Joseph Joachim (1831-1907)

Auch Joseph Joachim, der grösste Violinvirtuos der Neuzeit und der genialste Geiger, den bisher der israelitische Stamm hervorgebracht hat, war ein Wunderknabe, aber er hat nicht allein das gehalten, was er in der Frühzeit versprochen, sondern er ist auch als ein wahrhaft vollendeter und gottbegnadeter Künstler allen als leuchtendes Vorbild erschienen. Ihn beseelte nicht die Sucht, durch seine Darbietungen äusseren Effekt zu erzielen und den Beifall der Menge gewaltsam herauszufordern, sondern allezeit durchglühte ihn eine heilige Begeisterung für die hehren Aufgaben der Kunst, und er strebte nicht allein nach dem Höchsten, sondern erreichte auch das Höchste. Mit den ihm von der gütigen Natur verliehenen herrlichen Gaben verband er einen rastlosen, nie ermattenden Fleiss, eine bewunderungswürdige Ausdauer und einen objektiven kritischen Sinn, und so hat er es denn erreicht, dass sich ein Menschenalter hindurch die Liebe und Verehrung der Besten seiner Zeitgenossen für diesen Liebling der Götter und Menschen gleichblieb.

Treffend charakterisirt ihn einer seiner Biographen, Andreas Moser, mit den Worten: „Er waltet seines hehren Priesteramtes mit der Frische eines Jünglings, dem der Genius den Kuss der Weihe aufgedrückt hat, und wie er sich schon in frühen Mannesjahren durch das unentwegte Festhalten an den Idealen der Kunst eine Ausnahme unter den Besten der mitstrebenden Genossen gesichert hatte, so ragt er nun, da fast alle, die mit ihm gerungen und gestritten haben, der kühle Rasen deckt, wie ein Wahrzeichen aus vergangener Zeit in die Gegenwart und Zukunft hinein: Eine Rieseneiche im vollen Schmuck der grünen Blätter, die von der vollen Kraft zeugt, die ihrem Stamme innewohnt.“


Die grosse Bedeutung des Künstlers zeigte sich namentlich anlässlich der glänzenden Festlichkeiten und Huldigungen, welche nicht nur in Berlin, sondern auch in der gesammten gebildeten Welt dem Meister bei seinem 60jährigen Künstlerjubiläum, am 17. März 1899, zu Theil wurden. Doch nicht allein der unvergleichliche Musiker, sondern auch der Mensch, dessen ideales Streben und Wollen von allen bezeugt wird, die je das Glück hatten, mit ihm in nähere Berührung zu treten, wurde von seinem zahlreichen Schüler- und Freundeskreis geradezu überschwenglich gefeiert. Es war dies keine Strohfeuerbegeisterung, wie sie bei Zweck- und Festessen bekannter Leute aufzulohen pflegt, sondern der Ausdruck jener spontanen Huldigung, welche man selbst in unserer materiellen Zeit für jene Ritter vom Geiste empfindet, die ihr ganzes Leben lang dem Kultus des Ewig-Schönen, -Wahren und -Edlen weihen und deren Wirken und Schaffen uns daran mahnt, dass es denn doch noch höhere Güter geben müsse, als die vergänglichen dieser Welt.

Als Geigen virtuos, als Quartettspieler, als denkender Tonkünstler, sowie als Lehrer seines Instruments ist er sammt und sonders eine phänomenale Erscheinung, die in ihrer Eigenart ganz einzig dasteht. Nicht allein seinem Genius verdankt er die Erfolge, welche er seit vielen Jahrzehnten im In- und Auslande einheimste, sondern vor Allem auch seinem treuen und unerschütterlichen Wollen, gemäss der Mahnung des Dichters: „Immer vorwärts musst Du streben, nie ermüdet stille steh’n.“

