Sechstes Kapitel. Die wirtschaftliche Bedeutung der afrikanischen Pflanzenwelt

Zum Beginn mag darauf aufmerksam gemacht werden, dass es unmöglich die Aufgabe dieses Kapitels sein kann, eine auf Vollständigkeit Anspruch machende Schilderung aller der Pflanzen und ihrer Erzeugnisse zu geben, die für die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas überhaupt in Betracht kommen. Gerade auf diesem Gebiet muss das Sonderstudium dem Praktiker, sowohl dem Techniker wie dem Pflanzer und dem Kaufmann, das Wissenswerte vermitteln. Hier soll er ebenso wie in den bisherigen Kapiteln lediglich eine Übersicht über das Wichtigste gewinnen; er soll vor allem zu der Erkenntnis geführt werden, dass in Afrika noch unendlich viel "zu holen“ ist, und diese Erkenntnis mag ihm dann je und je auch bei seinen diesen Weltteil betreffenden Plänen von Nutzen sein. Ebenso soll hier keine Rücksicht auf die allmähliche Entstehung dessen genommen werden, was durch nunmehr geschichtlich gewordene Einflüsse dem ursprünglichen Pflanzenschatze dieses Kontinents hinzugefügt ist. Wer sich dafür interessiert, wird des Studiums der grundlegenden Arbeit eines Stuhlmann nicht entraten können.

Wie reich Afrika trotz der geringen bisher in den Welthandel übergeführten Werte an landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ist, ergibt die Ausdehnung seiner fruchtbareren Böden, die nach H. Wagner beinahe auf die anderthalbfache Größe Europas geschätzt werden können. Wie weit zurück indessen die tatsächliche Produktion an landwirtschaftlichen Gewächsen noch ist, ergibt sich daraus, dass erst 37 Prozent dieser Fläche als Kulturland bezeichnet werden können. Dabei ist ferner zu beachten, dass der weitaus größte Teil des bereits bearbeiteten Bodens einer so ursprünglichen und zum Teil ganz unrationellen Bewirtschaftung unterzogen wird, dass seine Gütererzeugung nur einen kleinen Teil der bei zielbewusster Behandlung möglichen ausmacht.


Wollen wir übrigens die künftige Leistungsfähigkeit Afrikas auf dem Gebiete der Bodenkultur richtig beurteilen, so dürfen wir noch ein anderes nicht vergessen. Die von Waldland erfüllte Fläche, von der ein großer Teil ebenfalls in landwirtschaftlich nutzbare Gebiete verwandelt werden kann, gestattet die dazu nötige Umänderung in viel größerer Ausdehnung als in den anderen Weltteilen. Mit seinen 9.400.000 qkm Waldes übertrifft unser Kontinent zwar nur um ein weniges das räumlich kleinere Nordamerika. Aber dort ist ein sehr beträchtlicher Teil des Waldbodens, vor allem der weitaus größte der kanadischen Wälderzone, überhaupt nur forstwirtschaftlich auszunutzen. In Afrika dagegen ist in den Hauptwaldgebieten die bisher baumbestandene Fläche gerade aus klimatischen Gründen zu den auch für die Landwirtschaft besonders geeigneten Böden zu rechnen.

Wollen wir die Leistung der afrikanischen Bodennutzung einschätzen, so darf auch die Reihe der reinen Nahrungsmittel nicht übergangen werden. Die ursprünglich am meisten verbreiteten Nährpflanzen, unter denen die Durrha (Sorghum) oder Negerhirse sowie die Bohnen immerhin eine Erwähnung verdienen, haben im Großhandel selbst innerhalb der afrikanischen Grenzen bisher keine Rolle gespielt und es ist auch fraglich, ob diese einfachen Nährfrüchte dazu je imstande sein werden. Aber es ist für den wirtschaftlichen Stand der verschiedensten Gebiete bezeichnend, dass auch die übrigen der Ernährung dienenden Pflanzenerzeugnisse den nordischen Kulturländern von hier aus erst in sehr geringen Mengen zugehen und selbst im afrikanischen Handel uns keineswegs in großen Massen begegnen. Höchstens im Umsatz zwischen einzelnen Ländern treffen wir öfters auf solche Waren; so auf Maistransporte, die für die Ernährung der Eingeborenen in nahe benachbarten Ländern bestimmt sind.

Nicht einmal die unter höheren kulturellen Einflüssen stehenden Gebiete haben bis jetzt eine besondere Bedeutung für die Ausfuhr von auch in Europa verlangten Nähr- und Futtergetreiden erlangt. Die Maisflächen schwanken sogar in den südafrikanischen Kolonien sehr; immerhin wurde von hier Mais ausgeführt, vor allem nach England, aber auch nach Belgien und Deutschland. Doch umfasste das mit diesem Getreide bestandene Gelände u. a. in Natal im Jahre 1901 134.000 ha, 1907 dagegen 96.000 und 1911 wieder nur 62.000 ha. Auch afrikanischer Weizen wird auf europäischen Märkten außer von Nordwestafrika aus nicht gehandelt, zumal Ägypten, dessen Weizenfläche sich infolge des Übergewichts der Baumwollkultur nicht einmal vermehrt hat, heute kaum noch Brotkorn verschifft. In diesem Lande nahm die Weizenfläche sogar von 520.000 ha im Jahre 1889 auf 486.000 im Jahre 1897 ab. Während Ägypten damals noch Nahrungsmittel in größeren Mengen aus- als einführte, besteht heute bereits das umgekehrte Verhältnis.

Soweit der afrikanische Maisbau sich statistisch erfassen lässt, also in Algerien, Ägypten und der südafrikanischen Union, soweit er also auch für den Welthandel schon heute größere Bedeutung gewinnen könnte, lässt er die Rückständigkeit des Weltteils zur Genüge erkennen. 1913 betrug nach den Zusammenstellungen des Ackerbaudepartements der Vereinigten Staaten die Gesamternte der erwähnten Länder mit etwa 2,2 Millionen Tonnen kaum 2,5 vom Hundert der Welternte. Am ehesten ist noch die Getreideausfuhr aus dem Nordwesten Afrikas zu erwähnen, wo Algerien und Tunis zusammen im Jahre 1911 für insgesamt 101 Millionen M. zur Ausfuhr gebracht haben. Dagegen erreichte der Wert der gesamten aus Britisch-Südafrika nach Europa verschifften Maismenge im gleichen Jahre nur 7,7 Millionen, von denen auf mehr als der Hälfte in das Vereinigte Königreich, ein Drittel in Belgien und der Rest in Deutschland eingeführt wurde. Um die Geringfügigkeit dieser Mengen eines so bedeutenden Welthandelsgegenstandes wie des Getreides voll zu ermessen, wolle man berücksichtigen, dass selbst das kleine und zum größten Teil für Ackerbau gänzlich ungeeignete, aber dafür ganz europäisch bewirtschaftete Australien in jenem Jahre der großen britischen Zählung für 194 Millionen M. Getreide verschiedener Art zur Ausfuhr gebracht hat.

