Viertes Kapitel. Der Einfluss des Klimas auf das Wirtschaftsleben

Viel mehr als alle in Umriss und Aufbau uns entgegentretenden Eigentümlichkeiten wird die Produktion durch die Eigenart des Klimas beeinflusst. Im großen und ganzen sind es in erster Linie die Temperatur und die Niederschläge, von denen die Gütererzeugung eines Landes abhängt. Obwohl Afrika, wie wir sahen, gleichmäßig zu beiden Seiten des Äquators sich ausbreitet, ist die Breitenlage allein doch schon verschieden genug, um einige nicht unwesentliche Unterschiede in der Temperaturentwicklung hervorzurufen. In der Temperaturhöhe dagegen kommen infolge der Breite keine so großen Verschiedenheiten zustande, wie sie durch die Erhebung über den Meeresspiegel hervorgebracht werden. Namentlich gilt das von den Sommertemperaturen, die ja für das Leben der meisten Pflanzen von besonderer Bedeutung sind. Die Gleichmäßigkeit der Wärmegrade erkennen wir am sichersten beim Vergleiche dreier im Osten gelegener Orte, da die Küstentemperaturen am Atlantischen Ozean durch örtliche Erscheinungen stark beeinflusst werden.

Tabelle: Küstentemperaturen: Alexandrien, Tanga, Port Durban.


Wie man sieht, sind nicht allein die Sommertemperaturen trotz de» großen Breitenunterschiedes nicht sonderlich groß, sondern auch die Wintermittel nicht gerade auffallend verschieden. Auch genügt die Zahl der sehr warmen Monate in den tieferen Lagen fast überall, um einer Reihe von Gewächsen wärmerer Zonen die Möglichkeit der Blüte und der Fruchtreife zu gewähren.

Eine erste und wichtigste Folge dieser Afrika eigentümlichen Temperaturverteilung ist die Möglichkeit, bestimmte nicht unbedingt an sehr hohe Wärmegrade gebundene Kulturpflanzen überall zu ziehen. Namentlich solche, bei deren Anbau es mehr auf genügende Sommerwärme als auf tropische Wintertemperaturen ankommt. Z. B. gedeihen die Baumwolle, ferner Zuckerrohr, Kaffee, Tee, endlich Nährfrüchte wie Reis, Mais und die Banane in den meisten Niederungsgebieten, soweit die Regenmenge es zulässt. Einer gewissen Ähnlichkeit in der Bodenkultur begegnen wir daher an fast allen Küsten, den Südwesten und den äußersten Süden des Weltteils ausgenommen und man kann deshalb die für Afrika so besonders bezeichnende Form des Hackbaus als die Grundform des Landbaus in fast allen mit Wasser versehenen Strichen dieses Weltteils ansehen. Von ihr wird ebenfalls später noch die Rede sein.

Hier, in der Temperatur, kommt noch einmal der Aufbau des Festlandes zu einer sehr ausgesprochenen Wirkung. Da ein großer Teil des tropischen Afrika von weit über den Meeresspiegel emporsteigenden Hochländern erfüllt ist, erniedrigen sich die Temperaturmittel in diesen Gegenden so sehr, dass damit für ausgedehnte Landschaften manche echt tropischen Kulturen trotz der niederen Breitenlage ausgeschaltet werden müssen. Sollen sie voll für die Produktion nutzbar gemacht werden, so ist dies nur auf Grund des Anbaues jener erwähnten Übergangsgewächse möglich. Dadurch erfährt die Gleichartigkeit der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung in einem sehr beträchtlichen Teile des Kontinents abermals eine nicht unwesentliche Steigerung. In Machakos in Britisch-Ostafrika unter 1 ½° s. B. in 1.750 m Höhe ist die Jahrestemperatur nur 17,2° und kein einziger Monat hat mehr als 18° Mittelwärme. Am Nyassasee unter 9 ¼ ° s. B. ist die Jahrestemperatur schon in rund 1.600 m auf 17,4° erniedrigt und nur ein Monat erreicht noch eben das Mittel von 20°.

Man kann im allgemeinen rechnen, dass, infolge der klimatischen Höhenwirkung, die echt tropischen Kulturen, zu denen einige der wertvollsten Plantagengewächse zählen, selbst in der Nähe des Äquators nicht über eine obere Grenze von höchstens 1.200 m hinaus möglich sind und man wird demnach gut tun, bei der wirtschaftlichen Einschätzung bestimmter Gebiete die Höhenwirkung nicht außer acht zu lassen.

Noch in einer anderen Richtung ist aber die Temperatur von der größten Bedeutung für die künftige Erschließung Afrikas durch die europäischen Völker. Mehr als viele andere Fragen wird heute diejenige nach der Möglichkeit der Dauersiedlung von Europäern in den Tropen erörtert. Sie ist um so eher zeitgemäß, als sich infolge unnatürlicher oder ungenügender Wirtschaftseinrichtungen selbst in den eigentlichen Auswanderungsländern kühlerer Zonen mehr und mehr Schwierigkeiten der Unterbringung großer Massen von Auswanderern entgegenstellen. So ging man denn in den kolonialpolitischen Kreisen namentlich Deutschlands, aber auch Englands auf die Suche und wandte sich dabei mit besonderen Hoffnungen auch den kühleren Hochgebieten innerhalb des südlichen Länderdreiecks von Afrika zu.

