Zieten, Hans Joachim von (1699-1786). Biographie

Allgemeine Deutsche Biographie, Band 45
Autor: Bernhard von Poten (1812-1909) Preußischer Oberst, Militärbiograph, Erscheinungsjahr: 1900
Themenbereiche
Zieten: Hans Joachim von Z., königlich preußischer General der Cavallerie, geboren am 14. Mai 1699 auf dem väterlichen Gute Wustrau bei Neu-Ruppin, war der Sohn eines in beschränkten Verhältnissen lebenden Landedelmanns. Ein Nachbar, der General v. Schwendy auf Bukow, nahm den jungen Zieten nach dem Feldzuge vom Jahre 1715 als Freicorporal in sein in jener Stadt garnisonirendes Infanterieregiment auf; am 7. Juli 1720 wurde Letzterer Fähnrich. Schwendy gab 1722 sein Regiment an den aus mecklenburgischen Diensten gekommenen Generalmajor Kurt Christof v. Schwerin ab, welcher 1757 als Feldmarschall bei Prag fiel; dieser lobt in seinem Qualificationsberichte Zieten, welcher damals ältester Fähnrich war, als einen tüchtigen Officier, an dem er nichts auszusetzen hat, als daß Zieten „gar klein von Gestalt und von schwacher Stimme für das Commandiren sei“, aber für König Friedrich Wilhelm I. bildeten diese Mängel einen hinreichenden Grund ihn bei den Beförderungen hartnäckig zu übergehen und, als Zieten, von dem ihm zustehenden Rechte Gebrauch machend, sich am 28. Juli 1724 von seiner Garnison Crossen aus mit einem Immediatgesuche um Beförderung an den König wandte, erwiderte dieser kurz und bündig am Rande des Bittschreibens „Soll seine Dimission haben“. Zieten ging zunächst nach Wustrau, welches nach des Vaters 1720 erfolgtem Tode ihm und seinen drei Schwestern zugefallen war. Das Gut war damals zu 8000 Talern abgeschätzt, davon mußten aber das Leibgedinge der Mutter und die Erbteile der Schwestern bestritten werden, so daß Zieten selbst etwa 4000 Taler blieben, daneben war ihm ein unangenehmer Rechtsstreit überkommen. Um diesen auszufechten ging er im Winter 1725/26 nach Berlin, hörte hier von einer Verdoppelung des zu Insterburg in Ostpreußen stehenden Dragonerregiments Wuthenow, bemühte sich um eine Anstellung bei demselben und erlangte ein vom Tage seiner Entlassung, dem 1. August 1724, datirtes Lieutenantspatent. Aber alsbald litt er von neuem Schiffbruch. Streitigkeiten dienstlicher Art mit seinem Schwadronchef waren der Grund. Sie brachten Zieten zunächst für ein Jahr auf die Festung Friedrichsburg und führten, als er nach seiner Rückkehr von dort den Rittmeister zum Zweikampfe genötigt hatte, seine Cassation herbei. Jener scheint eine niedrige Natur gewesen zu sein, Zieten hatte sein Missgeschick durch hitzköpfige Übereilung und übergroße Empfindlichkeit mitverschuldet. Aber sein Gottvertrauen blieb ihm. Mit der Zeit gewöhnte er sich auch Entsagung und größere Ruhe an.

Er ging wieder nach Wustrau, aber den Gedanken zum dritten Male Soldat zu werden gab er nicht auf. Die Errichtung einer Freicompagnie Husaren zu Potsdam bot die Gelegenheit. General v. Buddenbrock, der spätere Feldmarschall, war vom Könige beauftragt einen Lieutenant zur Anstellung bei derselben vorzuschlagen. Er empfahl Zieten, dessen kleine Gestalt für diese Verwendung kein Hindernis bildete und welchen Fertigkeit im Reiten und sonstige körperliche Gewandtheit für dieselbe besonders geeignet erscheinen ließen. Am 8. October 1730 wurde Jener der jungen Truppe überwiesen und, als der zunächst errichteten am 1. März 1731 eine zweite Compagnie beigesellt wurde, ernannte der König ihn zum Rittmeister und zum Chef derselben mit 50 Talern monatlichen Gehalts und mit 9 Talern für drei Rationen. Nach der im Mai wohlbestandenen Revue wurde er mit seiner Compagnie nach Beelitz „detachirt“.

