Jonas, Emil Jacob (1824-1912) deutscher Dichter, Redakteur und Schriftsteller

Sowohl als begabter Vermittler zwischen der deutschen und nordischen Literatur, als auch als selbstständig schaffender Dichter und Schriftsteller hat sich der am 14. Juli 1824 in Schwerin geborene und seit Jahrzehnten in Berlin lebende Emil Jonas einen klangvollen Namen in der Literatur erworben. Frühzeitig kam er nach Schleswig Holstein und im Jahre 1846, also kaum 22 jährig, war er schon bei der Redaktion der „Flensburger Zeitung“ beschäftigt. 1847 siedelte er nach Kopenhagen über, wo er durch eine Broschüre: „Kopenhagen 1847“ die Aufmerksamkeit der politischen Welt auf sich lenkte, die durch Beschlagnahme der Schrift noch gesteigert wurde. Zu Ende desselben Jahres wagte er sich dort an die Herausgabe einer deutschen Zeitung unter dem Titel: „Intelligenz“, die bis zum Ausbruch des Krieges zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein beziehungsweise Deutschland gut ging. Er erhielt nun eine Anstellung im Ministerium des Auswärtigen in Kopenhagen. Durch seine in deutscher Sprache geschriebene Arbeit über das „Ein- und Zweikammersystem“ hatte er sich bereits damals einen Namen erworben. Es folgte eine finanzielle Untersuchung: „Entwurf zu einem Finanzplan“. Diese und ähnliche Schriften erwarben ihm die Gunst des Königs Friedrich VII., der ihn zu sich heranzog und ihn 1851 zum Kammerassessor ernannte, in welcher Stellung er wiederholt mit diplomatischen Missionen an auswärtige Höfe betraut wurde. 1852 im Holsteinischen Ministerium als Hilfsarbeiter angestellt, wurde er von seinem königlichen Beschützer zum Wirklichen Kammerrat ernannt und erfreute sich von da an bis zum Tode dieses Monarchen der königlichen Gunst. Mit den Kabinetten des Königs Oskar II. von Schweden und Norwegen und des Großherzogs von Sachsen -Weimar stand er Jahre lang in lebhaftem Verkehr.

Emil Jonas hat uns in deutschen Übersetzungen die Perlen der schwedischen, dänischen und norwegischen Geistesschätze vermittelt, und durch ihn haben wir die besten Werke des nordischen Parnasses, wie z. B. die von C. H. Andersen, Henrik Ibsen, Björnstjerne Björnson, Victor Rydberg, M. S. Schwartz, Flygare Carlèn, H. von Trolle, König Oskar II. von Schweden etc. kennen gelernt. Namentlich seine Übersetzung der Andersen'schen Werke, die er mit Biographie, Einleitung und Anmerkungen versah und illustrirt herausgab, ist ein sehr werthvoller Schatz unserer eigenen Literatur geworden. Ebenso hat er „Andersens Briefwechsel mit dem Grossherzog von Weimar und anderen Zeitgenossen“ veröffentlicht. Von dem mit vielem Erfolg durch zahlreiche deutsche Bühnen gegangenen Originalstücken des Verfassers seien nur genannt: Das Lebensbild mit Gesang in drei Akten: „Ein frommer Bruder“ — ein Sittengemälde in heiterer Form — , das Schauspiel „Unser zweiter Sohn“ und der Schwank „Unser Taugenichts“; von seinen Romanen und Novellen: „Ein berliner Don Juan“, „Die Industrieritter von London“ und „Ein englischer Chorinsky“, von seinen Reiseschriften: „Illustriertes Reise- und Skizzenbuch für Schweden“, „Reise- und Skizzenbuch für Dänemark“ und „Kopenhagen und seine Umgebungen“, dann seine zahlreichen dänischen, schwedischen und norwegischen Reisehandbücher, sowie Sprachführern, die in vielen Auflag-en erschienen sind. Er schrieb ferner eine vollständige „Geschichte des deutsch französischen Krieges 1870/71“.


Von aller Welt wurde Jonas oft gebeten, bald für dies, bald für jenes beim König Oskar II. oder bei anderen berühmten skandinavischen Größen, wie z. B. Nordenskjöld, zu intervenieren bezw. das eine oder das andere zu erbitten. Das harmloseste Ansuchen stellte an ihn jedenfalls der bekannte Dichter Müller von der Werra, der an ihn einst aus Leipzig unter dem 24. Mai die nachstehende Zuschrift richtete:

„Hochgeehrter Herr Rath!

Als ich im vorigen August aus Thüringen zurückkam, fand ich Ihr Handschreiben in meinem Briefkasten. Ich bedauere lebhaft, mich nicht getroffen zu haben und hoffe, ein anderes Mal besser habhaft zu sein.

Die Empfangsrede, mit welcher König Oskar von Schweden den berühmten Forschungsreisenden Nordenskjöld feierte, habe ich in Sonettform gebracht und zwar wie folgt:

Nordenskjöld.

Nordküste, du der Menschheit alte Wiege,
Wie lang hat Finsterniss auf dir geruht.
In Eis gefesselt ohne jede Glut,
Dass sich kein Lenz an deinen Busen schmiege.

Da kam die ,,Wega“ mit der Seemanns-Riege,
Ihr Kiel durchschneidet scharf die eis'ge Flut,
Held Nordenskjöld, der Mann von hohem Mut,
Er führet Schwedens Flagge stolz zum Siege.

In Asien, das er umschifft so weise,
Ist fort und fort sein Späherblick gebannt.
Er kämpft vertrauend auf der Forschungsreise,

Heil ihm, er hat das rechte Ziel erkannt,
Columbus jubelt selbst zu seinem Preise,
Triumph, sein Name wird mit Ruhm genannt.

Ich möchte wohl das Sonett in Votivtafelform prächtig drucken und einbinden lassen und König Oskar und dem Freiherrn je ein Exemplar überreichen. Die Überschrift würde lauten: „Nordenskjöld, nach der Empfangsrede Sr. Majestät Oskar II. Königs von Schweden und Norwegen.“

Nun aber eine bescheidene Frage: Können Sie vorher bei dem Adjutanten des Königs in meinem Namen anfragen, ob der König geneigt ist, das projektierte Exemplar anzunehmen? Ich möchte nicht zudringlich erscheinen.

Mit besten Grüssen

Dr. Müller von der Werra.“

In der Tat erfüllte Emil Jonas den Wunsch des Dichters, und hat Nordenskjöld die Aufmerksamkeit desselben wohl zu schätzen gewusst, indem er ihm ein in sehr liebenswürdigen Worten gehaltenes Dank- und Anerkennungsschreiben zugehen ließ.