Vom streng wissenschaftlichen Standpunkt aus vermögen wir heute, gestützt auf praktische Erfahrungen von Ärzten und Ansiedlern, uns bereits ein Bild der hier gegebenen Möglichkeiten zu machen, das freilich in vielen Einzelheiten noch der näheren Ausführung bedarf, aber in seinen Grundzügen kaum mehr tiefgreifende Änderungen erfahren wird. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass wir an dieser Stelle all jene Schädlichkeiten ausschalten müssen, die durch die in warmen Ländern besonders gefährlichen Erreger sogenannter Tropenkrankheiten hervorgerufen werden. Hier beschäftigt uns einzig und allein die Wirkung der Wärme auf den Körper des Nordeuropäers.

Zunächst muss mit einem weitverbreiteten Irrtum aufgeräumt werden. Die Vorstellung, als sei die Höhe der tropischen Mitteltemperaturen oder gar die der in der Äquatorialzone auftretenden Höchsttemperaturen dem Nordländer gefährlich, ist falsch. Eine Seite des Klimas freilich, die man als den Wirkungen der Luftwärme verwandt ansehen kann, die Sonnenstrahlung, erreicht hier sehr beträchtliche Grade. Aber gegen sie vermag man sich durch geeignete Kleidung und sonstige Maßnahmen zu schützen; sie wirkt eben nur auf den ihr schutzlos ausgesetzten Menschen. Aber auch die Höhe der Luftwärme übt an und für sich noch keinen die Siedlung verhindernden Einfluss aus. Das bedarf kaum einer weiteren Begründung als des Hinweises darauf, dass der wärmste Monat schon in Neu-York mit seiner Mittelwärme von 23,1° genau so heiß ist wie in Moschi am Kilimandscharo in kaum 1.200 m Seehöhe und dass er in Cincinnati in Ohio mit 25,4° ziemlich genau demjenigen von Misahöhe in Togo entspricht. Ich gebe absichtlich die Mittel von Orten aus diesem Teile der Vereinigten Staaten zum Vergleich an Stelle der ebenso hohen verschiedener oberitalischer Orte, weil in der nordamerikanischen Union hohe Luftfeuchtigkeit während des Sommers die Verhältnisse denen der afrikanischen Tropen mehr nähert als die trocknere Luft der Mittelmeerländer.

Bei einigermaßen richtiger Lebensweise ist es also keineswegs die hohe Mitteltemperatur, die dem Europäer gefährlich wird. Ebensowenig sind die in den niederen Breiten von Afrika vorkommenden Höchsttemperaturen als unerträglich zu bezeichnen. Sind sie doch an der Küste nicht höher als sie auch bei uns in Deutschland zur Beobachtung kommen und kommen doch weiterhin die stärksten Hitzegrade nicht sowohl in der Tropenzone als vielmehr an den äquatorialen Grenzen der außertropischen Breiten dieses Weltteils vor. Dagegen ist eine andere Folge der Temperaturentwicklung als der dauernden Niederlassung von Nordländern tatsächlich ungünstig zu bezeichnen. Das ist die ungeheure Gleichmäßigkeit der tropischen Mittelwärme, das ist, physiologisch gesprochen, das Fehlen des für den Europäer auf die Dauer unentbehrlichen Reizes, den der Gegensatz der gewohnten winterlich gesunkenen Temperatur zu den wärmeren Monaten auf unseren Körper ausübt. Die dem Körper und damit auch dem Geiste des Nordländers eigene größere, gewissermaßen angeborene Energie wird entschieden zu einem erheblichen Teil durch diesen Gegensatz hervorgerufen und erhalten.

Der gänzliche Fortfall dieses für unsere Zonen so segensreichen Unterschiedes zwischen der wärmsten und der kühlsten Zeit macht sich bei ständigem Aufenthalt in andersgearteten Ländern schon beim einzelnen in einem Nachlassen jener „nervösen Energie" geltend. Bei den dauernd an die Tropen gebundenen Nachkommen der Nordländer aber muss er von einer Geschlechtsfolge zur anderen ein langsames, aber sicheres Sinken derjenigen Fähigkeiten zur Folge haben, die wir gemeinhin zu unseren besten zu rechnen gewohnt sind.

Dass die afrikanischen Tropen auch in großer Höhe unter dieser in unserem Sinne ungünstigen Seite des Klimas leiden, während z. B. die vorhin erwähnten Landschaften der nordamerikanischen Union trotz ihres tropischen Sommerklimas viel besser für uns geeignet sind, zeigt folgende kleine Zusammenstellung:

Unterschied zwischen dem Temperaturmittel des wärmsten und des kühlsten Monats.
Geogr. Breite Seehöhe Temperaturunterschied
St. Louis, Nordamerikanische Union 38 2/3° N. 175 13,2°
Athen 38° N. 107 17,7°
Kairo 32 ¼ ° N. 32 11,9°
Fort Smith, Ostafrika 1 ¼ ° S. 2050 4,5°
Manow, Ostafrika 9 ¼ ° S. 1580 6,4°
Fort Salisbury, Rhodesia 17 ¾ ° S. 1487 7,6°
Johannesburg, Transvaal 26 ¼ ° S. 1925 9,5°
Port Elisabeth, Kapland 34° S. 55 6,9°

Dem mag zum Vergleich hinzugefügt werden, dass der entsprechende Unterschied die sogenannte Jahresschwankung der Temperatur, in Mitteldeutschland 18 bis 20° beträgt.