Ein dienstliches Versehen brachte ihm schon im Sommer des nämlichen Jahres vier Wochen Arrest ein, aber trotzdem wählte ihn der König zum Führer einer aus Littauischen und Berliner Husaren gemischten Compagnie, welche er aus Anlass des polnischen Thronfolgekrieges im Frühjahr 1735 zum Reichsheere an den Rhein sandte. Der österreichische Husarenoberstlieutenant v. Baranyai sollte Zieten’s Lehrer sein, der Schüler machte dem Meister Ehre. Zieten benahm sich vor dem Feinde richtig und hielt außerdem seine Truppe gut in Ordnung. Dass der König mit ihm zufrieden gewesen war bewies Zieten’s nach der Heimkehr am 29. Januar 1736 erfolgte Ernennung zum Major. Im J. 1737 heiratete dieser ein dreiunddreißigjähriges Fräulein v. Jürgas. Kurz vorher hatte er wiederum mit einem Vorgesetzten, seinem Regimentscommandeur, dem Oberstlieutenant v. Wurmb, einen Zweikampf ausgefochten, in welchem beide Teile nicht unerheblich verwundet worden waren. Mag auch Wurmb ein Raufbold gewesen sein, so war doch Zieten’s hitzige und reizbare Gemütsart nicht ohne Schuld an den vielen und langwierigen Misshelligkeiten, welche vor wie nach zwischen den Gegnern bestanden.

In den 1. Schlesischen Krieg zog Zieten als Major und Schwadronchef, als Oberst und Regimentschef ist er heimgekehrt. Mehrfach war er durch husarische Tätigkeit und Tüchtigkeit hervorgetreten. Zum ersten Male geschah es am 10. Mai 1741 in einem Gefechte bei Rothschloß zwischen Strehlen und Nimptsch, wo eine durch des Königs Flügeladjutanten, den Major v. Winterfeldt, geleitete Abteilung den Österreichern einen Fourragetransport abjagte und Zieten fast seinen Lehrmeister Baranyai gefangen genommen hätte. Tags zuvor war Zieten zum Oberstlieutenant befördert, jetzt erhielt er den Orden pour le mérite; wahrscheinlich mit Rücksicht auf die wirksame Hülfe, welche er am 10. Juni den in Olbendorf zwischen Strehlen und Grottkau hartbedrängten Natzmer’schen Ulanen, die dort ihr schlecht geratenes Probestück ablegten, gebracht hatte, wurde er am 22. Juli Oberst und am 24. d. M. unterzeichnete der König die „Capitulation über ein Regiment Husaren für den Oberst Hans Joachim von Zieten“, welches aus drei Schwadronen Leib-Husaren und ebenso vielen Schwadronen Bronikowski-Husaren gebildet wurde. Bald darauf befahl der König dass Regiment durch vier weitere Schwadronen zu vermehren und es in zwei Bataillone zu gliedern. Die damit verbundene Arbeit beschäftigte Zieten in den in Niederschlesien schon früh bezogenen Winterquartieren 1741/42 vollauf. Dass sie gelungen war zeigte der Feldzug des nächsten Jahres. Derselbe begann schon Ende Januar und führte Zieten’s Husaren, von denen acht Schwadronen aus marschiert waren, durch Mähren bis nach Stockerau, nur vier Meilen von Wien, so daß sie den Stefansdom in die Lüfte ragen sahen. Aber der Vorstoß erwies sich als verfehlt und der Rückzug, während dessen Zieten unter dem Prinzen Dietrich von Anhalt stand, brachte Jenen um die Theilnahme an der Schlacht von Czaslau. Erst am 21. Mai langte er bei der Armee des Königs in Böhmen an und am 30. Juli 1742 rückte das Regiment, nachdem zu Breslau Friede geschlossen war, in Berlin ein.

