Wie die Blankenburger ihr Trinkwasser bekamen

Autor: Ueberlieferung
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Ihr Trinkwasser, erzählte ein alter Harzer, verdanken die Blankenburger meinem Urahn. Dieser hatte die Obermühle in Pacht, sein Bruder drunten die Untermühle. Dem Untermüller fehlte es nicht an Arbeit; aber er gönnte keinem Menschen etwas und war neidisch auf seinen Bruder, der nach seiner Meinung mehr verdiente als er. Hatte er nicht genug Wasser, so behauptete er, sein Bruder hätte es abgeschützt, nur um ihm zu schaden. Es gab Brotneid und zuletzt bittere Feindschaft.

Als einstmals der Untermüller viel Wasser benötigte, ging er mit einer Hacke hinauf zum Teich, um dort Erdreich hinwegzuschüren, damit das Wasser stärker seiner Mühle zubrauste. Als er in voller Arbeit war, kam der Obermüller hinzu und machte ihm Vorwürfe über solch unerlaubtes Beginnen. Bald erscholl Schimpf auf Schimpf und fiel Schlag auf Schlag. Zuletzt hob der Untermüller die Hacke und erschlug den Bruder.



Da saß der Müller dann bald im Gefängnis, neben einem Bergmann, dem auch der Strick für begangene Missetaten gewiß war. Er jammerte, daß es ihn bitter reue und er alles gutmachen wolle an des Bruders Witwe. Der Bergmann hörte die Klagen seines Gefährten, hatte aber keine Reue, sondern nur Haß und Bitterkeit gegen alle Menschen, am meisten gegen seine Mitbürger.

“Wenn die wüßten, was ich ihnen zu Liebe tun könnte”, sagte er, wurden sie mich gern laufen lassen. “Aber sie sollen nichts Gutes von mir erfahren.” Solche Reden führte er täglich, bis ihn der Müller nach dem Sinn der Andeutung fragte. Zuletzt konnte der Bergmann nicht widerstehen und sagte, mit der Wassernot in Blankenburg wäre es zu Ende, wenn er reden würde.



Das erweckte des MülIers Lebensmut und Hoffnung. Er quälte den Bergmann so lange, bis dieser ihm den Ort beschrieb, von wo sie gutes Wasser für die Stadt haben konnten. Und als er’s erfahren hatte, sagte er es demBüttel, er konne der Stadt einen guten Dienst leisten, wenn· ihm das Leben geschenkt wurde. Der Büttel sagte es dem Burgermeister, und dieser beratschlagte mit dem.gesamten Rat, was zu tun sei. Als alle vernommen hatten, daß alle Wasser bekommen könnten für die Stadt da gelobten sie dem Muüller und dem Bergmann die Freiheit.

Diese schlugen nun einen Stollen, und bald hatte Blankenburg das schönste, klarste Wasser. Sie wurden freigelassen, und nun sorgte der Müller redlich für die Hinterlassenen seines Bruders.