Wie man sieht, ist selbst im außertropischen Südafrika diese Schwankung so gering, dass sie im Lauf mehrerer Geschlechtsfolgen bei im Lande ansässigen Europäern sich bereits im Nervenleben deutlich durchsetzt. Es bedarf nur des Hinweises auf eine Autorität wie den Pathologen G. Fritsch, um die Gültigkeit des Gesagten auch für dies Gebiet zu erhärten. Auch zeigt ja die Geschichte gerade dieser Länder, wie sogar die seinen weißen Bewohnern ursprünglich eigene starke nationale Spannkraft in beträchtlichem Grade nachgelassen hat.

Nun soll selbstverständlich das hier Ausgeführte in keiner Weise gegen die Besiedlung solcher Hochgebiete mit den Bewohnern kühlerer Erdgegenden Anwendung finden. Diese hat vielmehr, wie bei der Behandlung der Bevölkerung gezeigt werden wird, einen außerordentlich hohen wirtschaftlichen Wert. Aber es ist in einer wissenschaftlichen Arbeit wie der vorliegenden Pflicht des Verfassers, auch auf die uns weniger angenehmen Seiten der Sache einzugehen.

Was im übrigen die Folgen des allmählichen Nachlassens der Spannkraft anbelangt, namentlich soweit sie an den an die erste anschließenden Geschlechterfolgen sich zeigt, so werden ihre Nachteile bis zu einem gewissen Grade auch wohl dadurch herabgemindert werden, dass wenigstens den Angehörigen der großen europäischen Kulturvölker im Laufe der Zeit infolge der mannigfachen Beziehungen zur Heimat von dort stets frisches Blut zugeführt werden wird. Doch das ist eine Angelegenheit des Politikers, der durch besondere Maßnahmen die Verbindung der Ansiedler mit dem Vaterlande möglichst enge gestalten wird. Immerhin bleibt aber auch so dem Wirtschaftsgeographen die Beantwortung einer Frage. Es handelt sich für ihn darum, unter den sich für die Besiedlung überhaupt eignenden Gebieten diejenigen herauszufinden, die infolge ihrer Temperaturentwickelung dazu am ehesten zu empfehlen sind.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich die Beschränkung der ausgedehnteren, an der Grenze tropischer Temperaturzonen gelegener Gebiete auf die Landschaften, in denen wenigstens eine Anzahl Monate eine Mitteltemperatur von womöglich erheblich weniger als 20° haben. Die hier gewählte Wärmegrenze entspricht derjenigen des Juli in den sommerheißesten Gegenden von Südwestdeutschland. Auf die Höhe der Sommertemperaturen kommt es, wie die in Nordamerika und Palästina gemachten Erfahrungen zeigen, dabei um so weniger an, als ja in den überhaupt in Betracht kommenden untertropischen Ländern Afrikas die Luftfeuchtigkeit gering ist, hohe Wärmegrade also auch vom Nordeuropäer viel leichter ertragen werden als etwa in den Vereinigten Staaten, in denen dieser doch auch leben muss. Freilich dürfen die Mittel, wenn anders sie nicht doch für den körperlich tätigen Ansiedler unerträglich sein sollen, selbst von trockenen Strichen nicht über die Höhe hinausgehen, die sie auch in Südeuropa noch erreichen und die derjenigen der nordwestafrikanischen Küsten und Hochländer entspricht. Aber schon in der südalgerische Wüstensteppe übersteigt das Mittel der Temperatur selbst in dem bekannten Biskra unter 35° n. B. bereits in zwei Monaten 31°, ist also um etwa 6° höher als in der Hauptstadt Algier selber. In Marrakesch dagegen im Innern von Marokko unter 31 ½ ° n. B. hat zwar der August ein Monatsmittel von 29,6°, aber die Jahresschwankung der Temperatur entspricht derjenigen von Westdeutschland und sechs Monate haben eine Mitteltemperatur von weniger als 20, drei eine solche von weniger als 15 Graden. Auf der Südseite des Weltteils ist das Amboland im nördlichen Deutsch-Südwestafrika als Grenzlandschaft für die zusammenhängenden Siedlungsgebiete anzusehen. In Olukonda unter 18° s. B. haben bei gleichzeitig nur geringem Unterschied zwischen Sommer- und Wintermitteln nur noch drei Monate eine Durchschnittswärme von weniger als 20°, während es deren in Omaruru unter 21 ½ ° s. B. noch 5 gibt. Im Osten, in Rhodesia, sind die Hochländer bis in die Nähe des Sambesi mit einer Jahresschwankung von derselben Höhe wie in Südwestafrika und mit 8 — 9 Monaten (Salisbury und Buluwayo) mit einer Durchschnittswärme von unter 20° bis in die Nähe des Sambesitales ebenfalls noch vorzüglich geeignet zur Besiedlung durch Nordländer.