Die Zeit nach Beendigung des 1. Schlesischen Krieges bis zum Beginne des 2. verstrich unter eifriger Vorbereitung für diesen. Zieten wurde mehrfach verwendet, um bei anderen Husarenregimentern kriegsmäßig „einzusetzen“ und seine schriftlichen Ausarbeitungen, „Dispositionen“, fanden den Beifall des Königs, woraus sich die Unrichtigkeit umlaufender Anekdoten über seinen Mangel an Elementarkenntnissen ergibt; überhaupt lernte der König ihn immer höher schätzen und bezeigte ihm größeres Wohlwollen als er ihm anfangs entgegengebracht hatte; auf eine Bitte vom 12. Jan. 1743 um Zulage, weil ihm seine Subsistenz in dem teueren Berlin recht schwer würde, erfolgte freilich zunächst noch der Bescheid „Geduld haben“, aber der König schenkte ihm Holz und Steine zu Bauten in Wustrau. Die überreichte Husarenuniform wird diese Subsistenzschwierigkeiten erhöht haben.

Die anempfohlene Geduld wurde am 3. October 1744 durch die Ernennung zum Generalmajor belohnt, welche mit Rücksicht auf einen schon beförderten Hintermann vom 1. Februar d. J. datiert war. Sie enthielt die Anerkennung für die von Zieten beim herbstlichen Einmarsche in Böhmen und namentlich bei dem von Prag aus unter General Graf Nassau ausgeführten Unternehmen geleisteten Dienste. Gleich nachher zeichnete Zieten sich in einer am 9. October von ihm geleiteten „kleinen Bataille“ bei Moldauthein aus. Aber der Feldzug war verfehlt. Der König war genöthigt seinem Lehrmeister Traun Böhmen zu überlassen, Zieten gab er am 30. December seine Zufriedenheit durch Gewährung einer persönlichen Zulage von jährlich 1200 Talern zu erkennen.

Wie aus jenem Jahre das geflügelte Wort „Zieten aus dem Busch“ stammt, so gehört dem nächsten der „Zietenritt“, welchen Zieten am Abend des 19. Mai 1745 aus der Gegend von Patschkau antrat und am 20. Nachmittags, nachdem er zwölf Meilen, vielfach querfeldein, zurückgelegt hatte, in Jägerndorf beendete. Es handelte sich darum den mit ungefähr 9000 Mann hier postierten Markgrafen Karl von Brandenburg-Schwedt zur Armee des Königs heranzuziehen. Die Verbindung war durch die zwischen Neustadt und Jägerndorf stehenden Österreicher unterbrochen, mehrfache Versuche dem Markgrafen Kunde zu geben waren fehlgeschlagen, aber weder die Schwierigkeiten des Geländes noch der vom Feinde entgegengesetzte Widerstand hielten Zieten auf. Mit einem Verluste von 26 Mann und mit 70 Gefangenen langte er beim Markgrafen an und übergab diesem den königlichen Brief, welcher ihn zur Teilnahme an der Schlacht bei Hohenfriedeberg berief. Hier war am 4. Juni auch Zieten zur Stelle. Er stand anfangs mit seinen zehn Schwadronen in Reserve. Als aber die Kürassierbrigade Kyau vorging, folgte er dieser und, wie der König schreibt, „seconda merveilleusement la valeur brillante de Kyau“. Dann nahm er unter General du Moulin an der Verfolgung nach Böhmen hinein Teil und führte hier demnächst mehrere gelungene kleine Unternehmungen selbständig aus, der König schenkte ihm immer größeres Vertrauen. Bei der Schlacht von Soor am 30. September war Zieten nicht zugegen, dagegen erwarb er sich besonderes Verdienst um daß Gelingen des Überfalles der Sachsen in Katholisch-Hennersdorf am 23. November. Er wurde hier durch einen Schuss in die Wade verwundet, aber mehr als der Schmerz, den die Wunde verursachte, quälte ihn die Eifersucht. Er glaubte sich gegen Winterfeldt zurückgesetzt und schrieb deshalb an den König, der sich freilich nicht dreinreden ließ, aber Zieten’s Leistungen und das Verhalten seines Regiments durch die Verleihung erbeuteter Pauken anerkannte. Es war eine hohe Auszeichnung.

