Wien im Schneesturm 1893

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 17. 1893
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Wien, Schneesturm, Verkehrsstörung, Unwetter,
Der Anfang des Jahres 1893 hat für die östliche Hälfte der österreichisch-ungarischen Monarchie heftige Schneestürme gebracht, die nicht nur im Gebirge und auf dem flachen Lande, sondern auch in den großen Städten erhebliche Verkehrsstörungen im Gefolge gehabt haben. In Wien, wohin uns das Bild auf S. 409 versetzt, wirkte das Unwetter gleich einer öffentlichen Kalamität und drohte das ganze Leben und Treiben der Weltstadt an der schönen blauen Donau zum Stocken zu bringen.
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Das Schneetreiben begann am Abend des 2. Januar, dauerte die ganze Nacht und den folgenden Tag durch an (Skizze 1), verstärkte sich Abends gegen zehn Uhr bei zunehmendem Sturme noch und hörte erst am 4. Januar gegen Mittag auf. Diesem anhaltenden Rasen der empörten Elemente, auf das Niemand vorbereitet war, zeigten sich selbst die reichen Hilfsmittel der Großstadt nicht gewachsen. Schon am 3. war es nicht mehr möglich, die Fahrbahnen und Gehwege frei zu machen, obwohl sofort der ganze Apparat der für solche Fälle verfügbaren Maschinen- und Menschenkräfte aufgeboten und Tausende von Hilfskräften als Schneeschaufler und -Kehrer neu in Dienst gestellt wurden (Skizze 4). Auf den Ringstraßen war ebenso wenig durchzukommen, wie in den Gassen der Vororte, Niemand wagte sich ohne die äußerste Notwendigkeit auf die Straßen, und wer doch dazu gezwungen war, den sah man sich mühsam durch Sturm und Schnee Schritt für Schritt seinen Weg erkämpfen. Noch mehr, als am Tage vorher, machte sich die Verkehrsstörung am 4. Januar fühlbar, die Milchhändler hatten am Morgen keine Milch, da sie nicht im Stande gewesen waren, zu den Bahnhöfen zu gelangen; und die Strecke nach dem Zentral-Friedhof war, trotzdem Hunderte von Leuten an ihrer Freimachung mit zahlreichen Kehrmaschinen und Schnee pflügen (Skizze 3) arbeiteten, so verweht, dass nur unter größter Anstrengung die Leichentransporte ausgeführt werden konnten.

Die beiden Pferdebahngesellschaften, die Transportgesellschaft und die 18 Bezirksvertretungen hatten gegen 14.000 Menschen, 62 Schneepflüge und Salzwagen in angestrengter Tätigkeit, auf den meisten Strecken musste mit Vorspann gefahren werden, und doch gelang es nicht, die Straßen und Geleise soweit zu säubern, um den Verkehr überall aufrecht zu erhalten. Den einzigen Vorteil, den dieses Unwetter brachte, hatten die Tausende von Arbeitslosen, die sich oft in der dürftigstem Kleidung einfanden, um durch Schneeschaufeln und Hilfeleistung bei der Abfuhr (Skizze 2) des Schnees ein paar Gulden zu verdienen.

Wien im Schneesturm 1893

Wien im Schneesturm 1893

Wien im Schneesturm 1 - 1893

Wien im Schneesturm 1 - 1893

Wien im Schneesturm 2 - 1893

Wien im Schneesturm 2 - 1893

Wien im Schneesturm 3 - 1893

Wien im Schneesturm 3 - 1893

Wien im Schneesturm 4 - 1893

Wien im Schneesturm 4 - 1893