Es ist klar, dass sich in der eigentlichen Tropenzone, besonders in ihren äquatorialen Strichen, in denen die Schwankung zwischen dem wärmsten und dem kühlsten Monat ganz gering wird, nur die Gebiete zu dauernder Besiedlung mit Nordeuropäern eignen, die wenigstens in der Höhe der Tagesmittel nicht erheblich über unsere deutschen Sommermonate hinausgehen. Denn man muss berücksichtigen, dass gerade in diesen niederen Breiten auch die große Luftfeuchtigkeit zur Erschwerung der körperlichen Tätigkeit und zur Verringerung des Wohlbefindens in recht erheblichem Grade beiträgt.

Da nun der große Tropenkontinent im Osten viel gewaltigere Erhebungen trägt als im Westen, so kommen für Europäersiedlung [Ansiedlung von Europäern, Einwanderung] in den afrikanischen Tropen im engeren Sinne vorwiegend die Hochländer zwischen dem 15° s. B. und dem 15° n. B. in Betracht. Im Westen sind es einige räumlich sehr beschränkte Landschaften im Innern des Kamerungebietes, die in diesem Falle allenfalls eine Erwähnung verdienen. Hier entspricht in Baliburg das Jahresmittel von 18,1° etwa dem Julidurchschnitt im mittleren Norddeutschland, aber der Unterschied zwischen dem wärmsten und dem kühlsten Monat beträgt nur 2 Celsiusgrade! Geeigneter, auch wegen ihrer räumlichen Ausdehnung, sind jedenfalls die Hochflächen im Innern von Südangola, wo beispielsweise Kakonda unter 15° s. B. im heißesten Monat etwa den Ebenen von Nordwestungarn ähnelt, während die Jahresschwankung allerdings hier auch nur 4° erreicht. Auch sinkt die Mittelwärme nur in sechs Monaten, meist nur um ein weniges, unter den Durchschnitt von 20°.

Auf der Ostseite des Weltteils liegen die Verhältnisse wesentlich günstiger. Es sollen deshalb hier nur die wegen ihrer Temperatur am besten für Europäersiedlung [Ansiedlung von Europäern, Einwanderung] geeigneten größeren Landschaften Erwähnung finden, wobei an dieser Stelle auf weitere Eignung der betreffenden Landschaften, wie etwa auf in ihrer Wirtschaftslage beruhende Gründe, nicht eingegangen werden kann.

Das südlichste von diesen Hochländern ist das sich um den Nyassasee lagernde Gebiet. Hier hat schon das unter 9° s. B. in nur 1.600 m Seehöhe gelegene Manow nur noch ein Jahresmittel von 17,4,° der wärmste Monat entspricht dem Juli in der oberrheinischen Tiefebene, der Winter während dreier Monate annähernd dem Mai in Mittel- und Süddeutschland. Kleinere, aber recht günstige Landschaften finden sich im Usambara- und Kilimandscharogebiet, wo Marangu in gleicher Meereshöhe wie Manow ganz ähnliche Temperaturmittel aufweist. Sicher eignen sich ihrer Temperaturentwicklung nach die Hochgebiete im Westen des gewaltigen Viktoriasees zu dauerndem Aufenthalt für Nordländer. Ein zweites rein äquatoriales Gebiet von größerem Umfange ist das Hochland im Osten dieses Sees, in dessen höheren Teilen sich die Wärme selbst im heißesten Monat im Mittel nur noch auf 18 — 19° hebt, um im kühlsten auf die uns aus unserem Frühling bekannten Werte zu sinken. Hier hat Fort Smith in rund 2.000 m Höhe über dem Meere, obwohl nur wenig mehr als einen Breitengrad vom Äquator entfernt, ebenfalls ganz ähnliche Temperaturmittel wie das vorhin erwähnte Manow im Nordnyassalande.

Zu diesen wichtigsten Landschaften für Europäersiedlung [Ansiedlung von Europäern, Einwanderung] kommt schließlich noch ein Land, das alle an Größe und Zuträglichkeit der Temperatur übertrifft, Abessinien. Die mittleren und hohen Regionen dieses Gebiets, die in ihrer Ausdehnung den größeren Reichen Westeuropas entsprechen, sind in der unteren gemäßigten Zone (zwischen 1.800 und 2.400 m) abermals denen am Nordnyassa ähnlich, ein wenig höher dagegen entspricht das Jahresmittel etwa dem von Mittelitalien, während freilich die geringe Jahresschwankung auch hier echt tropisch ist. In den gebirgigen Hochregionen von mehr als 2.800 m erreichen nur in der wärmsten Zeit die Temperaturen die uns aus unserem eigenen Sommer bekannten Werte, während der Winter unsern wärmeren Übergangsmonaten ähnelt.

Stellen wir die auf Grund ihrer Temperatur mehr oder weniger für Europäersiedlung [Ansiedlung von Europäern, Einwanderung] geeigneten größeren Gebiete nach dem Grade ihrer Eignung zusammen, so ergibt sich folgendes.