Als ein volkstümlicher Held und im Heere hoch angesehen kehrte Zieten im Januar 1746 nach Berlin zurück um in emsiger Friedensarbeit sich und seine Husaren vorzubereiten auf neue Arbeit, wenn der König wiederum rufen würde. Aber dieser war zur Zeit der Ruhe nicht so zufrieden mit ihm wie im Kriegs leben. Zieten war zu lässig und zu weich, es mangelte ihm an der erforderlichen Schärfe und er vermochte nicht Ordnung und Manneszucht zu erhalten wie sein Kriegsherr fordern mußte und forderte. Daher mancherlei Verstimmung, welche kurz vor Beginn des Siebenjährigen Krieges durch die Beförderung eines als Stabsofficier wie als Generalmajor Jüngeren, des ihm verhassten Winterfeldt, auf das äußerste stieg. Dazu kamen gichtische Leiden, die Zieten schon lange plagten, und der im März 1756 erfolgte Tod der Gattin, so daß er gern den Abschied genommen hätte. Da erschien der König Ende Juli persönlich in seiner Wohnung und verkehrte durch eine freundliche Ansprache, welche den Wert erkennen ließ, den Friedrich auf Zieten’s Theilnahme am Kriege legte, dessen „Muckschen“ in das Gegenteil. Dieser meldete sich gesund und am 12. August trug das Generallieutenantspatent zu seiner vollständigen Herstellung bei.

Am 20. August marschirte er ab, überschritt, an die Spitze einer Abteilung von 4 Bataillonen und 8 Schwadronen gestellt, deren Stärke bald auf 10 Bataillone und 40 Schwadronen stieg, die Grenze und nahm zunächst an der Einschließung der Sachsen teil, am 30. September einen Durchbruchsversuch vereitelnd; dann bezog er, nachdem er einen Einfall in Böhmen gemacht hatte, Winterquartiere im Erzgebirge mit dem Hauptquartiere in Zwickaus seine Menschenfreundlichkeit und Herzensgüte hinterließen bei den Bewohnern des Bezirkes ein gutes Andenken. Den Feldzug des Jahres 1757 leiteten für Zieten einige gelungene Unternehmungen glücklich ein; dann führte er des Königs Vorhut zur Schlacht bei Prag, in welcher er am 6. Mai durch entschlossenes und kräftiges Eingreifen mit der 50 Schwadronen starken Reservecavallerie wesentlich dazu beitrug, daß die anfänglichen Misserfolge des linken preußischen Flügels in einen glänzenden Sieg umgewandelt wurden. Tags zuvor hatte er den Schwarzen Adlerorden erhalten. In der nächsten Schlacht, der am 18. bei Kolin geschlagenen, in welcher er wiederum 50 Schwadronen, meist Husaren, unter seinen Befehlen hatte, konnte er freilich, trotz wiederholten mannhaften Anreitens gegen die österreichische Cavallerie unter Nadasdy, daß Geschick des Tages nicht wenden, aber er wurde der ihm gestellten Aufgabe, die linke Flanke der Infanterie zu decken, vollkommen gerecht und behauptete bis zum Abend ruhmvoll die Wahlstatt. Durch eine Kartätschkugel war er beim letzten Angriffe am Kopfe contusionirt worden, konnte aber beim Abmarsche aus Böhmen schon wieder die Nachhut führen. Bei Moys, wo am 7. September Winterfeldt fiel, kam Zieten wenig zur Tätigkeit. Von dort marschirte er unter dem Herzoge von Bevern nach Schlesien und in der hier am 22. November gelieferten, für die Preußen unglücklichen Schlacht an der Lohe, löste er eine der bei Kolin ihm gestellt gewesenen Aufgabe sehr ähnliche mit gleichem Erfolge. Wieder hatte er Nadasdy gegenüber die linke Flanke zu sichern und wieder wurde er nicht in die allgemeine Niederlage verwickelt, sondern behauptete bis zum Ende seinen Posten.

