Dingelstedt, Franz von (1814-1881) deutscher Dichter, Journalist und Theaterintendant

"Und Juda ringt uns unter ew’ger Klage
Listig das Heft aus ungeschickter Hand.

Emanzipiert, wie Ihr es einst verrammelt,
Dies zähe Volk, die Mode wechselt ja;
Es hat schon längst zu Haufen sich gesammelt
Und steht als Macht, Euch gegenüber, da.


Den Landmann drängt es hart aus seinem Sitze,
Den Krämer scheucht es von dem Markte fort.
Und halb um Gold, und halb mit Sklavenwitze
Kauft es dem Zeitgeist ab sein Losungswort.

Wisst Ihr, wie tief sein Zauber schon gedrungen?
Schaut um, die Ihr von Menschenrechten träumt;
Sie reden drein mit den metall’nen Zungen,
Wo scheu der Christ verstummt und zagt und säumt.

Was kann dem Stamm Emanzipieren frommen.
Der nie vom Schacher sich emanzipiert?
Was Ihr ihm schenken wollt hat er genommen,
Dieweil Ihr um Prinzipien disputiert!

Wohin Ihr fasst, Ihr werdet Juden fassen.
Allüberall das Lieblingsvolk des Herrn!
Geht, sperrt sie wieder in die alten Gassen,
Eh’ sie Euch in ein Christenviertel sperr’n"



(Franz Dingelstedt: Nachtwächters Weltgang, Erste Stazion, VI, in Franz Dingelstedt: Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters,
Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1923)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zitate über Juden / Judenheit
Zitate über Juden 01 Franz Dingelstedt 1923

Zitate über Juden 01 Franz Dingelstedt 1923

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