Er diesen Segen
Zu rechter Zeit lass in die Scheuren legen,
Und dass wir ihn auch dann von Herzen preisen mögen!
Brockes.
*) Der Landmann nennt die äußerste Spitze der Hülse, welche das Korn einschließt, die Eiden (in Holstein).
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 1