Am 27. übertrug der König den Oberbefehl des Heeres, welcher zunächst an den ältesten General übergegangen war, an Zieten; am 2. Decbr. stieß dieser bei Parchwitz zum Könige; am 5. leitete er durch einen gelungenen Reiterangriff die Schlacht bei Leuthen ein, schlug dann seinen alten Gegner Nadasdy aus dem Felde und beutete den Sieg durch tunliche Verfolgung des geschlagenen Feindes aus, ohne dabei jedoch dem Feuereifer des Königs zu genügen. Es waren ihm zu jenem Zwecke 11 Bataillone und 65 Schwadronen unterstellt. Im Winter auf 1758 befehligte er von Landeshut aus eine Winterpostirung an der böhmischen Grenze und bemühte sich sein Regiment wieder vollzählig zu machen; Zieten’s Name und der rote Dolman bewährten dabei ihre Anziehungskraft. An der böhmischen Grenze blieb er mit Fouqué vereint stehen, als der König Mitte April nach Mähren aufbrach. Ende Mai wurde er von hier zur Belagerung von Olmütz herangezogen und einen Monat später wurde er dem von Neiße mit einem großen Transporte erwarteten Oberst v. der Mosel entgegengesandt um diesen in das preußische Lager zu geleiten; das Gefecht von Domstädtl, in welchem Zieten am 30. Juni Laudon unterlag, machte seinen Auftrag scheitern, nur die Geldwagen vermochte er zu retten; die Belagerung wurde wegen Ausbleibens des erwarteten Nachschubes aufgegeben. Bei der Zorndorfer Schlacht war Zieten nicht gegenwärtig, er befand sich während jener Zeit in der Lausitz; am 14. October aber teilte er des Königs Missgeschick bei Hochkirch. Dass er des Letzteren Weisungen entgegen in der dem Überfalle vorangehenden Nacht nicht habe absatteln lassen, ist eine Fabel; Zieten war zu sehr Soldat, als daß er ihm erteilte Befehle nicht befolgt oder umgangen hätte, aber hinterher tat er sein möglichstes, um durch herzhafte Angriffe die Niederlage abzuschwächen; dann sicherte er durch geschickte Anordnungen den Rückzug. Als darauf der König nach Neiße ging, blieb Zieten beim Prinzen Heinrich in der Hirschberger Gegend und erhielt für den Winter auf 1759 fast die nämliche Aufgabe wie im Jahre zuvor; sein Hauptquartier war wiederum meist Landeshut; sein Corps bestand aus 30 Bataillonen und 35 Schwadronen, welche von Greifenberg bis nach Waldenburg beobachteten. Zieten war in unausgesetzter Tätigkeit und in stetem Briefwechsel mit dem Könige, welchen er nicht nur über die Vorgänge an der Grenze, sondern durch Kundschafter unterstützt, zu deren Bezahlung der König reichlich Geld gab; auch über die in Wien und im feindlichen Hauptquartiere erwogenen Pläne in laufender Kenntnis erhielt. Daneben widmete er der Ergänzung und Ausbildung seiner Husaren große Aufmerksamkeit. Kleinere Unternehmungen hielten ihn auch kriegerisch in Atem. Der König erkannte seine Mühe und Arbeit gern und lebhaft an.