Günstig: ganz Nordwestafrika bis zur Nordgrenze der Sahara; Südafrika, im Westen bis etwa 20° s. B., im Osten bis 17° s. B., aber nicht das Gebiet des nördlichen Kalaharibeckens und die tieferen Landschaften nördlich vom 29° s. B. In den Tropen die Hochländer im Südwesten und im Osten des Viktoriasees und das Hochland von Abessinien im weiteren Sinne:

Noch geeignet: Die Hochländer im Südosten und im Norden des Nyassasees; die Hochlandschaften zwischen Tanga und dem Merugebiet; die höheren Teile von Südangola.

Es sei indessen betont, dass all diese Gebiete nicht mit den Ländern der gemäßigten Zone hinsichtlich ihrer Aufnahmefähigkeit in Wettbewerb zu treten vermögen.

Haben wir eben den Einfluss des Temperaturganges auf den dauernd in Afrika verweilenden Nordländer kennen gelernt, so ist er auch auf das Leben der diesem vertrauten Kulturpflanzen von großem Einfluss. Seiner Einwirkung auf die Reifezeit von Gemüsen und Früchten verdankt man die Entstehung eines Ausfuhrhandels, der für die eben behandelten Gebiete europäischer Siedlungen mit der weiteren Vervollkommnung der Verkehrsmittel eine sehr bedeutende Vergrößerung erfahren wird.

Bekanntlich hat die Lage Nordwestafrikas eine ähnliche Verfrühung der Gemüse- und Obsternte zur Folge wie die äußerste Südlage Europas. Aber auf der Südseite des Weltteils ist diese der mitteleuropäischen gerade entgegengesetzt, so dass also zu einer Zeit, in der man bei uns höchstens diese und jene Erzeugnisse der Treibhauskulturen erhält, große Massen frischer Gartenfrüchte und Obstsorten lieferbar sind. Um diesen bereits ziemlich schwunghaften Handel ganz erheblich zu erweitern, sind allerdings besondere Einrichtungen auf den zwischen Südafrika und Europa verkehrenden Schiffen nötig. Dann aber kann die Ausfuhr auch für andere als die wohlhabenden Kreise in den europäischen Staaten Bedeutung gewinnen.

Wie aber genaue Erwägung der klimatischen Erscheinungen in jedem Gebiet eine Versorgung des europäischen Lebensmittelmarktes ins Leben rufen könnte, zeigt das Beispiel der östlich vom Viktoriasee gelegenen Hochländer, das um dieser seiner Wichtigkeit willen hier Erwähnung findet. Auch die Südhalbkugel vermag nämlich in der Zeit unmittelbar vor der Traubenreife Südeuropas keine Tafeltrauben zu liefern. Nun ist aber trotz schlechter Verbindung eine vom Imperial Institute in London begutachtete Sendung von solchen am 24. August in England eingetroffen. Von hier aus wäre bei verbesserter Versendungsgelegenheit somit die bisherige Lücke in der Lieferungszeit auszufüllen. Sorgsame Einschätzung der klimatischen Besonderheit der kühleren Landschaften Afrikas vermag also nach manchen Richtungen für den europäischen Markt neue Einfuhrmöglichkeiten zu schaffen.

Neben der Temperatur bedingen die Niederschläge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der verschiedenen Gebiete in Afrika noch weit mehr als in Europa. Das gilt sowohl von der Menge des Regens als auch von seiner jahreszeitlichen Verteilung. Man erkennt das beim Vergleich der Regenhöhe größerer Flachlandschaften; da die Gebirge diese ungemein stark in lokalem Sinne beeinflussen, muss man sie bei dieser Nebeneinanderstellung unberücksichtigt lassen. Nun zeigen größere vorwiegend ebene Gebiete in unserem heimischen Erdteil Gegensätze von etwas weniger als 20 cm jährlicher Niederschlagsmenge (nur im südöstlichsten Winkel von Russland) und von mehr als 100 cm (in Westirland). Ganz anders in Afrika, wo ungeheure Flächen weniger als 10 cm Regen empfangen, ja wo es Gebiete von der Größe europäischer Staaten gibt, in denen mehrere Jahre vergehen können, ohne dass ein Tropfen Regen zu Boden gelangt. Ihnen steht aber ein ebenso ungeheures Gebiet mit mehr als 120 cm gegenüber, innerhalb dessen verschiedene recht ausgedehnte Landschaften weitab vom Gebirge noch über eine Niederschlagsmenge von 200 cm hinausgehen.

Es ist klar, dass diese mehr als reichlich bewässerten Gebiete am ehesten all jene Pflanzen zu tragen vermögen, die große Anforderungen an die Wasserzufuhr so gut wie an eine hohe Temperatur stellen. Da die eigentliche Äquatorialzone nördlich von den ausgedehnteren Erhebungsmassen des großen Süddreiecks zugleich die Zone dieser starken Niederschläge ist, so ist klar, dass hier das Gebiet kräftigsten und mannigfaltigsten Pflanzengedeihens und damit zugleich die Möglichkeit stärkster Hervorbringung von pflanzlichen Rohstoffen und Genussmitteln vor uns liegt.

