Evakuierung

Die Sowjetoffensive begann. Nach vielem hin und her, ob wir nicht doch noch vernichtet werden sollten, wurde die Evakuierung des Lagers beschlossen und durchgeführt bis auf die Kranken, die im Lager zurückgelassen wurden. Es bestand eigentlich der Plan, das Lager mit den Kranken in die Luft zu sprengen; aber erstens war durch Häftlinge ein Teil des Materials dazu weggeschafft worden. Zweitens ging der sowjetische Vormarsch sehr schnell vor sich.

Am 18. Januar 1945 morgens setzte die Evakuierung ein. Erst gingen 1.500, mittags 4.000 und dann der Rest. 600 der Gehfähigen blieben noch zwei Tage, dann verließen auch sie das Lager. Wir marschierten in der Nacht ab und legten in den nächsten Tagen den Weg bis Loslau zurück (ungefähr 80 Kilometer). Jeder, der schwach wurde und zurückblieb, wurde von der SS erschossen. Wir sahen neben vielen Männern einmal während einer Wegstunde etwa 200 Frauen erschossen am Wege liegen. Bei den Übernachtungen im Freien, in den nächsten Nächten erfroren Hunderte. Im offenen überfüllten Kohlenwagen fuhren wir dann einige Tage bei 16 bis 18 Grad Kälte. Zuerst sollte es nach Groß-Roosen gehen, da aber nach dort der Weg nicht mehr frei war, fuhren wir nach Mauthausen in Oberösterreich, wohin wir auch einen großen Teil unserer Widerstandsorganisation mit überführten. Unterwegs wurden noch einige gute Kameraden aus Birkenau bei Fluchtversuchen erschossen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Widerstand in Auschwitz