Der eigentliche Feldzug des Jahres 1759 begann erst im Juli. Besondere Ruhmestaten Zieten’s hat die Kriegsgeschichte aus demselben nicht zu berichten. Er gehörte zu dem Heeresteile des Prinzen Heinrich, welcher ihm vielfach die Ausführung besonderer Aufträge anvertraute, deren Schauplatz meist die Lausitz war. Während des Winters auf 1760 versah er den Wachdienst im Kurfürstentume Sachsen. Er befehligte bei Kesselsdorf das der Armee vorgeschobene Avantgardencorps. Der König bezeigte ihm seine Zufriedenheit durch ein Geldgeschenk, welches er mit dem Ausdrucke des Bedauerns übersandte, daß er bei seinen jetzigen Umständen seine Erkenntlichkeit nicht auf eine beträchtlichere Weise an den Tag legen könne.

Um so glänzender war im J. 1760 Zieten’s Tätigkeit. Dass dieser in der Schlacht bei Liegnitz am 15. August durch die Besetzung und Behauptung seiner Stellung auf den Pfaffendorfer Höhen mit 17 Bataillonen und 48 Schwadronen wesentlich geholfen hatte den Sieg zu erringen dankte ihm der König durch die auf dem Schlachtfelde erfolgende Ernennung zum General der Cavallerie und durch die Verleihung der etwa 200 Thaler jährlich einbringenden Drostei Berum in Ostfriesland, wofür Zieten seinerseits sich erkenntlich zeigte, indem er am 3. November an der Spitze von 24 Bataillonen, 51 Schwadronen und 90 Geschützen durch die in später Abendstunde erfolgende Erstürmung der Siptitzer Höhen die Schlacht bei Torgau zu Gunsten der preußischen Waffen entschied. – Die Winterquartiere wurden in der nämlichen Gegend aufgesucht, in welcher sie im Jahre zuvor bezogen waren. Zieten hatte wiederum eine vorgeschobene Stellung inne; sein Hauptquartier befand sich zuerst in Wilsdruff, später in Meißen. Eine Anweisung auf 4000 Taler als Winterdouceurgelder bewies durch die ungewöhnliche Höhe der Summe wie viel Dank der König ihm zu schulden glaubte. Es ging dieses Mal ruhiger zu als in den Vorjahren; man kam stillschweigend überein, sich das Leben nicht schwer zu machen. Im preußischen Lager hoffte man auf Frieden. Darüber wurde aber die Sorge für die Schlagfertigkeit des Heeres nicht vernachlässigt. Zieten war eifrig darüber aus die ihm unterstellten Truppen kriegstüchtig zu machen und namentlich sein eigenes Regiment vollzählig und gut beritten in das Feld rücken zu lassen.

Friedrich erkannte, daß im J. 1761 der Kriegsschauplatz in Schlesien der wichtigere sein werde. Dorthin marschirte er, während sein Bruder Prinz Heinrich in Sachsen zurückblieb, mit etwa 30 000 Mann Anfang Mai ab und nahm Zieten mit sich. In Schlesien angekommen entsandte er diesen um an des zu Tode erkrankten und gleich darauf verstorbenen Generale v. der Goltz Stelle das Commando eines etwa 11000 Mann starken Heeresteiles zu übernehmen, welcher die anmarschierenden Russen zu beobachten hatte. Am 29. Juni langte er in Glogau an und rückte sofort dem Feinde entgegen; die Vereinigung seiner getrennten Heeresabteilungen konnte er aber nicht mehr hindern. Der Sommer verging unter fortgesetzter Beobachtung, welche ihn bald nach Oberschlesien führte, von wo er am 80. Juli in der Gegend von Neustadt zur Armee des Königs zurückkehrte. Eine von 3. geleitete Erkundung, welche am 12. August zu einem Gefechte führte, brachte Klarheit über die Verhältnisse auf feindlicher Seite und zeigte, daß Österreicher und Russen der Vereinigung nahe waren. Dann bezog Zieten mit dem Könige das Lager von Bunzelwitz, in welchem ihm der Oberbefehl auf der den Russen gegenüberliegenden Flanke übertragen wurde, während der König selbst sich den gefährlichsten Platz, den durch Laudon bedrohten, vorbehielt, und an der dritten Stelle der General v. Ramin commandirte.