Anders die übrigen Landschaften. Schon in ziemlich niedrigen Breiten verstärkt sich auch bei noch immer reichlichen Durchschnittsmengen des Regens der Gegensatz zwischen einer feuchten und einer trockenen Jahreszeit. Dadurch erfährt wiederum der geschlossene Pflanzenwuchs, wie er im echten Regenwalde seinen bezeichnendsten Vertreter hat, eine Beschränkung auf kleinere, besonders günstige Flächen, etwa an den Hängen der Gebirge oder in der Nähe der Küsten. Auf den meisten Flächen dagegen tritt an seine Stelle eine zwar keineswegs durchweg baumarme, aber doch zwischen parkartigem Aussehen und freierem Graslande wechselnde Bedeckung des Bodens. Wo schließlich die ganz trockene Steppe beginnt, kann man ohne weiteres annehmen, dass die Niederschlagshöhe auf weniger als 40 cm herabsinkt.

Bei Behandlung der Wirtschaftsbedeutung der Pflanzenwelt und der Tierzucht wird von diesen Dingen noch die Rede sein. Hier interessieren uns zunächst nur die unmittelbar in das Leben eingreifenden Seiten der Niederschlagsentwicklung. Und da muss vor einem in Europa sehr verbreiteten Irrtum gewarnt werden, der häufig dazu führt, gewisse an und für sich regenarme Gebiete in ihrem Wert für die Produktion allzu sehr zu unterschätzen. Es ist nämlich festzuhalten, dass auch vergleichsweise geringe Regenmengen einer ganzen Reihe von Pflanzen, besonders verschiedenen Sorten vom Steppengräsern und Sträuchern ein Fortkommen in ausgedehntem Umfange ermöglichen, wenn sie sich nur nicht über eine allzu lange Zeit des Jahres verteilen. Gleichermaßen kommen sie in solchem Falle auch der Bildung größerer Grundwassermengen, ja sogar dem Auftreten oberflächlicher Wasserführung der etwa vorhandenen Rinnsale weit mehr zugute als selbst erheblich größere Wassermengen, die aber während einer längeren Reihe von Monaten den Erdboden befeuchten. Ein vortreffliches Beispiel für diesen bisher in allgemeinen wirtschaftsgeographischen Darstellungen nie genügend beachteten Gegensatz geben uns die Orte in Südwestafrika und im Kaplande mit annähernd gleicher Regenmenge. Dort, in Rehoboth, fallen innerhalb einer von Gras reichlich bestandenen Steppe, in der ebenfalls reichliche Buschansammlungen zu finden sind, in den drei aufeinanderfolgenden Hauptregenmonaten reichlich zwei Drittel des Regens, in der inneren Steppe der Kapkolonie dagegen nur etwa die Hälfte. Aber hier ist auch weniger Gras und fast gar kein vom Regen abhängiger Holzwuchs vorhanden.

Aus der Eigenart der Niederschlagsverteilung in Afrika ergeben sich sehr weitreichende Folgen wirtschaftlicher Art. Da indessen die meisten von ihnen erst mittelbar aus der Verteilung der Gewächse und aus der größeren oder geringeren Durchführbarkeit des Anbaues von Kulturpflanzen hervorgehen, so kann ihre Besprechung bei der Behandlung der Pflanzenwelt erfolgen. Nur in einer Richtung muss des Regens als solchen gedacht werden. Während wir die Gegenden eigentlichen Ackerbaues, d. h. der auf atmosphärische Niederschläge begründeten Ackerkultur von denjenigen zu trennen pflegten, in denen der Landbau ganz oder größtenteils auf künstlicher Wasserzufuhr beruht, haben neuere Erfahrungen zu einer Änderung dieser Einteilung geführt. In an sich trockenen Landschaften, in denen man bis vor kurzem die Anwendung der Pflugkulturen für ausgeschlossen hielt, gelangt neuerdings die sog. Trockenfarmerei in Anwendung. Es ist natürlich nicht angängig, bei dieser allein auf die Niederschläge der Regenzeit sich gründenden Form der Ackerkultur eine bestimmte Grenze der Regenhöhe als notwendig zu bezeichnen. Dazu ist eben die Dauer der Regenzeit in den in Frage kommenden Gegenden zu verschieden. Erfahrungsgemäß hat man aber in den Sommerregengebieten von Südafrika gefunden, dass die Grenze in diesen Landschaften bei ungefähr 30 cm mittlerer Jahresmenge liegt, während man für den Ackerbau ohne künstliche Bewässerung daselbst bisher eine untere Grenze von etwa 50 cm Jahresmenge anzunehmen pflegte.

Von diesem auf Regen sich gründenden Bodenbau im engeren Sinne unterscheidet sich nun die Trockenfarmerei dadurch, dass sie nur solche Pflanzen zieht, die keine kostspieligen, auf die Dauer berechneten Einrichtungen und Vorarbeiten voraussetzen. Denn sie muss bei dem in Steppenländern so bezeichnenden Wechsel der Regenergiebigkeit damit rechnen, dass von etwa zehn Jahren mindestens die Hälfte trotz der Zusammendrängung des Regens auf wenige Monate ohne Ergebnis verstreicht. Dabei können dann die besseren Jahre immer noch einen durchaus befriedigenden Ausgleich der Ernteergebnisse bringen. Anders der Ackerbau im europäischen Sinne, der bei der langwierigeren Arbeit und bei der Notwendigkeit, den ganzen Betrieb zum größten Teile in seinen Dienst zu stellen, eine Reihe von Jahren völligen Misswachses innerhalb eines Jahrzehnts nicht erträgt.

