Max Bruch (1838-1920)

Als einer der begabtesten, vielseitigsten und gediegensten unter den neueren Komponisten muss Max Bruch (7) genannt werden. In seinen grösseren Werken zeichnet sich dieser fruchtbare Meister durch Schwung, Feuer, großen und würdig gehaltenen Stil aus. Sowohl auf dem Felde der Instrumental-, als auf dem der Vokalmusik, auf dem Gebiete der Oper und der weltlichen Kantate hat er sich einen glanzvollen, hochgeachteten Namen erworben.

Er besitzt eine leichte, glückliche Erfindungsgabe von ursprünglicher Frische, und seine Melodien zeigen neben den allgemeinen Vorzügen edlen Ebenmasses und treffenden Ausdruckes größtenteils eine Richtung auf das Kräftige, Ernste, Große. Er weiß mit Meisterhand zu charakterisieren und hat ein überaus feines Ohr für den schönen Klang und den Wohllaut in Hinsicht auf das harmonische wie instrumentale Element, sowie ein sicheres Gefühl für die symmetrische Anordnung in der Gliederung und Abrundung der großen äußeren Form, was seinen Kompositionen einen der Mozart’schen und der Mendelssohn’schen Schönheit verwandten Charakter verleiht.


Die Wahrheit des Ausdruckes, die in seinen Schöpfungen zu Tage tritt, reißt den Zuhörer unwiderstehlich mit sich fort. Bruchs Naturell neigt mehr zur Darstellung in großen Zügen, als zur Detailmalerei. Niemals opfert er die künstlerische Weihe Würde dem Effekt. Neben Brahms und Vierling gehört er namentlich als Chorkomponist zu den grössten Tonschöpfern der neueren Zeit. Echt deutsch ist sein Wesen, daher leistet er auch im Volkslied so Hinreißendes. Dieser seiner deutschen Art verdanken die meisten seiner Gesangswerke ihre zündende Wirkung und schnelle Verbreitung. Am 6. Januar 1838 in Köln geboren, zeigte er schon frühzeitig ein fruchtbares musikalisches Talent, da er bereits mit elf Jahren sich in grösseren Kompositionen versuchte und mit 14 Jahren eine Symphonie in Köln zur Aufführung brachte.

Schüler Ferdinand Hillers in der Theorie und Komposition und Karl Reineckes, sowie Ferdinand Breunungs im Clavierspiel, erregte er 1852 durch ein Streichquartett, das ihm den Preis der Frankfurter Mozartstiftung einbrachte, die Aufmerksamkeit der musikalischen Welt. 1865 wurde er Direktor des Musikinstituts in Leipzig und zwei Jahre darauf Hofkapellmeister in Sondershausen, und 1878 übernahm er die Leitung des Stern’schen Gesangvereins zu Berlin. 1880 finden wir ihn als Dirigenten der Philharmonischen Gesellschaft zu Liverpool und 1883, nach einer Kunstreise durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas, an der Spitze des Orchestervereins zu Breslau. 1892 wurde er Nachfolger Herzogenbergs als Vorsteher einer akademischen Musterschule an der Königl. Hochschule zu Berlin. 1881 vermälte er sich mit der Sängerin Fräulein Tuczek aus Berlin. Die großen Werke für gemischten Chor, Soli und Orchester: „Odysseus“, „Arminius“ und „Das Lied von der Glocke“, und ebenso diejenigen für Männerchor: „Frithjof“, „Salamis“ und „Normannenzug“ bilden den Schwerpunkt seines Schaffens.

Von seinen Opern müssen „Hermione“, deren Stoff Shakespeares Wintermärchen entnommen ist, und seine „Loreley“, Text von Geibel, besonders hervorgehoben werden. Unter seinen symphonischen Werken verdienen besonders die drei Symphonien, sowie seine beiden großen Violinkonzerte mit Orchester genannt zu werden, von welch letzteren das schöne Konzert in G-moll mit seinem edlen und gesangreichen Andante nicht nur die Runde um die Welt gemacht hat, sondern auch die Lieblingspièce selbst schwarzer Virtuosen aus der Havanna und von St. Domingo, die damit in Europa auftraten, geworden ist.