Den Winter auf 1762 verlebte Zieten in Breslau, wo der König sein Hauptquartier genommen hatte. Bei Beginn des Feldzuges brachte die Ankunft der jetzt befreundeten Russen unter Tschernyscheff einen vollständigen Umschwung in die Kriegführung auf dem schlesischen Schauplatze. Der König plante nun ein größeres Unternehmen gegen Daun; er hoffte die österreichische Feldarmee ganz aus Schlesien zu vertreiben. Dass eigene Hauptheer zerlegte er dazu in zwei Hauptmassen, von denen die eine Tschernyscheff, die andere Zieten unterstellt wurde, aber die Entthronung des Zar Peter und die darauf erfolgende Abberufung der Russen vereitelten die Absicht. Tschernyscheff’s eigenmächtige Verzögerung seines Abmarsches gestattete jedoch dem Könige am 21. Juli die Österreicher von den Höhen bei Leutmannsdorf und bei Burkersdorf zu vertreiben, Zieten war indessen gegen Schweidnitz aufgestellt und verhinderte die Ausführung eines von dort unternommenen Ausfalles. Während der nun folgenden Belagerung der Festung war ihm die Beobachtung der in die höheren Teile des Grenzgebirges zurückgegangenen Österreicher übertragen. Es war die letzte Aufgabe, welche er im Kriege zu erfüllen hatte. – Zieten war in dem siebenjährigen Kampfe zu einem tüchtigen Gehilfen des königlichen Feldherrn herangewachsen und hatte sich Vielfach als ein tüchtiger Unterführer erwiesen. An seinen taktischen und strategischen Maßnahmen finden die Kritiker freilich hie und da Aussetzungen zu machen, trotzdem hatte er gute Dienste geleistet. Dass er ein Meister im kleinen Kriege war, hatte er schon früher gezeigt.

Auf einem Gebiete aber genügte er dem Könige nicht. Schon früher hatten seine Leistungen auf demselben des Kriegsherrn Beifall nur in geringem Grade gefunden. Es war der innere Dienstbetrieb. Deshalb wurde er übergangen, als im J. 1763 für gewisse Dienstzweige die Stellung der Generalinspecteure der Cavallerie wie der Infanterie zwischen die der Regimentschefs und den König eingeschoben ward. Als solcher wurde für den Bezirk, zu welchem sein Husarenregiment gehörte, ein um achtzehn Jahre jüngerer Officier ernannt. Der alte General erwies sich ihm gegenüber als vollkommener Soldat, dem seines Kriegsherrn Befehl unabweichliches Gesetz ist. Als der mit dem Amte betraute Generalmajor v. Lolhöffel, welcher erst 1764 jenen Rang erhalten hatte, im nämlichen Jahre auf dem Wilhelmsplatze zu Berlin die Specialrevue über sein Husarenregiment abhielt, empfing ihn Zieten wie er den König selbst empfangen haben würde. – Er war demütig vor Gott wie vor den Menschen, einfach und schlicht. Was von seiner Religiosität erzählt wird, beruht teilweise auf Übertreibung; wenigstens bildete er in diesem Punkte nicht eine solche Ausnahme wie man nach mancherlei darüber umlaufenden Erzählungen anzunehmen geneigt ist; es gab unter den Officieren noch mehr Menschen seinesgleichen.

