Lewald; August (1792-1871) deutscher Schriftsteller und Publizist

Als Journalist, Redakteur, Novellist und Romanzier, Schauspieler, Theaterdirektor und Regisseur war der Mann tätig, welcher seine Zeitgenossen viele Jahre hindurch lebhaft beschäftigte, der modernen Generation aber kaum noch dem Namen nach bekannt sein dürfte. Ich rede hier von dem intimen Freund H. Heines, dem Schriftsteller August Lewald — geboren 14. Oktober 1792 zu Königsberg in Preußen und gestorben 10. März 1871 in München — , der am Abend seines Lebens, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, noch mit einem Knalleffekt debutierte, indem er zum Katholizismus übertrat.

Sein Vater war ein sehr wohlhabender Kaufmann und seine Mutter eine geborene Euchel aus Kopenhagen, eine Schwester des bekannten Talmudisten und Schriftgelehrten Isaac Euchel, eines Freundes Moses Mendelssohns. Dem Wunsche seiner Eltern gemäß widmete er sich anfänglich dem Handelsstande, entsagte ihm aber dann und beschäftigte sich mit Literatur- und Kunstgeschichte, um schließlich als Sekretär des Baron von Rosen im Hauptquartier des Feldmarschalls Barclay de Tolly angestellt zu werden und in dieser Eigenschaft von Warschau aus den Feldzug nach Frankreich mitzumachen. Anlässlich seines Aufenthalts in Breslau wurde er mit Karl von Holtei und Karl Schall bekannt, und diese erweckten in dem jungen Mann die Lust zur dramatischen Schrittstellerei. Sein kleines Lustspiel: „Der Großpapa“ fand vielen Beifall. 1818 betrat er in Brünn sogar selber die Bühne, blieb hier drei Jahre lang, ging nach Wien und München, um als Theaterdirektor und Sekretär beim Direktor Karl Engagement zu nehmen. 1824 übernahm er die Direktion des Nürnberger Theaters und redigierte zugleich den „Nürnberger Correspondenten“. Nachdem er noch in Bamberg und in Hamburg als Theaterregisseur tätig gewesen, ließ er sich 1834 in Stuttgart nieder, wo er die Zeitschrift „Europa“ gründete, die auf dem Gebiete der Kunst und Literatur lange Zeit tonangebend war. Der Erfolg der „Europa“ war ein ungewöhnlicher. Ludwig Börne schrieb einen offenen Beglückwünschungsbrief darüber an Lewald. 1841 siedelte er mit seinem Journal nach Karlsruhe über, als er aber Besitz und Leitung der „Europa“ 1846 an den damals in Leipzig wohnenden Gustav Kühne abgetreten hatte, ging er wieder nach Stuttgart zurück, im Begriff, dort ein Regierungsblatt zu gründen. Der Plan zerschlug sich, dafür erhielt er die Stelle eines Opernregisseurs an der Hofbühne, welches Amt er bis 1862 bekleidete.


Von seinen zahlreichen Schriften sind die bemerkenswertesten: „Aquarelle aus dem Leben“ (4 Bde.), „Der Divan“, Novellen (6 Bde.), „Neue Aquarelle aus dem Leben“ (2 Bde.), der autobiographische „Theaterroman“ (5 Bde.) und die ultramontan angehauchten Romane: „Clarinette“ (3 Bde.) und „Der Insurgent“ (2 Bde.).

Ohne gerade auf einer höheren Kunststufe zu stehen und Beweise einer hervorragenden dichterischen Begabung zu liefern, wurden seine Schriften doch Jahre hindurch fleißig gelesen, weil sie sich durch Spannung und sprachliches Geschick auszeichnen. Besonders wertvolle, fesselnde, mit frischer und getreuer Zeichnung ausgestattete Zeitbilder bot er in den beiden Romanen: „Katte, aus dem Jugendleben Friedrich des Großen“ und „Rheinsberg, aus dem Jugendleben Friedrich des Großen“. Bedeutenderes lieferte er in seinen kunsthistorisch-kritischen Schriften und dramaturgischen Beiträgen, hier wirkte er vielfach sehr anregend und für künstlerischen Fortschritt. In dieses Genre gehören die drei Bände seiner „Allgemeinen Theaterrevue“, das „Nürnberger Bühnen-Taschenbuch“ und die Broschüre über „Seydelmann und das deutsche Schauspiel“.

Wie ich schon erwähnte, fühlte er als 60 jähriger Mann das Bedürfnis, den Glauben seiner Väter zu wechseln. Über diese seine Conversion veröffentlichte er ein eigenes Büchlein, worin er seine bisherige literarische Wirksamkeit, wie dies einst auch die „Belletriste“ Gräfin Ida Hahn-Hahn ihrerseits tat, in Grund und Boden verdammte. Die Annahme ist nicht ausgeschlossen, dass sein vorgerücktes Alter, nach einem in Sinnlichkeit verbrachten, viel bewegten Leben beengend und schwächend auf seine geistigen Kräfte eingewirkt hat.

Er schloss sein literarisches Leben — bezeichnend für diesen abenteuernden Schriftsteller — mit dem Werke: „Inigo, eine Bilderreihe aus dem Leben des heiligen Ignatius von Loyola“ ab.

Wie ganz anders erscheint er uns in der Blüte seiner Männlichkeit, als er noch selbstständig denken und dichten konnte! So gab er z. B. 1830 eine Dichtung mit Holzschnitten und lithographierten Umschlägen heraus, deren Titel wir hier als Kuriosum mitteilen möchten:

Ach bitte! bitte! lieber Mann!
Sieh' nur dies schöne Büchlein an,
Und kauf es mir als Festgeschenk,
Damit ich Dein in Lieb gedenk.

Ach bitte! bitte! liebe Frau!
Sieh' an dies schöne Buch genau,
Und kauf es Deinem Männlein dann,
Der daraus gar vieles lernen kann.

Das schönste von allen ABCn,
Für die, die's Lesen schon verstehn,
Für wohlgerath'ne, erwachs'ne Kinder,
Es mach' den Kopf und das Herz gesünder.

Nach Pestalozzis und Stephanis Methode,
Und nach Amalien Schoppens, geb. Weise, Mode,
Mit Bildern und Verslein und Liedern daran,
Verfasst von dem Doktor Hans Kindermann.

In Hamburg verlegt anno 1830
Hoffmann und Campe sorgfältig und fleissig.
(69 S. 16 mit Holzschnitten und lithogr. Umschlägen.)