Welche Bedeutung haben die Reversalen von 1621 für das landesherrliche Domanium?

Es sei uns gestattet, vor Beantwortung dieser vom Herrn Moritz Wiggers im verneinenden Sinne beantworteten Frage in der Kürze die zunächst voraufgegangenen Jahrhunderte zu betrachten. — Wir sind so eben bis zum vollständigen Abschluss unserer deutschen Kolonisation, bis zum Anfange des 14ten Jahrhunderts gekommen. Wir haben an der sicheren Hand unseres jetzt bis dahin herausgegebenen Mecklenburg'schen Urkundenbuches erkannt, dass damals ein freies Bauernrecht zu den seltensten Ausnahmen gehörte — vermochte die nachfolgende Zeit ein solches zu bilden? Vom Anfange des 16ten Jahrhunderts an haben wir, wie wir weiter unten sehen werden, ein reiches archivalisches Material zur eingehenden Beurteilung — vom 14ten bis 16ten Jahrhundert aber einstweilen nur unsere bekannte Landesgeschichte.

Aber auch letztere schon spricht deutlich genug. Wie überall im deutschen Vaterlande war damals auch in Mecklenburg die Zeit der größten Anarchie. Es war ein unaufhörlicher Krieg Aller gegen Alle: nach Außen gegen benachbarte Fürsten. Städte und Ritter, welche dagegen wieder zur Vergeltung tief in Mecklenburg eindrangen, im Innern der Landesherren, der Seestädte Rostock und Wismar, der Edlen, der Geistlichen mit und gegen einander. Ein Jeder war, vgl. Boll, Meckl. Gesch. Thl. 1, S. 165, wie bei einem allgemeinen Schiffbruch nur auf seine eigne Rettung bedacht, und das offene Land ganz schutzlos preisgegeben. Die Chroniken der Fehden mit den Märkern haben statt weiterer Zeitangabe die Worte: „da man pflegte zu rauben, aus der Mark und Priegnitz ins Land zu Stettin und Mecklenburg“, vgl. Lisch, Jahrb. Meckl. Gesch. Bd. 13, S. 245; Bd. 17 S. 134; in einer Fehde mit Lübeck 1506 gingen allein im Amte Grevismühlen 30 Ortschaften in Flammen auf; v. Lützow, Meckl. Gesch. Thl. 2, S. 310. Die Gebieter der Dörfer wechselten in rascher Reihenfolge, bald durch Raubzüge, bald durch Verpfändung, und allen war es natürlich nur darum zu tun, vom Bauern soviel als möglich herauszupressen. Letztere begaben sich auch zuweilen unter ritterliche Schutzherren, z. B. erkaufte die Dorfschaft Drieberg am 15. August 1348 von Vicke Lützow die Versicherung, dass er ihr niemals schaden und durch Andere schaden lassen werde, Lisch, Bd. 21, S. 195; doch war dies häufig nur der erste Schritt zu sicherem Verderben, indem sie allmählich von solchen Schutzherren aufs Drückendste belastet wurden, Boll, Meckl. Gesch. Bd. 1, S. 165 und 355 ff. Selbst die fürstlichen Beamten verübten häufig Exzesse gegen die ihnen untergebenen Bauern, auf welche sie mit ihrer Naturalverpflegung angewiesen waren, v. Lützow, Meckl. Gesch. Thl. 2, S. 427, und so mußte z. B. Herzog Albrecht von Mecklenburg die Bauern zu Heiligenhagen 1361 gegen seine eignen Vögte, Untervögte und Landreiter in Schutz nehmen. Lisch, Bd, 14, S. 260. Deutlicher als Alles reden von der damaligen Not der Bauern, welche haufenweise ihre Hufen verließen und über die Landesgrenzen sowie in die Städte flüchteten, der Darguner Landfriede von 1456 und die Rostocker Vereinbarung von 1498, vgl. v. Rudloff, Meckl. Gesch. Thl. 2, S. 943, worin den Meckl. Herzogen gegenüber die Gegenpartei sich verpflichtete (nach den Worten der Originale im Archiv): „verlaufene, heimlich entfahrene Bauern nicht einzulassen, noch zu hausen oder zu hegen, auch auf Erfordern wieder auszuliefern.“ — Vermochte bei solchen Zuständen ein freies Bauernrecht zu gedeihen? Gewiss nicht!