Nicht einmal die für den Nordländer unentbehrlich gewordene Körnerfrucht sommerwarmer und feuchter Länder, der Reis, der so gut in großen Teilen des tropischen Afrika gedeihen würde, wird in einer selbst nur für den Eigenverbrauch ausreichenden Menge erzeugt. Nach C. Bachmann steht Afrika noch um das Jahr 1908 in der Reiserzeugung so sehr im Hintergrunde, dass es nur für 3 ¼ Million M. auszuführen vermochte, während der Wert der Einfuhr mit 52.300.000 M. die ganze Rückständigkeit des Weltteils in der Hervorbringung dieses wahren Welthandelsproduktes erkennen lässt. Es sind nur einige Länder, Sierra Leone, Deutsch-Ostafrika, Madagaskar und namentlich Ägypten, die überhaupt ein wenig Reis in den Handel gebracht haben, während fast alle Länder des Weltteils ihn in hohem Grade benötigten.

Fragen wir uns, wo dies Tropengetreide am sichersten fortkommen würde, so würden alle Flussniederungen der tropischen Küstenländer zu nennen sein, da infolge der Sommerregen fast überall die Schwellzeit in die Monate des Hauptwachstums dieser wichtigen Pflanze fällt. Ähnliche klimatische Verhältnisse wie in ihrem südasiatischen Heimatlande finden wir vor allem in den den Guineagolf umrandenden Gebieten mit ihren reichen Monsunregen. Doch kann man mit Sicherheit behaupten, dass in den sumpfigen Flachländern im Zuflusslande des Tschadsees sowie in den ungeheuren Ebenen am oberen Nil neben den am Meere gelegenen Schwemmlandschaften der größeren Flüsse noch riesige Flächen dem in großem Maßstabe betriebenen Reisbau erschlossen werden können.

Wie das erwähnte Nahrungsmittel, so stehen die auch in Afrika gebauten tropischen Knollengewächse, Taro, Manioka usw. noch nicht auf der Liste der großen Ausfuhr, obwohl bei dem Bedarf Europas an Nährstoffen und zur Tierfütterung dienenden Gegenständen auch sie für manche Teile der hei?eren afrikanischen Länder einen gewissen Handelswert gewinnen könnten. Dasselbe gilt schließlich auch von der Frucht einer Pflanze, die, in der Mitte zwischen den Früchten im engeren Sinne und den Nährgewächsen stehend, in manchen Gegenden dieses Kontinents in Unmassen gedeiht, von der Banane. Solange sie freilich nicht in einer Form nach dem Norden gebracht werden kann, die zugleich die Anforderungen der Haltbarkeit und eines mäßigeren als des bisherigen Preises erfüllt, wird sie es außer von einzelnen Küstenstrichen aus kaum zu einer Massenausfuhr bringen. Bei dem hohen Nährwert und der massenhaften Verbreitung gerade dieses Gewächses in ganz Afrika ist das bedauerlich, aber vorläufig kaum zu ändern. Zu einem Handelsgegenstand ersten Ranges ist sie bis jetzt nur an einer Stelle geworden, auf den Kanaren, wo man ja auf eine bequeme Verbindung mit einem nicht sonderlich entfernten. Markte, zunächst namentlich mit London, rechnen konnte. Die Reichtümer der innerafrikanischen Bananenländer aber werden auf diese Weise kaum den europäischen Abnehmer erreichen. Hier bietet sich sowohl der Nahrungsmittelchemie wie der Technik der Konservenbehandlung entschieden eine lohnende Aufgabe. Ist doch nach der die Verbreitung der Bananenkultur darstellenden Karte R. Rung's das afrikanische Gebiet intensiver Bananenkultur etwa ebenso groß wie das asiatische, der Bedarf der viel kleineren Bevölkerungsziffer entsprechend ein viel geringerer.

Neben diesen unmittelbar der Ernährung dienenden Gewächsen treten nun die schon erwähnten Früchte für die höher kultivierten Gebiete bereits mit nicht unbeträchtlichen Mengen auf. Allerdings kann man den Handel mit ihnen noch nicht eigentlich als einen Zweig des Welthandels, wohl aber als nicht unwichtigen internationalen Vertrieb bezeichnen. Von den Früchten und Trauben der Gegenden mit von der unseren verschiedenen Reifezeit, die eben diesem Umstände ihre Bedeutung verdanken, ist bereits gesprochen worden. Indessen handelt es sich wegen der großen Entfernung gerade dieser Länder von denen Nordeuropas doch im wesentlichen um eine Luxusware. Nicht so bei Nordafrika, dessen Früchte so gut wie namentlich die frischen jungen Gemüse doch schon heute auch den mäßig Bemittelten zugänglich sind. Während sich die Ausfuhr frischer Früchte aus dem außertropischen Südafrika 1911 erst auf 970.000 M. bewerten ließ, erreichte der Wert der Gartenerzeugnisse allein in Algerien im gleichen Jahre schon fast 24 Millionen M., eine Summe, die bei intensiverer Bodenkultur in ganz Nordafrika einer außerordentlichen Steigerung fähig wäre.

Neben diesen erst in der Neuzeit auch in Europa geschätzten Erzeugnissen des afrikanischen Landbaues steht als ein Edelgewächs früherer Zeiten, das aber seinen Wert unverändert bis auf unsere Tage beibehalten hat und von dessen Vorhandensein das Dasein ganzer Volkskreise abhängt, die Dattelpalme. Mehr als viele Erzeugnisse von ganz bestimmten klimatischen Faktoren abhängig, konnte ihre Frucht nur unter ebenso eigenartigen Umständen, d. h. nur in einer Zone zu einem begehrten Handelsgegenstand werden, in der außerordentliche Lufttrockenheit auf natürlichem Wege die Erzielung einer Dauerware gestattete. Ihr von Th. Fischer auf das genaueste beschriebene Verbreitungsgebiet erstreckt sich über sämtliche Trockenländer Nordafrikas bis zum Sudan und sogar bis hinüber zu den Kanaren. Darüber hinaus hat sie in neuester Zeit ihren Einzug auch im außertropischen Südafrika gehalten, wo ihre Kultur allerdings auf den Süden und auf die regenarmen Flusstäler des Westens von Deutsch-Südwestafrika beschränkt bleiben dürfte, da anderwärts die Bedingungen der Fruchtreife nicht erfüllt sind. Übrigens ist auch die Dattel, im Lokalhandel der nordafrikanischen Länder sehr wichtig, im Verkehr mit europäischen Ländern noch immer ein Gegenstand des Luxusverbrauchs.