Joseph Joachim wurde in Kittsee (Ungarn) am 20. Juni 1831 geboren. Da er für die Musik und besonders für die Violine frühzeitig Neigung und Begabung offenbarte, sandten ihn seine Eltern auf das Conservatorium in Wien, wo der schon wiederholt genannte Joseph Böhm sein Lehrer wurde. Vorher trat das kraushaarige 7 jährige Geigerlein im Adelskasino zu Budapest auf und die Zuhörer zeichneten es durch mehrmalige Hervorrufe aus. Er selbst hat heute nur noch die Erinnerung an sein Debüt, dass er auf seinen himmelblauen, mit Perlmutterknöpfen besetzten Rock fürchterlich stolz war. Im Jahre 1843 erklärte Joseph Böhm die Ausbildung seines Zögling’s für vollendet und ermutigte ihn, im Gewandhauskonzert zu Leipzig sich hören zu lassen. Er trug dort die Ernst’sche Othellophantasie vor, das Publikum applaudirte lebhaft und die Kritik sprach sich sehr günstig aus, besonders auch über die Gediegenheit der Schule, welche das Spiel des Zwölfjährigen erkennen liess. Daraufhin entschlossen sich seine Eltern, ihren Sohn in Leipzig weiter studiren zu lassen. Moritz Hauptmann gab ihm in musikwissenschaftlichen Fächern Unterricht, während Ferdinand David, der sich besonders für ihn interessirte, sich von Zeit zu Zeit etwas von ihm vorspielen liess und ihm mit seinem fachmännischen Rath zur Seite stand. F. Mendelssohn Bartholdy, dem der junge Geiger alsbald zugeführt wurde, unterzog ihn einer ebenso eingehenden wie gründlichen Prüfung, indem er sich einige Geigensoli anhörte, mit ihm die Kreutzersonate von Beethoven spielte und ihn einige Aufgaben in der Harmonie ausführen liess. Das Resultat dieser Prüfungen war ein für Joachim überaus günstiges. „Er wolle“, so schrieb Mendelssohn an die Verwandten des angehenden Virtuosen, „selber öfters und regelmässig mit dem Jungen musiciren und ihm sein künstlerischer Berather in musikalischen Dingen sein“. Joachims erstes öffentliches Auftreten in Leipzig war in einem Konzert, welches die Sängerin Pauline Viardot-Garcia am 19. August 1843 im Gewandhaus gab. Zwei Jahre darauf durfte er mit Mendelssohn nach London reisen, und gleich bei seinem ersten Auftreten in einem philharmonischen Konzert erregte er Bewunderung durch den meisterhaft schönen Vortrag des Beethoven’schen Violinkonzerts.

Nach Leipzig zurückgekehrt, spielte er am 4. Dez, 1845 seine Komposition, Adagio und Rondo für Violine und Orchester. In einer kleinen Abendgesellschaft bei seinem genannten Lehrer, Moritz Hauptmann, lernte er den damaligen Altmeister des deutschen Geigenspiels Ludwig Spohr, kennen, und diese Berührung war für ihn von den heilsamsten Folgen begleitet. Nicht minder bedeutsam war für ihn die Bekanntschaft mit Robert Schumann und Joachim wurde bald Lehrer an, Conservatorium und Mitglied des Gewandhausorchesters in Leipzig. Im Jahre 1850 zog ihn Franz Liszt nach Weimar, wo er Konzertmeister der Grossherzoglichen Kapelle wurde und der Clavierkönig auf seine virtuose Entwicklung einen wesentlichen Einfluss übte. Das herrliche Quartettspiel des Geigenvirtuosen erregte in Ilm -Athen solche Bewunderung, dass von den dortigen Musikliebhabern an ihn die Aufforderung herantrat, an diesen Kunstgenüssen auch weitere Kreise theilnehmen zu lassen. So veranstaltete er vom Winter 1851 ab ständige öffentliche Quartettabende, in denen neben der hauptsächlichen Pflege der Klassiker auch die Mitlebenden zu ihrem Rechte kamen. Von Weimar aus unternahm er mchrmonatliche Kunstreisen nach England, und es gelang ihm, allmählich im Inselreich sich eine geachtete und dauernde künstlerische Position zu erringen. Dort in der klassischen Stadt wurde er mit den namhaftesten Persönlichkeiten bekannt und intim befreundet, so z. B. mit Hans v. Bülow, Raff, Hermann Grimm, Bettina v. Arnim u. v. a. Als Franz Liszt die Verherrlichung der Wagner’schen Musik sich gleichsam zur Lebensaufgabe machte, und die neudeutsche Richtung alle musikalischen Verhältnisse zu beherrschen begann, verzichtete Joachim auf seine Stellung als Konzertmeister und ging 1854 als Kgl. Konzertdirektor nach Hannover, wo ihm die freieste Stellung kontraktlich zugesichert wurde und er sich der Gunst Georgs V. in hohem Grade erfreute.