Gleichwohl ergibt sich auf Grund der angeführten Grenzwerte der Regenmenge ein erheblicher wirtschaftlicher Gewinn für die Länder, in denen das erwähnte System Anwendung finden kann. Wählen wir wieder Südwestafrika als Beispiel, so berechnet sich auf Grund der Niederschlagsverteilung das Flächenstück, das nunmehr in mittleren und guten Jahren eine nicht unbeträchtliche Menge von Ackerfrüchten zu bringen vermag, während man sich früher ganz allein auf die künstliche Wasserzufuhr beschränkte, allein in diesem Lande auf nicht weniger als 250.000 qkm, d. h. es übertrifft in seiner Gesamtausdehnung die Fläche Großbritanniens.

Noch in einer anderen Richtung macht sich die jahreszeitliche Verteilung des Regens geltend. Die Kultur mancher wichtigen subtropischen Pflanzen setzt voraus, dass sie während der Reifezeit nicht allzuviel Nässe empfangen. Hier ist unter anderen namentlich der Weinstock zu nennen, der in regenreichen Landschaften mit Sommerniederschlägen bei weitem nicht so gut gedeiht wie in solchen mit winterlicher Regenzeit. Die Küstengegenden des südlichsten Afrika beweisen das, denn östlich von der Winterregenlandschaft am Kap der Guten Hoffnung tritt sein Anbau ganz in den Hintergrund und auf der Ostseite verschwindet diese wichtige Pflanze so gut wie ganz.

Die Verteilung des Regens über längere Perioden ist ebenfalls eine Angelegenheit, die in der landwirtschaftlichen Bodennutzung in Afrika besonders beachtet werden muss. Die Abweichung vom langjährigen Durchschnitt der Regenmenge, die bei uns in Mitteleuropa eine verhältnismäßig geringe Rolle spielt, ist in der Osthälfte des Weltteils und selbstverständlich mehr noch in den trocknen Steppengebieten im Süden und Norden oft so groß, dass eine ganze Reihe von Kulturen dadurch auf das schwerste geschädigt werden können. So finden wir in Rehoboth, unter dem Wendekreise in Südwestafrika gelegen, bei 27 cm mittlerer Regenhöhe unter 21 Beobachtungsjahren nicht weniger als 4, in denen die Regenmenge noch nicht einmal die Hälfte dieser Höhe erreichte, also sehr schlecht war. Ebenso sind aber auch in den viel regenreicheren Äquatorialgebieten die Schwankungen außerordentlich groß. So wechselte selbst in Daressalam an der Küste von Ostafrika bei einem Mittel von 112 cm die Regenmenge zwischen 144 und nur 49 cm. Unter keinen Umständen darf also der Pflanzer oder der Techniker, der sich mit praktischen Plänen trägt, sich bei seinen Berechnungen allein auf die Jahresmenge des Regens verlassen, die bedauerlicherweise in vielen sich als Wirtschaftsgeographie bezeichnenden Werken allein angegeben wird.

Von sonstigen unmittelbaren Wirkungen des afrikanischen Klimas verdienen auf wirtschaftlichem Gebiete in größerem Umfange auch diejenigen eine besondere Erwähnung, die mit der niedrigen Luftfeuchtigkeit der Wüsten und Steppen zusammenhängen. Zunächst machen sie sich in einer ganzen Reihe von selbst in das häusliche Leben eingreifenden Erscheinungen bemerkbar. Unter dem geringen Dampfgehalt der Luft, der besonders in Südafrika so bezeichnend ist, leiden viele Gegenstände Schaden. Aus Europa eingeführte Holzwaren werfen sich und bekommen Risse, andere Dinge trocknen so schnell aus, dass sie rasch an Wert verlieren (Zigarren usw.). Muss der Kaufmann mit diesem Einfluss des Klimas als einer unangenehmen Folgeerscheinung rechnen, so hängen andererseits wieder beträchtliche Vorteile für die Verwertung bestimmter Erzeugnisse mit der Dampfarmut solcher Gegenden zusammen. Die Herstellung von Trockenprodukten bestimmter Früchte steht hier wirtschaftlich an erster Stelle. In Nordafrika ist es die Dattel, in Südafrika Rosinen, Trockenfeigen und ähnliche Dinge, deren Ausfuhr in erster Linie der erwähnten klimatischen Eigenart ihrer Ursprungsländer zu danken ist. Es ist klar, dass die Ausdehnung dieser Art von Handel auf viel größere Gebiete möglich ist. Stehen wir doch in dieser Hinsicht wie in so vielen Dingen erst im Anfang der Erschließung des Erdteils. Die Dampfarmut der Atmosphäre ist in manchen Gegenden so groß, dass selbst die Technik mit dieser Tatsache rechnen kann. So z. B. bei der Anlage von Kraftleitungen auf große Entfernungen. Dass ihre Wirkungen auch von der Landwirtschaft auf das sorgfältigste erwogen und berücksichtigt werden müssen, bedarf keines besonderen Hinweises.