Zu den allgemeiner begehrten Dingen des Subtropenklimas gehört jedenfalls das feine Speiseöl, das die Olive liefert. Der Ölbaum beschränkt sich, soweit er für den Handel in Betracht kommt, auf den äußersten Norden Afrikas, seine intensive Kultur, ebenfalls nach Th. Fischer, auf die nördlichen Randgebiete des Atlas und der ihn östlich fortsetzenden Hochländer und Gebirge. Es ist jedenfalls ebenso ausgedehnt wie das südwesteuropäische; wenn es von diesem auch in der Erzeugung von Öl übertroffen wird, vermag es doch beträchtliche Mengen auszuführen. Nach Fischer ist freilich die Zucht des Ölbaums durch das Aufkommen vieler Ersatzöle (Erdnussöl usw.) weniger lohnend geworden. Es fragt sich deshalb, ob eine Erweiterung des Anbaues in Afrika zweckentsprechend ist, soweit sie nicht wie in Kalifornien auf die Gewinnung guter Speiseoliven ausgeht.

Alles in allem treten an wirtschaftlicher Bedeutung bis jetzt reine Nahrungsmittel und Früchte in Afrika in den Hintergrund gegenüber den Genussmitteln, da deren Erzeugung in plantagenmäßigen Betrieben während der ersten Entwicklung jugendlicher Kolonien eine höhere Rente verspricht als der Anbau und Vertrieb der vorher erwähnten Dinge.

Unter den Genussmitteln sind zwei bereits seit längerer Zeit auch von Afrika in den Welthandel gebracht, die erst in neuerer Zeit an Bedeutung gewonnen haben. Der Wein, ursprünglich nur von der Umgebung des Kap der Guten Hoffnung aus in wenigen, aber kostbaren Marken verschifft, wird heute auch von Algerien in zwar billigen, dafür aber um so massenhafter vertretenen Sorten ausgeführt.

Das Verbreitungsgebiet des Weines braucht nicht nur auf die winterfeuchten Gebiete der außertropischen Zone beschränkt zu bleiben. Hat doch sogar Abessinien vor Zeiten einen ziemlich ausgedehnten Weinbau besessen. Auch können trockene, aber bewässerbare Landschaften der Sommerregenländer, wie z. B. Teile von Südwestafrika, ebenfalls für den Anbau dieser wichtigen Pflanze in Aussicht genommen werden. Aber hauptsächlich wird sie doch wohl in den Ländern der ausgebreitetsten Pflege teilhaftig werden, in denen sie heute bereits eine Rolle spielt. Wie sehr das nordafrikanische Weinhandelsgebiet dabei das südafrikanische übertrifft, geht daraus hervor, dass im Jahre 1911 Algerien allein dem Werte nach genau das Hundertfache an Wein zur Ausfuhr brachte wie Südafrika.

Der zweite hierher gehörige Welthandelsartikel, der schon seit längerer Zeit von Afrika in größerem Umfange erzeugt wird, der Zucker, bildet nach unserer heutigen physiologischen Kenntnis eigentlich einen wichtigen Übergang von den Nahrungs- zu den Genussmitteln. Da er auch in Afrika selbst sehr begehrt ist, so verdient er die Aufmerksamkeit aller wirtschaftlichen Kreise, die sich mit diesem Weltteil irgendwie beschäftigen. Hier treffen wir zum ersten Male auf eine immerhin beachtenswerte Beteiligung Afrikas an den im Welthandel bewegten Mengen eines pflanzlichen Erzeugnisses. Es sind noch nicht einmal ausgedehnte Gebiete, in denen das Zuckerrohr in größerem Umfange gebaut wird. Und zwar ist es vorwiegend der Osten mit seinen Inseln, wo wir diese Pflanze angebaut finden. Zum nicht geringen Teil ist es weniger das Klima als die Leichtigkeit, mit der hier, in größter Nähe Südasiens, billige Menschenkräfte namentlich aus Indien herangezogen werden konnten, die nur in dem alten Zuckerlande Ägypten in ausreichendem Maße heimisch waren. Daher ist hier neuerdings zu den schon seit längerer Zeit Rohr bauenden Landschaften auch Mosambik mit schnell sich steigernden Mengen getreten, so dass Afrika, das 1903/04 erst 355.000 Tonnen Rohrzucker lieferte, 1912/13 mit 425.000 Tonnen immerhin mehr als 4 Prozent der Welterzeugung in Rohrzucker auf den Markt bringen konnte, etwa ein Sechstel der gleichzeitigen Produktion von ganz Britisch-Indien. Eine Steigerung hat diese Erzeugung freilich nur in den jüngeren Produktionsgebieten, also in Natal und Mosambik gegen den Anfang des Jahrhunderts zu verzeichnen gehabt.

Die am meisten geschätzten und deshalb wirtschaftlich auch besonders lohnenden Genussmittel im engeren Sinne haben nur in einem Falle dem Weltteil eine hervorragende Stellung in dem die ganze Erde umfassenden Handel bringen können. Das geschah beim Kakao, der schon im einleitenden Kapitel Erwähnung gefunden hat. Beim Tee lag die Sache insofern anders, als nur eines unter den in Afrika maßgebenden Völkern, das britische, sozusagen ein rein persönliches Interesse an der Ausdehnung der Teekultur hegt. Der Kaffeebau, eine in Afrika selbst seit langer Zeit heimische Kultur, hat endlich infolge der Monopolstellung Brasiliens mit so gewichtigen kaufmännischen Einflüssen zu rechnen, dass nur die Erzielung besonders hochwertiger Sorten ihn in unserem Weltteil hätte vorwärts bringen können.

So finden wir denn, da der Bedarf der meisten an der Erschließung Afrikas beteiligten Länder an Tee leicht von den bereits vorhandenen südasiatischen Ursprungsgebieten gedeckt wurde, in der Tat nur unter dem Einflüsse der Engländer entstandene Kulturen dieses Strauches innerhalb des großen Südkontinents. Auch sie beschränken sich wieder wesentlich auf den Osten, aus den schon angeführten Gründen, und zwar ist zu dem Hauptteelande, der Unterzone von Natal, Mauritius in allerdings nur kleinem Umfange und mit steigenden Anbauflächen seit 1901 auch das Nyassaland hinzugekommen. Doch wäre es ganz verkehrt, die Teekultur darum als nicht geeignet für andere afrikanische Landschaften anzusehen. A. Schulte im Hofe befürwortet vielmehr vom Standpunkte des erfahrenen Tropenlandwirtes entschieden Versuche in den deutschen Kolonien und ganz besonders in Kamerun.