Doch kommen wir zu den Beispielen des Herrn Wiggers aus dieser Zeit. Nach „Reform“ S. 23 soll eine Urkunde vom 29. September 1420 beweisen, dass jeder Bewohner des Dorfes Zahrenstorf ein Erbe in demselben besessen und zu demselben Eigentum gekauft hat. Die Urkunde finden wir in Lisch, Bd. 15, S. 212: sie sagt mit dürren Worten, dass — wie uns schon S. 16 in früherer Zeit wiederholt vorgekommen — die Zahrenstorfer Hüfner für sich und ihre Erben und Nachkömmlinge die Holzungsgerechtigkeit auf dortiger Feldmark gekauft haben, erwähnt des eigentlichen bäuerlichen Anrechts an den Hufen mit keiner Silbe. Wie im Übrigen auch selbst über solchen Holzkauf an entscheidender Stelle geurteilt wurde, beweist eine Urkunde vom 14. Juli 1365, Lisch, Bd. 11, S. 319: denn als die Bauern zu Pastow ein ähnliches Recht beanspruchten und darüber eine vom Ritter Barold Morder erhaltene Verleihungsurkunde beibrachten, wurde durch Ausspruch des Hofgerichts Herzogs Albrechts von Mecklenburg jene unter Beobachtung des Vasallen- und Schwerin'schen Rechtes für nichtig und kassiert erklärt. — Noch einige andere Beispiele zitiert Herr Moritz Wiggers S. 27 u. 28, auf die wir aber nicht einzugehen vermögen, weil ihr Wortlaut nicht angegeben zu sein scheint, und gar Vieles auf die Interpretation ankommt. Indess erkennen wir sie gerne als richtig an, und haben dann auch hier nur einige einzelne Ausnahmen von der allgemeinen Regel.

Mit Anfang des 16. Jahrhunderts nahmen endlich die äußeren Gewalttaten ein erwünschtes Ende, doch besserte sich dadurch die Lage der Bauern in keiner Weise. Denn die Gutsherren wandten sich nun zur Landwirtschaft, und die Bauern, welche, wie vorgenannte Auslieferungs-Verträge beweisen — als ein Zubehör der Ländereien galten, waren ihnen das geeignetste Mittel, letztere zur Kultur und zu höheren Pachterträgen zu bringen. Die drückendsten Frohndienste wurden gefordert; v. Rudloff, Meckl. Gesch. S. 943; Boll, Meckl. Gesch. S. 358 ff. Bei Visitationen der Mecklenburgischen Ämter von 1525, 1529, 1555, 1562 u. s. w. enthalten die aufgenommenen Protokolle nur Klagen der Hüfner, welche durchgehends als „die armen Leute“ bezeichnet werden, über erschwerte Dienstleistungen und Pachte; vgl. Boll, Meckl. Gesch. Thl. 1, S. 359 ff. Die Amtsordnung von 1583 verbot vergeblich die „Gefälle der Bauern an die Beamten ohne Aufhören und Maß zu steigern, zu Beschwer und merklichem Abgang der Untertanen.“ Die persönliche Unfreiheit zeigte sich in einem hohen Grade.

Mit den Besitzrechten der Bauern stand es nicht besser. In den Jahren von 1550 — 1560 wurden über sämtliche Ämter Inventarien aufgenommen, in welchen die Verhältnisse der Hüfner allseitig erörtert wurden. Wir haben diejenigen von Ivenack, Doberan, Schwaan. Dargun, Neustadt. Schwerin, Güstrow, Bützow etc. eingesehen, aber überall keine Spur von freiem Eigentum oder Erbzins entdeckt. Fast alle sind gleichlautend:

I. Dorf N.
1) Der Baumann (Hüfner, Halbhüfner, Halbspänner, Cossat etc.)
N. N. gibt an Geldpacht, an Korn, dienstet an so und soviel Tagen.
2) u. s. w.