Vorher fällt das Ereigniss des öffentlichen Auftretens Joachims in Berlin, am 13. Dezember 1852, in einem Konzert des Stern’schen Gesangvereins, im Saale des Königl. Schauspielhauses, welches sich zu einem geradezu sensationellen gestaltete. Die Presse der Residenz forderte stürmisch, dass man den Meister der Geige nicht weiterziehen lassen, sondern ihn für immer und jeden Preis an Berlin fesseln solle. Sein Spiel erregte dieselbe Bewunderung, wie einst dasjenige Nicolo Paganinis. So hiess es z. B. in einer Besprechung der „National-Zeitung“ von Otto Gumprecht: „Ich möchte den Künstler mit einem Worte genial nennen, wenn die Bezeichnung nicht bis zur Unkenntlichkeit gemissbraucht wäre. Wen hat nicht alles schon unsere Zeit genial genannt! Zum ersten Male habe ich den Eindruck absoluter Vollendung von einer Leistung mit mir genommen. Der Vortrag war bis in das Kleinste die getreueste, begeistertste Reproduktion des Werkes, in der alle Einzelheiten, selbst die grosse eingelegte Kadenz im ersten Satz als ebenso viele durch die Innerlichkeit der Sache gebotene Züge erschienen. Da gab es nichts Müssiges, keinen eitlen Virtuosenschmuck, sondern alles, jedes sforzato, crescendo, staccato fand in dem Ganzen seine Rechtfertigung. Nach dem Konzert fiel mir ein, dass zugleich die grössten Wunder der Bravour an mir vorübergegangen: Doppelgriffe, chromatische Läufe in Oktaven, und was weiss ich noch. Aber während des Spiels hatte ich dessen kaum acht, denn der Virtuos geht hier durchaus im Künstler auf. Jener wird von diesem gänzlich gedeckt.“

In Hannover hatte Joachim alle Ursache, mit seiner Stellung zufrieden zu sein, besonders bereitete ihm seine Dirigententhätigkeit viel Freude, denn er hatte die Genugthuung, seine Wirksamkeit in dieser Richtung allgemein anerkannt zu sehen.

Sehr interessant gestaltete sich seine Bekanntschaft mit dem ungarischen Violinvirtuosen Eduard Reményi, gleichfalls von israelitischer Geburt, der seine Landsleute durch den phantastischen Vorrath heimatlicher Volkslieder und Tänze begeisterte. Dieser kam in Gesellschaft eines jungen Clavierbegleiters, namens Johannes Brahms aus Hamburg, einmal auch nach Hannover und aus jener Zeit datirt das innige freundschaftliche Verhältniss zwischen Brahms und Joachim. Als dieser die Sätze aus der C-dur Sonate von Brahms, die nachher Joachim als op. I gewidmet wurde, und das Scherzo op. IV hörte, war er ganz starr vor Erstaunen und er hatte das Gefühl, es mit einem Künstler zu thun zu haben, der berufen sei, Ausserordentliches zu leisten. „In seinem Spiel“, so äusserte sich Joachim, „ist ganz das intensive Feuer, jene, ich möchte sagen, fatalistische Energie und Präzision des Rhythmus, welche den Künstler prophezeien, und seine Kompositionen zeigen jetzt schon so viel Bedeutendes, wie ich es bisher noch bei keinem Kunstjünger seines Alters getroffen“.

Wir haben bereits in der Betrachtung über Grün erzählt, welch edle Beweggründe Joachim veranlassten, seinen Posten in Hannover aufzugeben. Er siedelte nach Berlin über, wo er 1869 mit dem Titel eines Königlichen Professors zum Direktor der neugegründeten Hochschule für Musik, sowie zum Mitglied der musikalischen Sektion der Akademie der Künste ernannt wurde.

Er hat Auszeichnungen in Hülle und Fülle eingeheimst. Die Universitäten Cambridge, Oxford und Glasgow verliehen ihm den Doktortitel und viele Fürsten schmückten seine Brust mit hohen Orden.