Der Kaffee ist zwar in den Hochländern des Ostens heimisch, aber die Kultur dieses Baumes beschränkt sich im allgemeinen auf wenige kleine Gebiete in verschiedenen Gegenden. Die Richtigkeit meiner Ansicht, dass die persönliche Neigung des Engländers zum Tee die weitere Ausdehnung der Kaffeekultur in Afrika behindert hat, ergibt sich nicht allein aus dem starken Rückgang der Pflanzungen in Natal, sondern auch aus ihrem Fehlen in den für den Liberiakaffee geeigneten westafrikanischen Küstenländern. Wo wir bisher in englischen Kolonien Kaffeekulturen antreffen, handelt es sich um Gegenden, in denen er besonders gut gedeiht und damit als wertvoller Handelsgegenstand auch dem britischen Kolonisten begehrenswert erscheint. Eines dieser Gebiete ist das Nyassaland, ein anderes die gesamte Umgebung des Viktoriasees. Wilder Kaffee gelangt in kleinen Mengen aus verschiedenen ostafrikanischen Hochländern, in größeren dagegen und zugleich in besonderer Güte aus den südlichen Landschaften Abessiniens auf den Markt. Nach A. Kostlau wird aber in neuerer Zeit auch hier eine gewisse Sorgfalt bei der Ausbeutung der sehr ausgedehnten Bestände beobachtet, wenngleich von höherer Kultur nur im Harrargebiet, dessen Kaffeebäume übrigens aus Arabien eingeführt wurden, die Rede sein kann.

Die Ausfuhr von Kaffee aus Afrika ist noch sehr gering. Während aber im Westen eigentlich nur Liberia eine nennenswerte Menge in den Handel bringt, sind alle ostafrikanischen Länder von Mosambik bis Abessinien an der Ausfuhr beteiligt, so dass der Wert der über die Häfen des Indischen Ozeans ausgeführten Kaffeemengen den des Liberiakaffees etwa um das Zwölffache übersteigt. Von den 6.640.000 M., für welche Summe im Jahre 1912 ausgeführt wurde, kam etwas über die Hälfte auf Abessinien, demnächst etwa drei Zehntel auf die aus Deutsch-Ostafrika stammenden Mengen.

Hinsichtlich der Beteiligung Afrikas an der Erzeugung von Kakao mag auf die in der historischen Einführung gegebenen Zahlen verwiesen werden. Inwieweit zielbewusstes Vorgehen hier Erfolge zu erzielen vermag, zeigen mehr noch als in Kamerun die in der Goldküstenkolonie gemachten Fortschritte. Dort wurden 1897 erst 71.000 kg Kakaobohnen erzeugt, 1913 dagegen mit 51.200.000 kg genau ein Fünftel alles auf der Erde überhaupt geernteten Kakaos.

Ist schon diese durch ihr feines Aroma ausgezeichnete Frucht an die echt tropische, durch feuchtheißes Klima und geringste Temperaturschwankungen begünstigten Niederungen von Flachafrika gebunden, so gilt das in noch höherem Grade von der ganzen Reihe derjenigen Genussmittel, die wir auf Grund ihrer besonderen Eigenschaften als Gewürze bezeichnen. Gleichmäßige, der Treibhausluft ähnelnde Wärme und reichliche Feuchtigkeit sind eben fast immer erforderlich, um jene chemisch hochwertigen ätherischen Stoffe hervorzubringen, die den Charakter des echten Gewürzes bedingen. Außer in der gedachten Zone treffen wir sie deshalb auf dem Boden Afrikas nur noch auf einigen Inseln des Indischen Ozeans, wo sie ähnliche Lebensbedingungen vorfanden wie in den Niederungen um den Meerbusen von Guinea. Handelt es sich auch in den meisten Fällen um von außen zugewanderte Pflanzen, so haben sie doch in kleinerem Umfange eine gewisse Bedeutung für den Handel mit den dieser Stoffe gänzlich entbehrenden Ländern der kühleren Zonen gewonnen. So ist die Gewürznelke von höchstem Wert für die Sansibargruppe, die Vanille ein nicht unwichtiger Ausfuhrartikel einiger anderer Inseln im Indischen Ozean, namentlich auf Madagaskar, geworden. Zu erwähnen ist ferner der Ingwer von Sierra Leone. Auch offizinell dürften diese Striche bei weiterer Erschließung noch manch wertvolles Erzeugnis der Pflanzenwelt liefern, wie sie dies in der westafrikanischen Kolanuss bereits seit einer Reihe von Jahren getan haben. Schließlich muss noch eines Genussmittels gedacht werden, das ebenfalls für bestimmte Landschaften als wichtige Ergänzung der Pflanzungskulturen angesehen werden darf, des Tabaks. Er gedeiht sowohl in den außertropischen wie in den tropischen Gegenden und wird auch von den Eingeborenen gezogen. Für uns haben indessen nur die in den Händen von Europäern oder von Nordafrikanern befindlichen Pflanzungen besonderes Interesse. Es können, wie die neueren Erfahrungen in Kamerun zeigen, auch recht gute, für die Zigarrenindustrie geeignete Sorten erzielt werden. Die Anpflanzung ist noch einer sehr großen Ausdehnung fähig.

In erwähnenswerten Mengen wird afrikanischer Tabak vorläufig erst aus Nordund Südafrika auf den Markt gebracht. In Südafrika steigt zwar die ausgeführte Menge seit einigen Jahren, steht aber bei dem großen Eigenverbrauch weit hinter der von Algerien ausgeführten zurück. Zu den südafrikanischen Tabakländern haben in letzter Zeit sich auch Rhodesien und das Nyassaland mit ziemlich großen Mengen gestellt; das zuletzt erwähnte Gebiet führte 1911 etwa für doppelt so viel Tabak aus wie das ganze nichttropische Südafrika zusammen.

Entsprechend dem in der Einleitung berücksichtigten Umschwunge der wirtschaftlichen Wünsche der Kulturvölker hat man seit zwei Jahrzehnten das Hauptaugenmerk auf die Rohstoffe liefernden Gewächse Afrikas gerichtet. Daher hat der Weltteil in dieser Beziehung bis jetzt an Wichtigkeit noch mehr gewonnen denn als Lieferant von Genussmitteln, den Kakao allenfalls ausgenommen. Er war dadurch begünstigt, dass er zwei besonders gesuchte Handelsartikel schon vor der Zeit der politischen Aufteilung durch die Europäer hervorbrachte, zu denen dann im Laufe der Jahre einige andere, noch stark zu erweiternde Kulturen gekommen sind. Es sind dreierlei Arten von pflanzlichen Stoffen, die für die Verarbeitung im großen den Industriestaaten in neuerer Zeit immer unentbehrlicher geworden sind und die sie daher auch auf afrikanischem Boden zu erlangen suchen, die verschiedenen Arten von Fetten, die elastischen Pflanzensäfte und endlich die durch nichts zu ersetzenden Pflanzenfasern.

