Wir informieren die Welt

Unsere größte Aufgabe bestand darin, in Briefen oder in Berichten mitzuteilen, was sich im Lager abspielte. Die enormen Vergasungen — wie überhaupt diese Tötungsart — wurden selbst von denjenigen, die lange Jahre in der Illegalität gegen Hitler gekämpft hatten und die unendlichen Grausamkeiten der Nazis kannten, nicht geglaubt.

Wir, die wussten, dass Auschwitz die größte Menschenvernichtungsstätte der Welt ist, die es je gegeben hat, waren uns darüber im klaren, nur wenn die Welt weiß, was sich hier abspielt, kann uns geholfen werden; denn nichts fürchteten die SS-Verbrecher so sehr wie die Öffentlichkeit.


Wir beschafften uns, nachdem uns bekannt war, dass von einigen polnischen Kameraden im Lagerbereich, wie auch in Krakau, Kurzwellengeräte installiert worden waren, die Verbindung dorthin und versuchten, einiges Material über die Zustände und den Massentod im Lager an die Öffentlichkeit zu bringen.

Insbesondere aus Krakau wurde an einen den Polen in London gehörigen Apparat gesendet. Wir wussten zwar genau, dass man uns hört, aber der Londoner Sender, wie auch die Weltpresse, brachten unsere Nachrichten nicht. Wir erlebten wieder die Enttäuschung, dass uns nicht geglaubt wurde, selbst diesen Stellen klangen unsere Berichte zu phantastisch.

Erst Mitte 1944, als der Vormarsch der Sowjetarmee den Engländern keine andere Möglichkeit ließ, die zweite Front zu errichten, begannen die Veröffentlichungen großen Stils. Wir verfassten nun einen Aufruf der Gefangenen in den deutschen Konzentrationslagern und hatten die freudige Genugtuung, ihn selbst vom Ausland bei heimlichem Abhören zu vernehmen.

Um dieser Arbeit eine feste Grundlage zu geben, schufen wir eine Redaktionskommission, bestehend aus den österreichischen Kameraden Arbert Haas und Otto Heller. Diese Kameraden sammelten Material, schrieben Reden und Aufsätze; aber auch andere arbeiteten, ohne dass sie im einzelnen wissen durften, wofür es war, gelegentlich mit. So schrieb uns einmal eine 17jährige jüdische Slowakin ihre besonders grausamen Erlebnisse im Lager. Als wir diesen Artikel absandten, lebte die Schreiberin nicht mehr; sie war inzwischen ein Opfer von Auschwitz geworden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Widerstand in Auschwitz