Hin und wieder, aber verhältnismäßig selten, finden wir Freischulzen erwähnt, die dann 1/2 bis 1 Hufe mehr haben und bald teilweise, bald ganz von Diensten und Pachten frei sind, wie schon eine Urkunde vom 25. April 1379 in Lisch, Bd. 13, S. 331 nachweist. Auch haben die Ämter den „Auf- und Ablass“ der Bauern, d. h. die Leitung der Verhandlung bei den Personal-Veränderungen im Gehöftsbesitz. Wieweit die Beamten hierbei gingen, erhellt aus den Amtsordnungen von 1562 und 1583, wonach jenen der Auf- und Ablass-Gulden als Dienstakzidenz gelassen, jedoch gleichzeitig vorgeschrieben wurde, „dass Niemand solchen Guldens halber die Erben und Kathen unnötig und leichtfertig verändern solle!“ — Die Polizeiordnung von 1572 tit. Gewerbe der Bauern verbietet den Bauern, ihre Güter ohne der Obrigkeit Verwissen von einander zu reißen und zu zerteilen, damit nicht die Dienste geschwächt und die Pächte ungewiss gemacht werden — gleichzeitig aber auch noch den ledigen Bauernkindern, sich außerhalb Amts zu vermieten. — Auf einem Landtage von 1589 (in Spalding, Landtagsverhandlungen) erklären die Herzöge ihren Ständen:

sie hätten, wenn Bauern wegen schlechter Haushaltung abgesetzt würden, nie etwas dagegen gehabt, dass die Gutsherren die Gläubiger geladen, ihre Hofwehr vorabgenommen, vom Rest die Gläubiger befriedigt hätten — inmaßen sie selbst in ihren Ämtern es nicht anders hielten. — Es sei aber auch vorgekommen, dass Gutsherren die Höfe nicht wieder besetzet, sondern zum Acker gezogen und dennoch die Hofwehr einbehalten hätten. Dies sei unbillig, weil die Hofwehr allein zu dem Ende einbehalten würde, dass die Höfe mit anderen tüchtigen Leuten wieder besetzt werden möchten. — Sie hätten auch selbst in ihren Ämtern, wenn Höfe aus Vorsaß und mehreren Nutzens wegen nicht wieder besetzt würden, keine Hofwehr einbehalten, sondern solche den armen Leuten neben dem Übrigen, was sie sonst gehabt, willig verabfolget. Als das Domkapitel zu Schwerin 1600 die damaligen Bauerdörfer Rampe, Brahlstorff etc. zu legen begann, berichtete es auf Erfordern an den Herzog:

dafern nun unsere ungehorsamen Untertanen — indem wir nichts Ungewöhnliches, Unchristliches, Unbilliges gegen sie vorgenommen, besonders wie Ew. Fürstl. Gnaden und die von Adel im Stift und im ganzen Lande mit dem Ihrigen, wie dessen täglich Exempel, verfahren — sich mit Fug und Recht über uns nicht beschweren, weil die Äcker, so sie bewohnen, dem Domkapitel eigentümlich gehören und sie sich davon Nichts anzumaßen.

Noch einmal i. J. 1606 erklärte Herzog Carl, vgl. Boll, Meckl. Gesch. Bd. 2, S. 144:

die Bauern seien Coloni, und keine Emphyteutae, wenn auch gleich deswegen keine Verordnung vorhanden wäre; müssten deshalb den Grundherren auf Begehren die eingeräumten Äcker wieder abtreten, und könnten keine Erbzins - Gerechtigkeit beanspruchen, selbst wenn sie auch schon seit undenklichen Zeiten im Besitz des Gehöfts gewesen wären, anerkannte jedoch diejenigen Besitzrechte, welche auf einem wirklichen Erbpachtkontrakte beruheten.

Aus fürstlichem Munde haben wir somit eine wiederholte Ausdeutung des S. 13 und 17 von uns erörterten Begriffes der „Colonen“, zu denen bereits 3—400 Jahre die Mecklenburgschen Bauern zählten. Bloße Pächter waren sie von jeher gewesen und auch beim regelmäßigen Mangel anderweitiger Erwerbstitel bekanntem Rechte gemäß geblieben, selbst wenn ihren Kindern und Kindeskindern dieselben Hufen wieder verliehen waren. Selbst Boll in seiner Meckl. Gesch. Thl. 2, S. 143 nennt die entgegengesetzte Ansicht der Bauern geradezu einen Irrtum!