Es ist ein für die Erschließung afrikanischen Neulandes günstiger Umstand, dass zwei für die Fetterzeugung besonders wichtige Gewächse in großem Umfange in seinen durch echtes Tropenklima ausgezeichneten Strichen gedeihen. Das erste, die Elaeis guineensis, die Ölpalme, sogar als eine hier beheimatete Nutzpflanze, die zweite, die Kokospalme, wenigstens in einem Gebiet bereits in weiter Verbreitung vorhanden. Die Ölpalmenzone umfasst namentlich das feuchtheiße Flachafrika. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich im Westen bis 12° n. Br., dann zieht die Grenze ihres Vorkommens bis zum 2.° n. Br. hinunter, den sie unter dem 30.° ö. L. erreicht. Ihre Ostgrenze verläuft ein wenig östlich vom Tanganjika nach Süden bis in die nordwestlich vom Njassasee gelegene Landschaft, während die Südgrenze annähernd mit dem zehnten Breitengrade zusammen fällt. Außerhalb dieses von H. Schad kartographisch festgelegten natürlichen Verbreitungsgebietes finden wir sie in Kultur an einigen Stellen der ostafrikanischen Küste sowie in den zwischen Loanda und Mossamedes gelegenen Strichen von Angola.

Die Produktion leidet nach F. Hupfeld heute noch sehr unter den urwüchsigen Ausnutzungsmethoden der Schwarzen. Auch die Art der Aufbereitung lässt viel zu wünschen übrig, Seiner Ansicht nach bildet der europäische Pflanzungsbetrieb eine einstweilen geradezu unerlässliche Vorbedingung zur Ausdehnung auch der Eingeborenenkultur. Hupfeld hat berechnet, dass eine einzige Plantage von 4.000 ha die bisherige mittlere Ausfuhr von Kamerun liefern könnte. Daraus ist zu ersehen, welch großen Einfluss die Ausdehnung des europäischen Plantagenbaues auf die Vermehrung dieser Ausfuhr haben müsste.

Von großem Interesse für den Handel ist endlich die von H. Schad gegebene Zusammenstellung des Anteils der verschiedenen Gebiete an den ausgeführten Mengen. Im Jahre 1907 führten die deutschen Kolonien in Westafrika, Togo und Kamerun 5 Prozent des Gesamtwertes an Erzeugnissen der Ölpalme aus, die französischen also Senegal, Guinea, Elfenbeinküste, Dahome und Französisch-Kongo 13, die Britischen, Gambia, Sierra Leone, Goldküste, Lagos und Südnigeria aber nicht weniger als 82 Prozent des damals auf 90 Mill. M. zu veranschlagenden Ausfuhrwertes. Weitaus alle anderen Gebiete übertrifft die Kolonie Südnigerien, auf die von dieser Summe allein zwei volle Drittel kamen. Im Jahre 1911 war der Wert der aus diesem einen Gebiet ausgeführten Palmölmengen und der Palmkerne sogar auf mehr als 85 Mill. M. angewachsen.

An zweiter Stelle unter den Fette liefernden Pflanzen steht auch in Afrika die Kokospalme. Die unter dem Adamen Kopra in den Handel kommenden getrockneten Nüsse dieser edelsten unter allen Palmen stehen bei uns in Deutschland unter den eingeführten Ölrohstoffen sowohl der Menge wie dem Werte nach an zweiter Stelle.

Leider liefert Afrika diesen ungemein wichtigen Handelsgegenstand bisher nur in geringer Menge. Obwohl die Kokospalme, entgegen den Anschauungen weiter Kreise, durchaus nicht an die Küsten gebunden ist, sondern durch die Araber über Tabora hinaus bis an den Tanganjikasee gebracht ist und dort Früchte reift, obwohl sie ferner bis 1.000 m und unter Umständen noch höher hinauf vorkommt, beschränkt sich ihr jetziges Verbreitungsgebiet in unserem Kontinent vorwiegend auf den Osten und hier wieder in erster Linie auf die Sansibargruppe, namentlich auf die Inseln Sansibar und Pemba, und auf die Küsten von Deutsch-Ostafrika. Indessen trifft man sie auch in den übrigen Küstengegenden und in großer Menge auf den Inseln bis nach Madagaskar hin.

In Westafrika ist sie nach P. Preuss an der ganzen Küste von Angola bis Kamerun und von Calabar bis Senegambien hin vereinzelt und in Gruppen anzutreffen; aber die Ausfuhr von Kopra beschränkt sich vorläufig noch auf wenige Stellen. Da nach demselben Autor die Nüsse auch auf der Ostseite in großen Mengen zu anderen Dingen als zur Erzeugung von Kopra benutzt werden, so ist nicht weiter auffallend, dass Afrika von den um 1910 aus allen Kokosgegenden der Welt ausgeführten mehr als 500.000 Tonnen Kopra und 70.000 Tonnen Kokosöl (ebenfalls nach Preuss) nur mit verschwindend geringen Mengen beteiligt ist. Selbst Sansibar, der Hauptausfuhrhafen der Ostseite, verfrachtete 1911 nur rund 10.000 Tonnen Kopra. Wie man sieht, stellt auch in diesem Falle die Zukunft den Plantagenbau vor eine dankbare Aufgabe, um so mehr, als ja gerade diese Palme eine Verwertung recht verschiedener Art gestattet und als sie nach der Angabe von P. Preuss sich auch ganz hervorragend zur Eingeborenenkultur eignet.

An dritter Stelle unter den Ölfrüchten steht die überall in den afrikanischen Tropen verbreitete Erdnuss (Arachis hypogaea), die ja nebenbei auch als Speisenuss in den nordischen Ländern Verwendung findet. Da aber die Erdnüsse auch von den Eingeborenen in großen Mengen verbraucht werden, so bleibt sie in den Ausfuhrlisten mit gutem Grunde hinter den beiden anderen Ölfrüchten zurück. Dasselbe gilt vom Sesam, der namentlich in den ostafrikanischen Ländern einschließlich Abessiniens als altes Kulturgewächs angetroffen wird. Das einzige Gebiet, das hier größere Mengen der beiden Ölfrüchte ausführt, ist Deutsch-Ostafrika und Uganda, während selbst ein verhältnismäßig gut kultiviertes Gebiet wie Südnigerien nur 700 Tonnen Erdnüsse verfrachteten (1911).

Für den Bedarf an pflanzlichen Fetten kommt neuerdings auch als Nebenerzeugnis des Baumwollbaues der Samen dieser Pflanze in Betracht. In größerem Umfange liefert ihn bisher natürlich nur Ägypten, das von diesem auch als Futtermittel benutzten Stoffe großen Nutzen zieht. Während er früher im Lande selbst verfüttert wurde, bildet er jetzt nach Schanz 7 bis 9 Prozent der ägyptischen Gesamtausfuhr, die hauptsächlich nach England und Deutschland gerichtet ist.

Nicht uninteressant ist ein Vergleich der ausgeführten Mengen der verschiedenen Ölfrüchte in ihrem gegenseitigen Verhältnis auf der West- und der Ostseite des Kontinents, wozu als Vergleichsgebiete die beiden ein wenig höher kultivierten Kolonien Togo und Deutsch-Ostafrika gewählt sind.

