Kapper, Siegfried (1821-1879) deutsch-tschechischer Übersetzer, Schriftsteller und Arzt

Ein Schwager des von uns behandelten Dichters Moritz Hartmann, Siegfried Kapper — geboren 18. März 1821 zu Smichow bei Prag und gestorben 7. Juni 1879 in Pisa — , war in zwei Sprachen, der deutschen und tschechischen, dichterisch und literarisch tätig. Als Ghettodichter machte er sich durch seine 1846 erschienene Erzählung „Genenda“, welche in die frühesten Zeiten des Prager Judentums zurückführt, bekannt. Ferner schrieb er ein Wanderlied für israelitische Handwerker, das der von uns erwähnte Salomon Sulzer in Musik gesetzt hat.

Um die Weltliteratur hat sich Siegfried Kapper wesentliche Verdienste dadurch erworben, dass er den reichen Schatz an Poesien, welcher bei den südslavischen Völkern zu finden ist, durch fleissige Studien und Sammlungen gehoben und uns die südslavischen Sagen und Heldengesänge teils durch Übersetzungen, teils durch originale Dichtungen erschlossen hat. In dieses Gebiet gehören seine Veröffentlichungen, wie die epische Dichtung „Fürst Lazar“, „Die Gesänge der Serben“, „Slavische Melodien“, „Südslavische Wanderungen“; ferner die Übersetzungen der altböhmischen Poesie aus dem 10. — 12. Jahrhundert: „Handschriften von Königinhof und Grünberg“, die serbischen Gedichte „Gusle“ und das zweibändige Werk: „Serbische Nationalpoesie“.


Von seinen Erzählungen seien erwähnt: „Falk“ und das „Vorleben eines Künstlers“ und von seinen Gedichten: „Ceske listy“ (Böhmische Blätter), Lieder in tschechischer und „Befreite Lieder“ in deutscher Sprache, und schließlich das Werk: „Märchen aus dem Küstenland“, von denen besonders „Talas“ Beifall fand.

Siegfried Kapper studirte an der Hochschule zu Prag Philosophie und ging nach Wien, wo er als Arzt promovierte. Er folgte dann einem Rufe als Arzt nach Karlsstadt an der türkisch-kroatischen Grenze, wo ihm reiche Gelegenheit geboten wurde, seine in frühester Jugend begonnenen Studien des Südslaventums durch eigene Anschauungen zu erweitern und zu ergänzen. In diesem Bestreben durch slavische Dichter und Gelehrte gefördert, bereiste er wiederholt die südslavischen Länder, sowie auch Deutschland und Italien und lies sich 1855 als praktischer Arzt zu Dobris bei Prag nieder, von wo aus er 1859 als freiwilliger Arzt und zugleich als Berichterstatter den Feldzug nach Piemont und der Lombardei mitmachte.