Gleich beim Beginn seiner amtlichen Wirksamkeit in Berlin hatte der Künstler mit dem reaktionären Kultusminister H. v. Mühler ein Rencontre, bei welchem der letztere den kürzeren zog. Wie in Hannover, so war es auch hier das Gerechtigkeitsgefühl und die Wahrheitsliebe des Meisters, welche sich gegen bureaukratische Bevormundung aufbäumten. Als der genannte Minister den Kollegen Joachims, Professor Rudorff, aus persönlichen Gründen 1870 seines Lehramts enthob, fand sich der Direktor der Hochschule in seinen ihm zustehenden Rechten so verletzt, dass er Sr. Excellenz erklärte, er würde, falls die Absetzung Rudorffs nicht rückgängig gemacht würde, selber seine Entlassung nehmen und den Sachverhalt an den in Frankreich weilenden König berichten. Joachim weigerte sich sogar, persönlich mit dem Minister zu verhandeln, und es wurde ein Kuratorium, bestehend aus den Herren von Keudell, Loeper und Kiel, eingesetzt, das den amtlichen Verkehr in Sachen der Hochschule zwischen Joachim und Mühler vermittelte. Der Sieg Joachims war ein vollständiger, denn sein Antrag auf Rudorffs Wiederanstellung wurde vom König Wilhelm huldvollst genehmigt. Der „Kladderadatsch“ besang damals diese kleine cause celebre in klassischer Nibelungen weise:

„Uns ist von einem Fiedler erzählt in alten Sagen,
Der mit dem Fiedelbogen der Helden viel erschlagen,
Nicht Wamms noch Eisenpanzer kunnten ihm widerstehn,
Vor seines Bogen Streichen mussten sie in die Breste gehn.
So wird man einstmals preisen den Fiedler Joachim;
Was keinem nie gelungen, das ist gelungen ihm:
Des Feindes Wamms mit Schrecken durchhieb er ganz und gar,
Ob es gleich siebenfellig und schier gefeit von Zauber war.
Der Zauber ist gebrochen, kein Balsam nimmer wirkt;
Der Feind vor Schmerz sein Antlitz in der Frawe Busen birgt.
Dahin ist seines Armes einstmals so wuchtige Macht —
Das hat mit seiner Fiedel der Geiger Joachim vollbracht.“

Unvergänglich sind seine Verdienste um das musikalische Leben in der Reichshauptstadt. Aus aller Herren Länder strömten dem Meister Violinschüler und -Schülerinnen zu. Seit Ferdinand Davids Tod ist die hohe Schule des Violinspiels von Leipzig nach Berlin verlegt. Als Lehrer findet er nicht seinesgleichen. Selbst ihm feindlich gesinnte Tonkünstler, wie z. B. Richard Wagner, konnten nicht umhin, Joachims Verdienste nolens volens anzuerkennen. So heisst es z. B. in einem Aufsatz Wagners über das Dirigiren über Joachim als Leiter der Hochschule u. a.: „Was mich für diesen hoffnungsvoll einnimmt, ist, dass allem nach, was ich über sein Spiel erfahren habe, dieser Virtuos genau den Vortrag kennt und selbst ausübt, welchen ich für unsere grosse Musik fordere . . . Auch das dünkt mich vortheilhaft, dass man bei dem Gedanken an eine Hochschule für Musik sogleich den Blick auf einen ausgezeichneten Künstler des Vortrags geworfen hat. Wenn ich heute einem Theaterkapellmeister begreiflich zu machen hätte, wie er etwas zu dirigiren habe, so würde ich ihn immer noch lieber an Frau Lucca, als an den verstorbenen Cantor Hauptmann, selbst wenn dieser noch lebte, verweisen. Ich treffe in diesem Punkte mit dem naivsten Publikum und selbst mit dem Geschmack unserer vornehmsten Opernfreunde zusammen, indem ich mich an denjenigen halte, der etwas von sich giebt und von dem wirklich etwas uns zu Ohren und Empfindung dringt“. Mit bewunderungswürdiger Hingebung und treuer und gewissenhafter Pflichterfüllung hat Joachim vom ersten Augenblick der Gründung der Hochschule bis auf den heutigen Tag dem Ausbau und der Entwicklung derselben seine besten Kräfte gewidmet, und es ist mit Recht hervorgehoben worden, dass nur der lauterste Idealismus und das freudigste Bewusstsein, Gutes und Segenbringendes zu stiften, die aufopfernde Mühewaltung erklären können, die er an seine Schöpfungen gewendet hat. Von seinen etwa 300 Schülern und Schülerinnen nennen wir hier nur die bekannten Namen der Damen Betty Schwabe, Soldat-Roeger und Gabriele Wietrowetz, und der Herren Konzertmeister Bleuer, Charles Gregorowitsch, Kammervirtuos Exner, Professor Halir, Professor Holländer, Jenö Hubay, Professor Marsick in Paris und Tivadar Nachez in London.