Die Ausfuhr der Hauptölfrüchte nach dem Gewicht in Hundertteilen betrug 1912:
Ölpalmprodukte Kopra Erdnuss Sesam
Togo 98,5 1,0 0,5 -
Deutsch-Ostafrika - 34,7 50,0 15,4

Schwankt auch der Ertrag der einzelnen Erzeugnisse je nach der Ergiebigkeit der verschiedenen Jahre, so gewähren die vorstehenden Zahlen doch einen guten Einblick in die Verschiedenheit der einzelnen afrikanischen Produktionsgebiete von Ölfrüchten. Mehrerer lokaler Handelsgegenstände dieser Art wie der westafrikanischen Schibutter ist wegen der Geringfügigkeit der Ausfuhr dabei nicht besonders gedacht worden.

Fast dieselbe Bedeutung wie die Ölfrüchte haben die den Pflanzensäften entstammenden Rohstoffe erlangt. Von alters her boten die Steppen des Weltteiles dem Kauffahrer ein Harz, das namentlich von bestimmten Akazienarten erzeugt wird und das für manch kleineres Gebiet zu einem wichtigen Ausfuhrgegenstand wurde. Das Gummi dieser Gegenden nahm seinen Weg schon lange bis zu den Kulturvölkern des Nordens, und so erklärt sich der Wunsch, neue Herkunftsländer dieses Baumharzes zu erschließen. Wenngleich man solche auch in den Steppen des inneren Süd- und Südwestafrika zu sehen glaubt, ist der Handel vorläufig noch auf die alten Ursprungsländer angewiesen. Es sind die den Tropen benachbarten Striche, namentlich im Westen und im Osten des Sudan, es ist ferner das Somaliland; sie sind heute noch als wichtigste Gummiländer zu nennen. Während z. B. ganz Südafrika diesen Gegenstand neuerdings erst in sehr geringfügiger Menge in seinen Ausfuhrlisten aufführt, wird er allein in Britisch-Somaliland 1912 mit 338 Tonnen angegeben.

Dem Gummi und den ihm verwandten Harzen schließt sich der Kopal an, den wir als fossiles Harz sowohl an der Ost- wie an der Westküste der Tropenzone kennen und der in der Herstellung von Lacken eine gewisse Bedeutung erlangt hat.

Kein Stoff der hierhergehörenden Pflanzenerzeugnisse hat indessen die Bedeutung gewonnen wie die unterschiedlichen Sorten des Kautschuks. Wild kommen die verschiedenen, diesen unentbehrlichen Stoff liefernden Gewächse in allen Teilen des tropischen Afrika einschließlich Madagaskar vor. Am weitesten verbreitet sind die Landolphien, denen wir von Senegambien bis nach der erwähnten Insel hin begegnen. Daneben aber findet sich im Innern von Westafrika die baumförmige Kickxia elastica Preuss, vereinzelt kommt auch Wurzelkautschuk in den Handel. Neuerdings wird auf Plantagen in Ostafrika auch südamerikanischer Kautschuk gezogen. Größere Bestände der wilden Kautschukpflanzen finden sich in den inneren Landschaften nördlich vom Meerbusen von Guinea sowie im Innern von Angola und ganz besonders im Kongobecken, wo sich namentlich das große Gebiet südlich vom Äquator zwischen dem Tanganikasee und dem Grenzlande von Angola durch seinen Reichtum an solchen auszeichnet. Dass Afrika im Welthandel mit Kautschuk ursprünglich in den Hintergrund trat, zeigt schon die von O. Warburg gegebene Berechnung für das Jahr 1897, nach der Afrika damals mit 13.000 t ein knappes Drittel der gesamten Produktion der Erde geliefert hat. Seither ist, durch die Steigerung der Ausfuhr aus den erwähnten Binnenländern, die absolute Menge afrikanischen Kautschuks zwar gestiegen, doch ist sein Anteil am Welthandel seit dem Eintreten Südostasiens mit seinen Massen von Plantagenkautschuk kaum viel günstiger zu beurteilen. Brachten doch bereits 1911 die Straits Settlements allein 4.700 t Pflanzungskautschuk zur Ausfuhr gegen nur 3.400, die vom belgischen Kongogebiet aus zur Verschiffung gelangten.

Dass auch in Afrika die Aufzucht von diesen Stoff liefernden Gewächsen große Aussichten auf Erfolg bietet, muss an dieser Stelle erwähnt werden. Schon im Jahre 1908 übertraf die von Deutsch-Ostafrika ausgeführte Menge von Pflanzungskautschuk mit 218 t diejenige des von wilden Pflanzen stammenden. Dass aber auch der afrikanische Kautschukhandel unter der südasiatischen Massenerzeugung zu leiden hatte, zeigen die Maßnahmen, die wie z. B. die Ermäßigung von Frachtsätzen und Ausfuhrzöllen selbst für den Verkehr mit wildem Kautschuk von der Verwaltung des französischen Kongolandes im Jahre 1912 getroffen werden mussten. Seine wirtschaftliche Bedeutung gerade für die erwähnten Länder seines Hauptvorkommens ergibt sich wohl am besten daraus, dass er im Jahre 1911 für das Gebiet von Französisch-Kongo volle vier Fünftel vom Wert des Spezialausfuhrhandels trug, während das entsprechende Verhältnis selbst im belgischen Kongolande sich trotz seiner viel größeren Ausfuhr auf sieben Zehntel belief.

Neben dem Kautschuk will das Vorkommen einzelner Gutta enthaltender Pflanzen, unter anderem im südlichen tropischen Afrika vorläufig nicht viel bedeuten.

In der Reihe von Gewächsen, denen wir uns nunmehr zuwenden, den Faserpflanzen, hat keine eine so grundlegende wirtschaftliche Bedeutung erlangt wie die Baumwolle, deren für den Handel ebenfalls recht wertvolles Nebenerzeugnis, der ölhaltige Samen, vereits Erwähnung gefunden hat. Keine zweite Pflanze nimmt in der Erörterung afrikanischer Wirtschaftsfragen einen so breiten Raum ein wie sie, die Erzeugerin des wichtigsten Spinnstoffes der Neuzeit. Und das mit Recht, denn gerade in diesem Weltteil finden sich die Bedingungen für die Entwicklung sehr großer Kulturen, das sind die Ausdehnung der für ihren Anbau geeigneten Flächen und das Vorhandensein einer verhältnismäßig dichten Bevölkerung in gleichem Grade erfüllt. In dem an und für sich recht günstigen indischen Produktionsgebiet sind wegen der ungeheuren Volksmenge der Erweiterung der Anbauflächen natürliche Schranken gezogen; in dem tropischen Südamerika dagegen, wo Land genug vorhanden ist, fehlt es völlig an Menschen. Auch fragt sich, ob der, mit Recht oder Unrecht beanspruchte, aber doch zweifellos vorhandene politische Einfluss der nordamerikanischen Union gerade im Süden der neuen Welt die Entwicklung eines ihre Vorherrschaft auf dem Baumwollmarkte bedrohenden Zweiges der Landwirtschaft ohne Gegenmaßnahmen dulden würde.