Geben wir zum Überfluss einige diesem entsprechende Beispiele für die damalige konstante Praxis aus den Amts-Protokollbüchern:

Am 5. Nov. 1594 hat auf Herzog Ulrichs Befehl der Schulze zu Kritzmow, Claus Reder, von seinem Acker eine halbe Hufe müssen abtreten, darum dass er solche mehr als die anderen Bauern gehabt, und Matthias Behmen so viel gemangelt. — Auf Befehl Herzog Ulrichs 1599 ist Knoops Erbe und Hofstätte mit Äckern und Wiesen zum Hof Lambrechtshagen gelegt, und hat Knoop dagegen Schloofs wüstes Erbe annehmen müssen. — Also freieste Verfügung über die Baueräcker!

Am 13. Juli 1606 hat das Amt den Peter Siemens auf Vormanns Erbe zu Lichtenhagen gesetzet und ihm Hofwehr überantwortet. Die nachgelassenen Kinder von Siemens erhalten Ausspruch: damit sie gänzlich sollen abgewiesen werden, und künftig der eine so wenig als der andere auf ihres Vaters Erbe ansprechen. — Gleiches geschieht 6. Oktober. 1604 mit Höppners Stelle zu Gr.-Grenz, 8. Dezember 1604 mit Schades Erbe zu Selow, 17. April 1606 mit Hünemörders Hofstelle zu Vorbeck, 22. Juni 1606 mit Behrendts Gehöft zu Heiligenhagen. — Wenn die nachgelassenen Kinder minorenn waren, erhielten sie in den seltensten Fällen die väterliche Stelle, denn der Grundherrschaft war es immer um sofortige Wiederannahme eines kräftigen und zur Leistung der Frohnden tauglichen Mannes zu tun. — Der Ausdruck „Erbe“, welcher sich hierbei überall findet, bedeutet ersichtlich weiter Nichts, als ein bereits im Pachtbesitz des Vaters resp. der Voreltern gewesenes Gehöft. — Im Gegensatz hierzu begegnen wir auch „eigentümliche Katen“, welche von ihren Besitzern frei verkauft wurden, und deshalb zu dem Irrtum über die bäuerliche Dispositionsbefugnis betreffs der Gehöfte vielfach Veranlassung gegeben haben; sie gehörten aber Büdnern (bodener) und Brinksitzern oder Häuslern, die schon in alter Zeit vorkommen; vgl. S. 28.

Am 30. Mai 1598 ist Dammhusens Erbe zu Heiligenhagen dem Moen überantwortet, und hat darauf empfangen vollkommene Hofwehr nebst zugesäter Saat, welches die Herrschaft getan. Dasselbe finden wir 27. Mai 1600 bei Chim Höppners Erbe zu KI.-Grenz, 17. Februar 1602 auf Alwardts Stelle zu Heiligenhagen u. s. w. Am 28. April 1611 wird Klinckmanns Wohnhaus zu Selow vom Amte neu erbauet. — Viele Beispiele herrschaftlicher Hilfen weist schon die damalige Zeit nach.

29. Januar 1599 erhält Meier zu Vorbeck Langkavels Gehöft zu Kambs. Und weil Langkavel sein Vieh mit sich nach Göldenitz genommen, so will er Meiern dagegen Hofwehr geben, welche bei dessen Katen bleiben soll, er oder die Seinigen mögen darin wohnen oder nicht. — Alwardt bringt auf sein Gehöft vollkommene Hofwehr, gelobet, dass sie dabei bleiben soll, er oder die Seinen mögen dort wohnen oder nicht. 15. März 1600 ist Karstens wüstes Erbe nebst Hofwehr von Siemon angenommen. 28. Septbr. 1603 ist Knakes Erbe mit Hofwehr zu Lambrechtshagen aufgeboten, und an Chim Bandow verliehen. 27. Septbr. 1599 ist Bertgen Erbe zu Heiligenhagen, dem Volten aus Materssen gegeben, mit vollkommener Hofwehr, wie es auf einem Bauerbe eignet und gebühret. 18. April 1600 werden von Hünemörders wüstem Erbe zu Heiligenhagen die Hofwehrstücke in ein anderes Erbe nach Reinshagen vom Amte gegeben; ebenso am 13. Febr. 1602. Bei allen Gehöftsanweisungen finden wir Gehöft und Hofwehr unzertrennlich: letztere erscheint stets als Pertinenz des ersteren. privater Verfügung des Gehöftsbesitzers nie unterworfen.