Durch das von Joachim in Berlin gegründete Quartett (de Ahna, Wirth, Hausmann) gelangten besonders die Beethoven’schen Quartette zu unvergleichlicher Wiedergabe. Das fein abgetönte Ensemble desselben ist geradezu bewunderungswürdig. Die Konkurrenz hat es nicht vermocht, an dem Ruhm dieser künstlerischen Mustervereinigung etwas zu ändern, welche die absoluteste Vollendung des Quartettspielens verkörpert. Der Verfasser der interessanten Schrift: „Das Streichquartett in Wort und Bild“ sagt mit Recht: „Eine Spezialität bezüglich der auszuführenden Kompositionen hat es nicht, denn das Joachim’sche Quartett spielt so ziemlich alles, vielleicht mit Ausnahme der Werke der ganz modernen Russen, aber es hat eine Eigenart, die höher steht als alle momentanen äusserlichen Erfolge, das ist die absolute Lauterkeit in Bezug auf die Auffassung, eine Eigenart, die man jetzt, wo neun Zehntel aller künstlerischen Bestrebungen nur auf den Effekt ausgehen, nicht hoch genug anschlagen kann. Niemals wird man bei Aufführungen des Joachim’schen Quartetts auch nur den geringsten Versuch wahrnehmen, auf Kosten der Litentionen des Komponisten durch übertriebene Tempi und dergleichen Effekt zu machen.“ Joseph Joachim stand aber auch an der Spitze des Londoner Streichquartetts, das nicht weniger bedeutend ist, als das Berliner. Es bestand anfänglich ausser ihm aus L. Ries, Webb und Alfred Piatti, später trat an Stelle Webbs Ludwig Strauss ein.

Mehrfach leitete er auswärtige grosse Musikfeste, so 1875 in Düsseldorf und in Kiel, auch in dieser Eigenschaft gleichfalls seine hervorragende Bedeutung bekundend.

Seine anstrengende und zeitraubende Thätigkeit hat leider sein Schaffen als Komponist vielfach beeinträchtigt, trotzdem hat er aber die Violinliteratur mit einigen prächtigen Werken bereichert. Wir nennen hier die Ouvertüren „Hamlet“, „Demetrius“ und „Heinrich IV.“, sowie das sogenannte „Ungarische Konzert“, das G-dur Konzert und seine Variationen für Violine und Orchester. Als Gesangskomponist hat er sich nicht minder hervorgethan und namentlich für seine Frau, die berühmte Altistin Amalie Joachim, dankbare Gesangsstücke komponirt.

Joseph Joachim ist zwar ein gar ernster und strenger Künstler, hat sich aber doch im Leben einen köstlichen Humor bewahrt.

Hier nur zwei kleine Pröbchen davon. Als ihn anfangs der 80 er Jahre ein Schüler, der aus Königsberg gebürtig war, das Adagio aus dem neunten Konzert von Spohr zwar geigerisch tadellos, aber recht trocken vorgespielt hatte, meinte Joachim:

„Lieber B ... n, es ist zwar keine Schande, in der Stadt der reinen Vernunft geboren zu sein, aber beim Musiziren würde ich das doch nicht so merken lassen.“

Einem anderen Schüler, der das Finale des Mendelssohn’schen Konzerts sehr bedächtig und schwerfällig ausgeführt hatte, sagte er:

„Für die nächste Stunde bitte ich mir aber aus, dass die Elfen nicht wieder in Reiterstiefeln angezogen kommen.“