So hat sich denn bei dem unstillbaren Baumwollhunger, der alle Kulturvölker der Erde ergriffen hat, eine Reihe der verdientesten Männer aus wissenschaftlichen wie praktischen Kreisen um die Ausbreitung des Baumwollbaus in Afrika bemüht, wobei die größten äußeren Erfolge dank den ausgezeichneten wirtschaftsgeographischen Vorbedingungen von England, die höchsten wissenschaftlichen und dank der deutschen Tatkraft trotz nicht so guter Vorbedingungen recht beachtenswerte praktische auch von deutscher Seite erzielt worden sind. Das Hauptverdienst hierbei gebührt auf diesem Felde dem kürzlich verstorbenen Vorsitzenden des kolonialwirtschaftlichen Komitees, K. Supf, doch ist auch dem Verständnis der Reichsregierung und ihrer Beamten außerordentlich viel zu danken. In wenig erfreulichem Gegensatz dazu stehen die geringen Ergebnisse der französischen Bestrebungen, obwohl der bisherige Besitzstand an afrikanischen Kolonien gerade dies Land zu ganz anderen Leistungen in Stand setzte.

Die Notwendigkeit, zu den bisherigen Baumwolländern neue im tropischen Afrika zu gewinnen, ergibt sich wohl am besten aus der geringen Zunahme des mit dieser Pflanze bebauten Geländes in älteren nichtamerikanischen Gebieten. In Indien stieg es zwar bis in den Anfang des Jahrhunderts; der Zuwachs betrug von 1897 — 1905 noch rund 50 Prozent des Anfangsjahres, seitdem aber hat bis 1911 diese Zunahme nur noch 2 Prozent betragen. Und in Ägypten beträgt die Zunahme nach den von M. Schanz mitgeteilten Zahlen von 1909 — 1912 kaum noch 8 vom Hundert, während sie in dem für den Handel viel weniger bequem gelegenen Uganda in der gleichen Zeit auf das Fünfundzwanzigfache stieg.

Die dem Baumwollbau von der Natur selbst gezogenen Grenzen sind so weit, dass sie in horizontaler Richtung eigentlich ganz Afrika mit Ausnahme des äußersten Südens umfassen. Die Höhenlage setzt ihm ebenfalls nur in Südafrika eine dem Äquator näher liegende Grenze, denn nach W. R. Eckardt's Feststellungen weicht sie in Südwestafrika erst vom nördlichen Hererolande ab den klimatischen Einflüssen, während sie nach Kostlau in Abessinien auch in der erst in 1.800 m Seehöhe beginnenden Mittelregion, der Woina-Dega, gut gedeiht.

Die Baumwollkultur in Afrika reicht weit zurück, doch darf man nicht vergessen, dass der Handel mit den Industriestaaten die Einführung bestimmter Sorten in die zum Anbau geeigneten Ländern voraussetzt. Was in dieser Beziehung, besonders im Tropengebiet Afrikas, geschehen ist, beschränkt sich noch auf verhältnismäßig sehr kleine Flächen. Wollen wir indessen die Verbreitung des Baumwollbaues ganz im allgemeinen berücksichtigen, so genügt die Feststellung nach der Karte von Warnack, dass er außer in Nordwestafrika und Ägypten vorwiegend über ein Gebiet sich ausbreitet, in dem abermals die beiden erwähnten Grundlagen in höherem Grade als anderwärts bestehen, d. i. in ganz Westafrika, wo wir sogar ein Land mit intensiverer heimischer Kultur in Nigerien vorfinden. Außerdem treffen wir den Baumwollbau in weiterer Verbreitung nur noch auf der Ostseite des Weltteils, was teilweise auch hier mit der höheren Kultur der Eingeborenen selber begründet werden kann. Innerhalb des großen und alle wichtigen Länder umfassenden Güterumsatzes, den wir als Welthandel bezeichnen, nimmt indessen bis heute erst die Baumwolle eines einzigen Produktionsgebietes, Ägyptens, eine erwähnenswerte Stelle ein. Die in den letzten Jahren (bis 1912) sich ungefähr gleichbleibende Erzeugung dieses Landes mit rund 330.000 t übertrifft somit unendlich die der ergiebigsten unter europäischem Einflüsse stehenden Baumwollgegenden im übrigen Afrika. Selbst Uganda erreichte zu jener Zeit (1911) erst eine Menge von 5.290 t.

Bedenkt man, dass Baumwollpflanzungen von europäischer Seite im tropischen Afrika erst seit dem Beginn des laufenden Jahrhunderts angelegt oder unter den Eingeborenen gefördert sind, so ist das bisher Erreichte immerhin beachtenswert. Denn der Baumwollbau hatte mehr als manch andere Kultur mit der Teuerkeit des Transports zu rechnen, der sich in vielen Gegenden, wie z. B. in Deutsch-Ostafrika, erst in neuester Zeit verbilligt hat. Wenn deshalb die Fortschritte eines einzelnen Gebietes wie etwa Ugandas größer sind als diejenigen, welche die südlicheren Landschaften während desselben Zeitraumes aufzuweisen hatten, so liegt das nicht an deren geringerer klimatischer und bodenchemischer Eignung im allgemeinen, sondern vor allem daran, dass die genannte Landschaft am Viktoriasee bereits seit längerer Zeit eine Bahnverbindung mit dem Meere besaß.

Wie erfreulich die bisherigen Leistungen sind, zeigt jedenfalls die Steigerung der Ausfuhr aus den Kolonien derjenigen drei Staaten, in denen man systematisch mit der Begründung von Baumwollkulturen vorgegangen ist, also der englischen, französischen und deutschen Besitzungen. Es führten aus:
Tonnen zu 1000 kg
1905 1911
Die englischen Kolonien 1179 7058
Die deutschen Kolonien 308 1598
Die französischen Kolonien 19 388*)
Zusammen 1506 9044

Wird die Baumwolle an wirtschaftlicher Bedeutung im Welthandel von keiner anderen Gespinstpflanze auch nur annähernd erreicht, so gilt das fürs erste noch nicht für alle afrikanischen Gegenden, Im Bereich der ostafrikanischen Pflanzungen wird sie von dem Hanf der Sisalagave heute noch weit übertroffen. Obwohl von außen erst vor einer Anzahl von Jahren eingeführt, hat sich dies Gewächs infolge des ungeheuer gesteigerten Bedarfs an Hanf so sehr einzubürgern vermocht, dass der Wert des Sisalhanfs im Jahre 1912 den der in demselben Jahre ausgeführten Baumwolle um das Zweiundeinhalbfache überstieg und mit 7 1/3 Mill. M. nicht viel weniger als ein Drittel des Wertes der gesamten Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Herkunft betrug.