Weil Volten bei Übernahme von Bertgen zu Heiligenhagen Stelle außer der Hofwehr noch anderes Vieh erhalten, hat er auch die Schulden übernommen. Da Siemens 29. Mai 1603 nicht mehr als 1 Pferd über der Hofwehr empfangen, soll er darüber hinaus keine Schulden bezahlen, sondern die Schuldner sollen abgewiesen werden. — Nicht das Gehöft, sondern die allodiale Überwehr haftete also für die Schulden!

Überaus zahlreich sind die wüsten Erben, deren Besitzer verlaufen waren. Die Hofwehren der einzelnen Gehöfte enthielten wegen der vielen Spanndienste bis zu 24 Pferden, welche den Ertrag der Hufe verzehrten; die Besitzer selbst frohndeten vom Morgen bis zum Abend — in der Flucht suchten sie ihr Heil, wie schon ihre Vorfahren getan. Am 18. November 1602 hatte Hans Schade aus Bröbberow 50 Thlr. dafür bar erlegt, dass er ein wüstes Bauererbe zu Letschow nicht zu nehmen braucht.

Alles Vorgenannte war eine Wirkung der in Mecklenburg seit uralter Zeit bestehenden Leibeigenschaft, wie der wail. Vizepräsident des Obertribunals zu Wismar Augustin von Balthasar in seinem 1779 erschienenen Werke: „de homnibus propriis“ nachweist, aus welchem wir hier einige Stellen kurz wiedergeben wollen, mit denen die eben geschilderte Praxis durchaus harmoniert:

S. 21. Aus der raueren Sitte der Wenden und der milderen der Sachsen (der Deutschen) ist eine vermischte Leibeigenschaft entstanden. Die Wenden wegen ihres gegen Feinde grausamen Gemütes hielten ihre Leibeigenen in hartes Joch gefesselt, die Sachsen dagegen, welche milder dachten, brauchten ihre Leibeigenen weniger strenge.

S. 23. (Pommersche Bauernordnung von 1616.) — — Wie auch die Bauern, wenn die Obrigkeit die Höfe, Äcker und Wiesen zu sich wieder nehmen oder den Bauern auf einen andern Hof versetzen will, ohne alles Widersprechen folgen müssen.

S. 28. Leibeigne sind ein in den Gütern steckendes Kapital und unentbehrliche Instrumente, wodurch die Ökonomie und Kultur bestritten werden muss.

S. 45. Der Bauer kann zum Nachteil des Herrn überall seinen Vorteil am Acker erwerben. Dagegen gehört den Leibeigenen und ihren Erben eigentümlich, was sie außer dem Acker erwerben können. (Dies war eine mildere Art der deutschen Leibeigenschaft, wie denn z. B. nach S. 16 und 19 gegebenen Exempeln Bauern Hölzungen erblich kaufen konnten.)

S. 46. Der Herr muss den Bauern im Anfange Ländereien, Gebäude und Hofwehr liefern. Letztere braucht jedoch nicht immer unmittelbar aus des Herrn Vermögen hervorzugehen, sondern zuweilen sorgt auch der Bauer selbst dafür, wogegen der Herr 'ihm durch Nachlass an Pacht, Steuern und Diensten Vergütung leistet; doch kommt es auch heutzutage nicht selten vor, dass der Bauer alles dies ohne Vergütung beschafft. In beiden Fällen wird die Hofwehr dem Grundstück erworben, und bleibt nach dem Tode des Bauern seinem Nachfolger, wie eine Pertinenz des Ackers, gleichsam, als wenn der Herr selbst sie gegeben hätte.

S. 48. Wenn die Hofwehr von der Allodial-Verlassenschaft des Bauern getrennt wird, werden immer die besten Stücke zur Hofwehr genommen.

S. 49. Verboten ist jegliche Veräußerung oder Verpfändung, so dass keine Schulden darauf gemacht werden können. Bei Auspfändungen ist die Hofwehr von der Überwehr zu trennen.

Doch gehen wir jetzt zu den bekannten Reversalen von 1621. S 16 lautet:

Wir wollen und verordnen, dass die Bauersleut' die ihnen um gewissen Zins oder Pacht eingetanen Hufen, Acker oder Wiesen, dafern sie kein Erbzinsgerechtigkeit, jus phyteuticum oder dergleichen gebührlich beizubringen, den Eigentums-Herren auf vorhergehende Loskündigung nulla vol immemorialis temporis detentatione obstante unweigerlich abzutreten, und einzuräumen schuldig sein sollen.

