Wie erhalten wir unsere Gesundheit? - Augenpflege und Erhaltung der Sehkraft unserer Kinder.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1929
Autor: Dr. Thraenhart., Erscheinungsjahr: 1929

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Sehkraft, Augen, Erblinden, Sinnesorgane,
Die Sinnesorgane sind im Verein mit unserm Geiste die Vermittler der Außenwelt. Namentlich durch die Pforten der Augen zieht allmählich der Geist in den Körper ein. Man sieht es den Augen des kleinen Kindes an, wie sie allmählich klarer und verständnisvoller um sich blicken. Deshalb ist es nötig, von klein auf diesem lebenswichtigen Organ stete Pflege zu widmen, namentlich durch sorgfältiges Fernhalten aller Schädlichkeiten. Fast die Hälfte aller Erblindungen stellt sich bis zum fünften Lebensjahr ein, weil während dieser Zeit namentlich die eitrigen Augenentzündungen eine verheerende Wirkung ausüben.

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Man muss die Augen der Kleinen immer wieder durch recht zartes Wischen und Waschen mit feinem Tüchlein von schleimigen Ausscheidungen reinigen, in denen sehr gern Entzündungserreger und andere Krankheitskeime sich einnisten. Beim Baden und Waschen dürfen die Augen niemals mit demselben Schwamm berührt werden, mit dem die anderen Körperteile gereinigt sind. Auch die Hautpflege des gesamten Körpers ist von sehr günstigem Einfluss auf das Sehorgan. Jedem Augenarzt sind Fälle von sogenannten skrofulösen Augenerkrankungen bekannt, die ohne besondere Behandlung schon dadurch heilten, dass man die Kinder tagtäglich sorgfältig am ganzen Körper warm wusch. Besonders achte man auf etwaige Kopfausschläge oder auf eitrigen Nasenschleim, an dem die Kinder mit den Fingern wischen und kratzen und ihn dann auf die Augen übertragen. Oft werden auch in leichtsinniger Weise die empfindlichen, sich entwickelnden Augen der kleinen Kinder dem grellen, blendenden Licht ausgesetzt. Vorsichtig sei man daher beim Ausfahren im Kinderwagen; am besten sind solche mit umklappbarem Verdeck, das je nach Stellung der Sonne entweder vorn oder hinten vor greller Blendung schützt. Auch kann nicht dringend genug gewarnt werden vor dem verhängnisvollen „Scherz“ mancher Kinder, mit den in einem Spiegel aufgefangenen Sonnenstrahlen einander zu blenden.

Im schulpflichtigen Alter mache man die Kinder immer wieder darauf aufmerksam, dass die grellen Sonnenstrahlen beim Lesen, Schreiben, Weißnähen am Fenster oder im Garten nicht den Gegenstand ihrer Tätigkeit bescheinen dürfen, weil dies die Augen schädigt. Derlei Beschäftigungen sollen auch nicht in der abendlichen Dämmerung oder im Zwielicht (Tages- und Lampenlicht zugleich) vorgenommen werden, denn bei schwindender Helligkeit, bei matter Beleuchtung ist das Auge zu immer größerer Anstrengung gezwungen, es überanstrengt sich. Zur ungeschwächten Erhaltung der Sehkraft, besonders zur Verhütung von Kurzsichtigkeit, warne man alle Schulkinder beim Lesen, Schreiben, Nähen und dergleichen vor dem tiefen Niederbeugen des Kopfes („Geradesitzen“!) und vor dichter Annäherung der Augen an den Arbeitsgegenstand; der Abstand der Augen von der Arbeit soll gegen vierzig Zentimeter betragen. Stellt sich bei einem Kinde ein äußerliches Augenleiden ein, wie sichtbare Trübung, Schleimabsonderung, Verklebung oder gar Eiterung, so ziehe man sogleich einen Facharzt zu Rate und lasse es rechtzeitig gründlich behandeln. Dasselbe gilt, sobald man entstehende Kurzsichtigkeit bemerkt.

Das gesunde Augenlicht ist wahrlich ein kostbares, unersetzliches Gut, „eine edle Himmelsgabe“, wie Schiller sagt. Schon seine Schwächung erschwert jedem Menschen die Erfüllung der Berufspflichten und beeinträchtigt jeden Lebensgenuss. Und gerade im Kindesalter sind Schädigungen dieses noch sehr empfindlichen Organes am einschneidendsten und nachhaltigsten.