An sonstigen Faserpflanzen ist Afrika arm, doch ist damit keineswegs gesagt, dass nicht die eine oder andere weite Verbreitung finden könnte. Einstweilen ist der von Agaven gewonnene Hanf die einzige Faser, die im Handel des Weltteils mit Europa genannt zu werden verdient. Da die Einführung der Sisalkultur, ein dauerndes Verdienst Hindorf's, vorläufig nur in Ostafrika stattgefunden hat, so beschränkt sich das Interesse der auf dieses Rohprodukt angewiesenen Kreise vorläufig auch auf das genannte Gebiet.

*) Hier ist die algerische Ernte mit inbegriffen, die sich damals auf 165 t stellte.

Dass einige im Kontinent heimische Fasergewächse in größerem Umfange auch für die europäische Industrie nutzbar zu machen sind, ist nicht gut zu bezweifeln. Versuche dazu sind u. a. von einer französischen Firma im Grenzlande von Abessinien mit der in dessen Steppen heimischen Sansevierafaser gemacht worden. A. Kostlau, dem wir diese Angabe verdanken, verweist aber vor allem auf die im Hochlande von Abessinien überall angebaute Bananenart der Musa ensete, deren Bast sich für eine Reihe von Seilerwaren vortrefflich eignen soll. Dagegen findet der Hanf, der in vielen Gegenden Afrikas von den Eingeborenen gebaut wird, keine Verwendung als Fasergewächs, sondern liefert ihnen in seinen getrockneten Blättern ein betäubendes Mittel zum Rauchen.

Mit der zunehmenden Bevölkerung der Kulturstaaten wuchs auch ihr Bedarf an Gerbstoffen. Man hat deshalb in den letzten Jahrzehnten auch nach dieser Richtung hin die ursprünglichen Pflanzenbestände Afrikas gemustert. Um nur ein Beispiel anzuführen, betrug zwischen 1907 und 1912 nach den Angaben H. Bodenstab's das Übergewicht der allein von Deutschland eingeführten Gerbstoffe über die Ausfuhr 2 ½ — 3 Mill. dz. Nun besitzt Afrika eine Reihe von gerbstoffhaltigen Pflanzen, von denen allerdings manche, wie etwa die Rinde des im Norden von Südafrika verbreiteten Mopanebaumes. die das mit ihr behandelte Leder braunrot färbt, sich kaum zur Ausfuhr nach Europa eignen dürften. Anders schon die Mangroverinde. Die an Gerbstoffen reichste ist nach dem eben genannten Sachverständigen die der Mangrovewaldungen auf der Ostseite des Kontinents und hier hat man bereits (im Küstenland von Deutsch-Ostafrika) mit forstmäßig betriebener Ausbeutung begonnen. 1911 wurden von dort bereits 86.000 dz Mangroveholz zu Gerbezwecken in Deutschland eingeführt. Auch von Madagaskar wurden bereits beträchtliche Mengen dieser Rinde verschifft. Daneben kommen nach Bodenstab namentlich Mimosen und Akazien in Betracht, von denen die in Britisch-Südafrika angepflanzten Mimosen bereits ziemlich große Mengen Rinde auf den Markt bringen. Der Anbau namentlich der Gerberakazie ist für einen großen Teil der süd- und ostafrikanischen Steppen als besonders wichtig empfohlen worden. Auch die Schoten einzelner Akazienarten werden, u. a. aus Westafrika, zu gleichem Zwecke in den Handel gebracht. Endlich kommt auch die für die Gerberindustrie sehr wichtige, hauptsächlich in Indien verbreitete Katechuakazie in den Baumsteppen von Ostafrika häufig vor, wird aber dort noch nicht ausgebeutet. Auch sie würde sich in diesen ihr zusagenden Ländern anbauen lassen. Bodenstab hält weiter den Anbau eines der besten Gewächse dieser Art. des westaustralischen Eucalyptus occidentalis, in einzelnen Landschaften Afrikas, so z. B. im Hererolande, für möglich und wünschenswert.

Neben diese industriellen Zwecken dienenden Wald- bzw. Baumkulturen tritt schon jetzt die Ausnützung der natürlichen Holzbestände. Eine Art von Nutzhölzern die eigentlich am meisten gebraucht wird, das leicht zu bearbeitende Bauholz, fehlt in den Waldbeständen dieses Weltteils so gut wie unter den Holzgewächsen der Steppen. Daher bildet es nicht nur im Süden und Norden, sondern auch in den tropischen Ländern einen nicht unbeträchtlichen Teil der aus Europa oder Amerika stammenden Einfuhr. Nicht allein die Union von Südafrika führte 1910 und 1911 je für mehr als 20 Mill. M. Bau- und Arbeitshölzer ein, sondern selbst das Kongogebiet empfing solche von außerhalb und unser so waldreiches Kamerun musste 1912 trotz der verhältnismäßig geringen Zahl von weißen Bewohnern für 300.000 M. Bau- und Nutzholz von außerhalb beziehen.

Dagegen bergen die Wälder Afrikas eine Fülle hochwertiger, für Möbelherstellung und ähnliche Verwendung sehr geeigneter Nutzhölzer. Wenn diese bisher noch nicht entfernt in einer dem natürlichen Reichtum der Waldlandschaften entsprechenden Menge zur Ausfuhr gelangten, so liegt das lediglich an Transportschwierigkeiten und an der Höhe der Frachten. Der Wert afrikanischer Hölzer ergibt sich daraus, dass in Hamburg 1912 für Mahagoni vom Kongo 135—180 M. für 50 kg (nach H. Büchel) gezahlt wurden.

Der Holzhandel wird sich am ehesten in der Waldzone von Äquatorialafrika, also vom GuineagoK und dem Kongogebiet aus beleben lassen. Doch kommen auch einzelne andere Gebiete in Betracht, so z. B. für das Ebenholz auch Madagaskar. Die Ausfuhr, die zunächst fast ganz auf den Erzeugnissen der in der Nähe der Küste oder in bequemer Verbindung mit ihr gelegenen Ländern beruht, erreichte im Jahre 1910 von den um den innersten Golf von Guinea sich lagernden Ländern den Wert von 3 ¼ Mill. M. Beinahe drei Fünftel dieser Summe kamen allein auf die Ausfuhr des Gabungebietes.

Schließlich darf eine Pflanze nicht unerwähnt bleiben, die für einzelne nordafrikanische Landschaften eine gewisse Bedeutung erlangt hat. Dies ist das in den Steppen dieser Länder gedeihende Halfagras, das namentlich von der englischen Papierindustrie sehr begehrt ist. Die mit diesem Gewächs bestandenen Flächen sind recht ausgedehnt. Algerien führte 1911 für 5 ½ Mill. M. aus; hier und in Tunis schätzt man die Halfafläche nach M. Schanz auf 1.500.000 ha.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wirtschaftsgeographie von Afrika