Die Sonnenscheindauer ist in den ebenerwähnten Gebieten ebenfalls außerordentlich günstig. Allerdings ist die Benutzung der Sonnenstrahlung für Zwecke des praktischen Lebens gewissermaßen noch ein Versuchsgegenstand der Technik. Doch liegt dies wesentlich daran, dass die führenden Länder über hinreichende Kraftquellen anderer Art verfügen und dass die Bewirtschaftung der trockensten Gegenden der Erde in neuzeitiger Weise sich ebenfalls noch in ihrem ersten Stande befindet. Es wird aber ohne Zweifel der Technik unserer Tage gelingen Mittel und Wege zu finden, durch deren Benutzung die Unsumme von Kraft, die in der die Erde treffenden Sonnenstrahlung enthalten ist, der Menschheit dienstbar gemacht wird. Für Afrika im besonderen hätte die Erschließung dieser Quelle neuer Leistungen um so größere Bedeutung, als gerade dieser Kontinent aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sonderlich reich an Kohlen ist. Gerade hier bietet aber die Natur dem Gewerbe der Zukunft die Sonnenkraft in einem Grade dar wie nur in wenigen anderen Ländern der Erde. In weiten Gebieten dieses Weltteils vereinigen sich zwei Dinge zur Vermehrung der verfügbaren Energie. Zunächst die niedere Breite, die ja an und für sich die Intensität der Strahlung erhöht. Ferner die in gleichem Sinne wirksame Dampfarmut der Luft in den Wüsten und Steppen dieses Weltteils, in denen zugleich die Dauer des Sonnenscheins ihre höchste Stundenzahl erreicht. Denn in den eigentlichen Tropen kann man so wenig wie bei uns mit der für die technische Verwertung unerlässlichen Sicherheit der erforderlichen Strahlungsdauer rechnen; dazu ist in der Äquatorialzone die Bedeckung des Himmels zu groß, die zu erwartende Dauer der Wolkenlosigkeit zu wenig sicher zu berechnen. Anders in den Steppen und Wüsten des Innern von ganz Süd- und Nordafrika, wie folgende Nebeneinanderstellung erweist:

Mittlere tägliche Dauer des Sonnenscheins in Stunden:

in Europa in Afrika
Aberdeen 3,5 Kairo 8,5
Erfurt 4,3 Kimberley 9,3
Rom 6,5

Die gegenüber Europa viel größere Sicherheit, mit der man in den erwähnten Trockengebieten mit Sonnenkraft versorgte Maschinen in Gang zu halten vermöchte, bedarf hiernach keiner näheren Behandlung.

Mit der Zunahme des überseeischen Verkehrs und mit der Verbesserung und Verbilligung der Verbindungen zwischen Afrika und Europa ist endlich noch eine weitere Seite des Klimas in den Gesichtskreis der Nordländer gerückt, deren wohlverdiente Würdigung durch die Kulturwelt für manche afrikanischen Länder eine recht beachtenswerte Einnahme bedeutet. Afrika als Kurgebiet wird heute längst von Ärzten und Genesung Suchenden geschätzt, wird aber noch viel häufiger als bisher von den Bewohnern rauerer Gegenden aufgesucht werden, wenn die allgemeine Lebenshaltung drüben gestiegen sein und der Aufenthalt daselbst auch für den weniger Wohlhabenden möglich werden wird. Es ist das Zusammenwirken verschiedener klimatischer Faktoren, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, das einzelne Gebiete zu gerne aufgesuchten Kurlandschaften gemacht hat. Sonnenscheindauer, Lufttrockenheit, gleichmäßige Wärme zu allen Jahreszeiten und andere Einzelzüge der mittleren Witterung sind da in erster Linie zu nennen und ihr sorgfältiges Studium wie übrigens auch das der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse verdienen die Aufmerksamkeit der europäischen Ärzte in noch viel höherem Maße als sie sie bisher schon in Anspruch genommen haben. Es lassen sich nun ganz bestimmte Gebiete aussondern, denen die Kuren fremder Besucher in steigendem Umfang zu einem wirtschaftlichen Vorteil gereichen könnten. Für Krankheiten der Atmungsorgane kommen sowohl die sonnigen und trocknen Landschaften Nordafrikas einschließlich der dem Nil benachbarten Wüstenstriche in Betracht wie auch viele Binnenlandschaften des außertropischen Südafrika. Nicht minder sind die in der Subtropenzone gelegenen Inseln im nördlichen Atlantischen Ozean zu diesen Gegenden zu rechnen. In den erwähnten Teilen von Südafrika kommen zu den sonstigen günstigen Eigenschaften des Klimas noch Wirkungen der großen Meereshöhe, die für manche Kuren ebenfalls erwünscht sind. Neben den angegebenen Leiden sind es namentlich eine Reihe von Nierenkrankheiten, für die man ebenfalls afrikanische Klimakuren bevorzugen sollte, da die bei ihnen angezeigten Heilwirkungen sich in Europa überhaupt nicht in gleicher Weise erlangen lassen. Jedenfalls zeigt uns auch diese Angelegenheit, wie notwendig eine Erörterung aller Möglichkeiten ist, ehe man von einer seinen natürlichen Hilfsquellen wahrhaft entsprechenden Erschließung dieses großen Kontinentes durch die Europäer wird sprechen dürfen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wirtschaftsgeographie von Afrika