Zweiter Teil

Bei der Behandlung der einzelnen Wirtschaftsgebiete Afrikas waren dieselben Grundsätze maßgebend, die im ersten Teile bei der Untersuchung der Naturerscheinungen beachtet wurden. Die Wirtschaftsgeographie eines Erdgebietes ist keine eigentliche Geographie. Sie kann und darf deshalb nur das hervorheben, was die Bewirtschaftung, den Handel und den Verkehr der betreffenden Ländermasse wirklich beeinflusst. Manche Seiten der wissenschaftlichen Erdkunde, so besonders der Morphologie, sind daher ganz ausgeschaltet, andere, wie die Klimatologie, verdienen besondere Aufmerksamkeit, doch immer nur in denjenigen Erscheinungen, die auf die menschliche Gesundheit, die Pflanzenwelt sowie den Landbau, auf die Verwertung ihrer Erzeugnisse und den Verkehr mehr oder weniger unmittelbar einwirken. Sofern nur bei der Benutzung dieses Werkes stets Gebrauch von der Karte gemacht wird, erübrigt sich für den Kaufmann oder den Politiker das Studium eines rein geographischen Lehrbuches von größerem Umfange. Bei der eingehenderen Beschäftigung mit einzelnen Gebieten wird er ein solches freilich nicht entbehren können. Einige wichtigere allgemeine Darstellungen werden deshalb am Schluss des Buches angegeben werden.

Der Wirtschaftsgebiete, die uns nunmehr ausführlicher beschäftigen sollen, gibt es sechs. Diese sind: der Nordwesten, Ägypten und Tripolis, das tropische Flachafrika, das tropische Hochafrika, das außertropische Südafrika und endlich die afrikanischen Inseln.


Schon diese Einteilung zeigt, dass wir bei der Abgrenzung der Hauptgebiete der Gütererzeugung und des Handels ganz andere Gesichtspunkte walten lassen als sie einer Länderkunde dieses Weltteils zugrunde gelegt werden müssen. So scheidet die große Wüste für uns als selbständige Landschaft in wirtschaftlichem Sinne fast ganz aus, während sie, allgemein geographisch betrachtet, ein außerordentlich wichtiges Gebiet bildet. So ist ferner Flachafrika eine länderkundlich durchaus nicht einheitliche Großlandschaft, während es gleichwohl in allen natürlichen Grundlagen seines Wirtschaftslebens unbedingt als solche anzusehen ist. Ähnliches gilt von Hochafrika und höchstens der außertropische Nordwesten und Süden des Weltteils ist ebensogut geographisch wie in seiner Stellung zum Wirtschaftsleben der Neuzeit eine Einheit. Die geographischen Besonderheiten bleiben selbstverständlich nicht ohne Einfluss auf die Entwicklung des Landbaus sowie des Handels und Verkehrs in den einzelnen Ländern der sechs Hauptgebiete. Aber wir werden trotzdem in ihnen allen immer wieder maßgebenden Zügen der Natur begegnen, die ihnen schon jetzt eine gewisse Gleichartigkeit sichern und das in noch höherem Grade tun werden, wenn sie dereinst in allen ihren Teilen von europäischer Seite erschlossen sind.

Die Beurteilung des Grades, in dem die Naturerscheinungen in ihrem räumlichen Auftreten auf das Wirtschaftsleben wirken, beruht in diesem zweiten Teile mehr noch als im ersten auf der Statistik. Aber auch hier sollen die Zahlen dem Benutzer des Buches nicht das Nachschlagematerial bieten, das so vielfach ganz verkehrterweise in wirtschaftsgeographischen Lehr- und Handbüchern gesucht wird. Die Zahlen, welche dieses Werk enthält, sollen und können schließlich nichts anderes sein als Beweise für die aus der Natur des dargestellten Landes sich ergebenden Schlüsse auf seine Produktionsfähigkeit und auf seine Bedeutung im Handel und Verkehr. Wird bei dem Studium wirtschaftsgeographischer Fragen hieran festgehalten, so lernt der Leser in kurzem aus den ungeheuren, alljährlich veröffentlichten statistischen Zahlenmassen auch seinerseits richtige Schlüsse ziehen und sich ein klareres Bild von den Aussichten irgendeines Wirtschafts- oder Handelsgebietes zu machen, als es ohne solche Anleitung möglich wäre. Die bloße Wiedergabe des Zahlenstoffes im einzelnen oder in Durchschnittsreihen, wie sie so manche Bücher bieten, bringt neben dem Nachteil mangelnder Vergleichbarkeit ein höchst lästiges Veralten mit sich, gerade wie die meisten Zahlenangaben der länderkundlichen Werke einer noch gar nicht weit zurückliegenden Zeit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wirtschaftsgeographie von Afrika