In jenem Jahre verheiratete Zieten sich zum zweiten Male. Am 24. August 1764 wurde auf einem Blumenthal’schen Gute in der Priegnitz seine Hochzeit mit der fünfundzwanzigjährigen Hedwig v. Plasten gefeiert; beim Tanze überraschte er alle Welt „durch seinen freien, geschmeidigen und schönen Anstand“. Aus seiner ersten Ehe lebte eine achtzehnjährige Tochter, der zweiten entstammen an Kindern, die den Vater überlebt haben, ein am 6. October 1765 geborener Sohn, dessen Taufe der König in Person beiwohnte, und eine Tochter, welche 1773 geboren ward. Der Sohn, welcher 1840 den Grafentitel erhielt, starb unvermählt. Aus der Ehe der jüngeren Tochter mit einem anderen Zieten stammt derjenige Zweig der Familie v. Schwerin, aus welcher der jedesmalige Fideicommißherr von Wustrau seit 1859 den Namen „Graf Zieten-Schwerin“ führt.

Schon im J. 1768 rechnete der König, wie der militärische Teil seines dem Cabinetsarchive überantworteten politischen Testaments nachweist, nicht mehr auf Zieten’s Dienste bei einem in Frage kommenden Kriege. Als der alte General 1778 nicht auf den Feldetat gesetzt war, bat er freilich den König, daß ihm gestattet werden möge am Kriege Teil zu nehmen, wurde aber in gnädigen Worten abschläglich beschieden. Doch hatte er noch als Sechsundsiebzigjähriger bei einem dreitägigen Berliner Manöver die gesamte Reiterei ohne den Beistand eines Unterführers befehligt. Allmählich aber nahmen seine Kräfte ab, er schrumpfte immer mehr zusammen und am 27. Januar 1786 ist er in dem von ihm 1763 für 14 500 Thlr. erkauften Hause an der Kochstraße zu Berlin (Nr. 61/62, jetzt abgebrochen) sanft entschlafen. Am 31. d. M. ward er auf dem Wustrauer Erbbegräbnisplatze nahe der Dorfkirche beigesetzt. In Wustrau, wo er schon 1743 an Stelle der alten „Kaluppe“, in welcher seine Wiege gestanden, ein stattliches Haus gebaut hatte, verbrachte er seit 1766 regelmäßig den Sommer und der Hebung seines dortigen Besitztums widmete er eingehendste Sorgfalt. Sein Mühen trug reiche Frucht. Das Gut, welches 1726 für 400 Taler verpachtet gewesen war, wurde 1786 auf 65 057 Taler abgeschätzt. Im übrigen hinterließ Zieten kein Vermögen. Als nach seinem Tode der Berliner Haushalt aufgelöst wurde, gelangte das gesamte Mobiliar zur Versteigerung und der König schenkte der Wittwe, um sie aus ihren Verlegenheiten zu befreien, 10 000 Taler. Auf dem Wilhelmsplatze zu Berlin, dem Zietenplatze zugekehrt, steht Zieten’s Standbild, nach dem jetzt dem Cadettencorps überwiesenen Marmorstandbilde von Schadow in Erz gegossen, und am Friedrichsdenkmale unter den Linden befindet sich seine Statue zu Pferde; Prinz Heinrich errichtete ihm zu Rheinsberg ein Denkmal.

Eine eigentliche Lebensbeschreibung ist nicht vorhanden. Eine vom Archivar Dr. G. Winter verfasste Arbeit (2 Bände, von denen der zweite die Urkunden enthält, Leipzig 1886) ist mehr eine Darstellung der Kriege, an denen er teilgenommen hat, Zieten’s Erscheinung tritt nur selten zu Tage. – „Zieten“ von Ernst Graf zur Lippe-Weißenfeld (2. Aufl., Berlin 1885) ist eine zuverlässige, aber aphoristische Arbeit; eine beigegebene bibliographische Umschau gibt Auskunft über die sonst noch erschienenen geringwertigen Schriften. – Über Wustrau s. Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg I. Berlin 1862.
B. v. Poten.