In Beihalt des bereits Gesagten erscheint diese Bestimmung nicht neu, sondern dem, was seit Jahrhunderten faktisch bei uns gegolten, und zur Ausführung gekommen, wurde hier nur ein bestimmter gesetzlicher Ausdruck gegeben. Obendrein ist sie milder als die gleichzeitige aus dem benachbarten Pommern, denn nach der dortigen Bauernordnung von 1616 wurde den Bauern selbst die auf dem Kontrakte etwa beruhende Erbzinsgerechtigkeit abgesprochen, deren Beweis doch bei uns den Bauern frei blieb, und (vgl. Boll, Mecklenb. Gesch. Band 2, S. 146) vom Herzog den Ständen gegenüber beharrlich aufrecht erhalten wurde.

Im Übrigen ist es, weil die Reversalen nichts Neues bestimmten, jetzt eine ziemlich müßige Frage, ob dieselben auf unser Domamium sich erstrecken oder nicht. Da aber Herr Moritz Wiggers dies bestreitet, so wollen wir zum Überfluss ihm das Gegenteil kurz beweisen. Denn eine in Sachen Tagelöhnerfrau Hackert, geb. Höppner zu Sarmstorf, Amts Güstrow, gegen Kammerprokurator Francke, pot.. Einräumung des Gehöfts Nr. VI. zu Kuhs, Amts Güstrow, ergangene Entscheidung des Oberappellationsgerichts vom 14. Mai 1832 sagt wörtlich:

Landesgesetzlich steht außer Zweifel, dass die Besitzer der Bauergehöfte in hiesigen Landen an denselben, außer im Falle einer erweislichen Erbzins- oder anderen Gerechtigkeit, keinerlei, auch nicht aus unvordenklichem Besitzstande abzuleitende Ansprüche, weniger noch ein die Substanz betreffendes, oder dieselbe schmälerndes Dispositionsrecht behaupten dürfen.

Reversalen von 1621, Art. 16, Landes - Erbvergleich von 1755, SS 325 bis 328.

Dieses in dem Wesen des vormaligen Zustandes der Leibeigenschaft und der damit behafteten Unterthanen und Bauersleute beruhende, deshalb auch in den Domainen feststehende Rechtsverhältnis ist mit Aufhebung der Leibeigenschaft durch V.-O. vom 18. Januar 1820 keineswegs abgeändert, vielmehr durch den Vorbehalt in S 13,

jedoch unnachteilig der grundgesetzlichen Bestimmungen rücksichtlich der Bauersleute ausdrücklich bestätigt. Ein näheres Eingehen auf die von Herrn Moritz Wiggers (Reform S. 25) gegebenen Beispiele vermeintlichen freien Bauernrechts aus dieser Periode ist hiernach wohl überflüssig. Letzteres soll sich hauptsächlich zu Biestow, Pölchow und Huckstorf gefunden haben; diese Güter aber gehörten damals ganz oder zu großem Teile dem Domherrnstift zu Rostock, standen unter dem Schutze dieser angesehenen Stadt und wohl mag hier aus dem ruhigeren Besitzstande der Bauern eine irrtümliche Meinung ihrer Erblichkeit aufgekommen sein. Selbst im günstigsten Falle waren sie immerhin nur spärliche Ausnahmen von der allgemeinen Regel, wie wir sie von jeher nachgewiesen haben. Versichern können wir jedoch, dass nach dem Übergang dieser Ortschaften an das Amt Schwaan vor 200 Jahren ihre Bauern nicht anders behandelt wurden, als diejenigen der übrigen Amtsdörfer. Wenn Herr Wiggers übrigens in Huckstorf resp. in Biestow 3 erblich verkaufte Katen anführt, so sind darunter, wie wir schon S.23 erwähnt haben, Büdnereien oder Häuslereien zu verstehen und überall keine Bauerstellen, welche damals immer ausdrücklich Erbe oder Gehöft hießen. — Auch von Balthasar S. 24 kennt schon alte Erbzinspächter in Mecklenburg, jedoch nur auf Poel, wo sie zahlreich, und im Amte Neukloster, wo sie selten vorkommen.