Vom Puk auf Bombüll.

Ein Puk auf Bombüll (ein großer Bauernhof in der Wiedingharde) stand in der Bodenluke und weidete sich an seinen zierlichen krummen Beinen:
„Hirr es Pükkes iin Biin*),” sagte er und streckte das eine Bein heraus.
„Hirr es Pükkes ohr Biin**),” sagte er beim zweiten.
„En hirr es Pükkes allhiel***),” sagte der Knecht, der eben mit einer Harke ankam und den Puk zur Bodenluke hinausstieß.
Ein Gelächter erscholl — und unten lag ein Topf in Scherben.

Kurze Zeit darauf erwachte der Knecht in einer sehr gefährlichen Lage — quer über einem Brunnen liegend. Das war eine Warnung der gutmütigen Zwerge. Auf einem bestimmten Stall daselbst gedeiht kein Tier, deshalb steht derselbe leer. Man hat versucht, ein solches dort einzustellen, nachts fegt Puk jedoch die Stalldiele mit demselben. Früher ging es dort besser, da hat man den Zwergen einen Breitopf hingestellt, damit sie bei guter Laune bleiben sollten. Es soll dort noch soweit kommen, dass man, um sich vor der Rache der Zwerge zu schützen, ein Wagenrad statt einer Tür gebrauchen muss; was man übrigens auf einer zweiten, jetzt abgebrochenen Bauernstelle in Klanxbüll auch gesagt hat. Die Zwerge fürchten sich vor dem Rad als Symbol der Sonne und vor Stahl und Eisen, die auf den Blitz deuten.


C. P. Hansen überliefert diese Sage 'in der folgenden Fassung, auch anders als bei Müllenhoff, Seite 331. Die Handschrift ist diejenige seines Vaters, des Sylter Komödiendichters J.P.Hansen, die Sage wurde also vor 1855 aufgezeichnet. Sie lautet:

„Auf dem Hofe Bombüll in der Wiedingharde hauste weiland ein sehr gefräßiger und leckerer Puk. Man musste ihm nicht bloß allabendlich eine tüchtige Grützmasse auf den Boden des Hauses hinstellen, sondern dieselbe mit Butter fett und wohlschmeckend machen, sonst war der Puk nicht zufrieden. Einst, als die Butter teuer und rar geworden, entzog man ihm dieselbe. Er tötete aus Rache sofort die beste Kuh im Stalle****). Darüber verschworen sich sämtliche Hausgenossen, dem Kobolde das Leben nehmen zu wollen. Eines Tages kehrten die auf dem Hofe dienenden Knechte von der Feldarbeit heim, da gewahrten sie den Puk in einem Loch am Giebel des Hauses sitzend, die Hofhunde neckend. Einer der Knechte schlich auf den Boden, ohne dass der Puk ihn bemerkte. Dieser hockte noch in der Giebelluke, sich bald auf dem einen, bald auf dem andern Bein wiegend, und hatte eben einen Gesang angestimmt, in welchem er sich selbst und namentlich seine Beine ungeachtet ihrer Kürze und Dünnheit rühmte*****). Plötzlich stieß der hinterlistige Knecht ihn heftig an und warf den armen Puk auf den Hofplatz hinunter, den übrigen Knechten zurufend: „Da habt ihr ihn, schlagt ihn nun tot!” Doch als diese mit Flegeln und Stangen auf ihn zustürzten, da lagen, wo der Puk gefallen war, nur einige Topfscherben dort.

*) Hier ist Puks eines Bein.
**) Hier ist Puks anderes Bein.
***) Und hier ist Puk vollständig.
****) Vgl. Müllenhoff Nr. 438.
*****) Sein Gesang lautete nach Chr. Johannsen, der diese Sage dem Besenbinder Jens neben Sylter, Föhrer und Amrumer Sagen in den Mund legt. Die Nordfriesische Sprache nach der Föhringer und Amrumer Mundart. Kiel 1862, S. 270, folgendermaßen:

„Kopf groß.          Geschickte Hand [wirft]
Weisheit viel.          Saat ins Land
Aug' so rund          Beinchen kurz,
Ist nicht blind.          Doch nicht (zu) kurz.
Zahn so spitz,          Bell, fluch und schlag.
Der beißt gewiss [sicher].          Puk ist zu geschwind.
Züngelzung',          Puk, Puk, Puk,
Näscherzung.          Er ist klug.“


Der Puk war aber unsichtbarerweise in seine alten Schlupflöcher entkommen und trieb sein Wesen daselbst in der Folge wie zuvor. Indes ärgerte ihn jener unfreiwillige Flug, welchen er aus der Bodenöffnung hatte machen müssen, über die Massen, und er beschloss anfangs, dem Knechte, welcher denselben veranlasst hatte, seine ganze Wut entgelten zu lassen. Jedoch später besann er sich eines Bessern und nahm sich vor, großmütig sein zu wollen, ohne Zweifel, um dadurch die Hausgenossen zu beschämen. In einer Nacht bemerkte er den ihm besonders feindlich gesinnten Knecht auf dem Hofplatze schlafend. Er schlich hinzu und trug den Schlafenden nach einem nahen Brunnen, nachdem er denselben zuvor geöffnet hatte. Er stieß den Knecht aber nicht hinein, sondern ließ ihn am Rande des Brunnens liegen. Als der Knecht am Morgen erwachte, erkannte er sofort das Gefährliche seiner Lage und dass der Puk ihn in dieselbe versetzt habe. Er beschloss, dem Puk nicht mehr nach dem Leben stellen zu wollen.

Später, als einst großer Futtermangel auf dem Hofe entstand, spielte der Puk noch fortwährend den Großmütigen gegen seine früheren Feinde. Er füllte die Scheune des Hofes mit dem erforderlichen Heu und Stroh, indem er dasselbe von den Vorräten des Nachbars stahl, wenn diese schliefen und er rettete dadurch das Vieh seines Hausherrn vor dem Hungertode.”

Müllenhoff fängt diese Sage von Niss Puk in der Luke (Seite 331) mit der Erzählung des letzten Umstandes an und bemerkt, dass der Puk „die Aufsicht über das melkende Vieh gehabt habe”. Nach ihm neckt der in der Giebelluke sich sonnende Puk die Leute, indem er denselben auf plattdeutsch wiederholt zurief:
„Hier Puke een Been! etc.” Der Knecht stößt ihn herunter, wird zur Strafe von ihm aus der Kammer geholt und über den Brunnen gelegt:
„Der Schreck machte ihn lange Zeit krank!”
Eine ähnliche Sage ist aus Hollbüllhuus bei Schwabstedt überliefert.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zwergen-Sagen aus Nordfriesland