Hevesi, Ludwig (1843-1910) ungarisch-oesterreichischer Schriftsteller und Journalist

Ein Feuilletonist und Novellist, gleichfalls aus der Reihe der deutschungarischen Schriftsteller, von denen wir schon mehrere hervorragende Vertreter kennen gelernt haben, ist der am 20. Dezember 1848 zu Heves in Ungarn geborene Ludwig Hevesi, der beide Sprachen mit gleicher Virtuosität handhabt. In ungarischer Sprache erlangten namentlich seine „Bilder aus dem Leben der ungarischen Hauptstadt“ und in deutscher seine zahlreichen Novellensammlungen und humoristischen Reiseschilderungen Geltung. Wir nennen von diesen: „Auf der Schneide“, „Neues Geschichtenbuch“, „Auf der Sonnenseite“, „Almanaciando, Bilder aus Italien“, „Buch der Laune“, „Ein englischer September“, „Regenbogen“, „Von Kalau bis Säkkingen“, „Sie sollen ihn nicht haben“ (Heiteres aus ernster Zeit), „Glückliche Reisen“, und vor allem die humoristische Robinsonade: „Des Schneider gesellen Andreas Jelky Abenteuer in vier Weltteilen“, welche in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Auch veröffentlichte er eine reizende Biographie der Wiener Burgschauspielerin Zerline Gabillon, und übersetzte ein Stück des berühmten ungarischen Dramatikers und Feuilletonisten Arpad von Berczik ins Deutsche.

Ludwig Hevesi machte seine Studien in Budapest und Wien und warf sich seit 1865 mit voller Kraft in die journalistische Strömung. Schon 1866 erhielt er einen Ruf als Feuilletonist an den „Pester Lloyd“ und gehört dem leitenden politischen Blatte Ungarns noch heute an, ist aber seit 1875, wo er an das „Wiener Fremdenblatt“ berufen wurde, in Wien ansässig, und teilt seine Tätigkeit seither zwischen beiden Blättern.


Die „Breslauer Zeitung“ und andere Blätter versorgt er gleichfalls mit Feuilletons, meist humoristischen Genres. Von 1871 — 74 hatte er auch die Leitung der Wiener Jugendzeitschrift: „Kleine Leute“ übernommen , und stammen die sieben ersten Bände gänzlich aus seiner Feder. Er schreibt vielfach unter dem Pseudonym: „Onkel Tom“.

Wir wollen noch hervorheben, dass sich Ludwig Hevesi als Kunstschriftsteller ganz besonders hervorgetan hat, indem er den Kampf um die moderne Kunst in Wien seit den ersten Regungen des Neuen im Auslande mit ebensolcher Folgerichtigkeit wie Entschiedenheit geführt und seit vier Jahren der Wiener Sezession durch eine nachdrückliche Propaganda polemisch und erläuternd den Weg zum Siege gebahnt hat. Die Artikelserie in „Ver Sacrum“, die Aufsätze in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ und Hunderte von Feuilletonberichten, abwehrenden und verfechtenden Notizen im „Fremdenblatt“ und im „Pester Lloyd“ haben das Wiener Publikum nachgerade zum Verständnis gebracht, ja zur Parteinahme bewogen. Er stand in diesem Kampf fasst allein und hatte viel Hohn und Nörgelei zu überwinden. Dass er als Einer aus der „alten Schule“, mit allem Rüstzeug derselben bewaffnet, aus dem eingehendsten Studium der neuen Bewegung und ihren Erscheinungen heraus mit unwiderleglichen Gründen und einleuchtenden Analogien kämpfte, gab ihm bei dem Publikum eine gewisse Vertrauensstellung, zumal die Gegner immer nur mit Allgemeinheiten erwidern konnten. Es wäre sehr zu wünschen, dass diese für die moderne Kunstgeschichte höchst interessanten Aufsätze einmal, in Buchform gesammelt, veröffentlicht würden.