Von der Verwechslung zweier Kinder durch die Zwerge.

a) Ungeachtet aller Sorgfalt wurde einem Manne auf Amrum eines seiner Kinder von den Onnerbänkissen, wie die Zwerge hier genannt werden, gestohlen. Das Kind, welches an die Stelle des gestohlenen gelegt worden war, sah diesem aber in dem Grade ähnlich, dass die Eltern anfangs den Betrug nicht bemerkten und später, als das verlorene Kind wieder heimkehrte, nicht wussten, welches von beiden sie als eigenes, rechtmäßiges Kind anerkennen sollten, bis ein Zufall ihre Ungewissheit beseitigte.

Es war zur Zeit der Ernte. Der Hausvater war in der Tenne und reinigte mit der Wurfschaufel das Korn. Da sprach eines der Kinder:
„Also tun wir nicht, wenn wir unser Korn reinigen.”
„Topp”, erwiderte der Vater, „Du bist der Sohn der Unterwelt!” und verstieß diesen*).


*) Vergl. Müllenhoff, Nr. 425, 3.

b) Eine Frau auf Föhr hatte ein Kleines in der Wiege. Sie musste in der Erntezeit, da Heumacher nicht zu erhalten waren, ihr Heu allein zusammenbringen. Es war ein schöner Tag und deshalb nahm sie ihr Kind mit und legte es am Ende des Ackers nieder. Als sie eine Weile gearbeitet hatte, ging sie hin, nach dem Kinde zu sehen. Wer aber beschreibt ihren Schrecken! Neben dem Kinde lag ein zweites, ebenso gekleidetes Kind, welches genau so freundlich lächelte als das andere. Das eine musste ein unterirdisches sein; aber welches war es? Sie nahm beide mit, verpflegte sie wie ihre eigenen und kehrte sich an das Gerede der Leute nicht. Doch ging sie mit den beiden Kindern zu einer alten hundertjährigen Frau, die erfahrungsreich war und deshalb viel um Rat gefragt wurde, und fragte, ob sie ihr nicht sagen könne, welches Kind das der Unterirdischen sei.
Das konnte sie nicht, aber sie gab der besorgten Mutter doch eine Auskunft, auf welche Weise ihrer Mutter Großmutter bei ähnlichem Zufall Hilfe geworden war. Die Frau mit den beiden Kindern ging heim und begann nach Anweisung der Hundertjährigen die Stube auszufegen, indem sie den Besen umkehrte und mit dem Stiel des Besens auf der Diele fegte. Das eine Kind in der Wiege wurde unruhig und rief:
„Ich bin so alt wie die weite Welt, habe aber noch nie gesehen, dass jemand so gefegt!” Die Frau nahm es schnell aus der Wiege und setzte es zur Tür hinaus*).

*) Vergl : Ferreng an ömreng Allemnack för't Juar 1893. Fan Dr. Otto Bremer an Neggels Jirrius. Halle 1893, Seite 65 ff., wo diese Sage mundartlich mitgeteilt ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zwergen-Sagen aus Nordfriesland