b) An die Mutter: - Fort Vermillion (Alberta), 8. Oktober 1929.

Liebe Mutter!

Nun sitze ich hier im Schein des Nordlichts in einem Orte, wo die Welt wirklich mit Brettern zugenagelt ist, und noch ein Stückchen dahinter. Denn das Gewerbe eines wandernden Zeitungsschreibers bringt einen manchmal in seltsame Erdenwinkel. Aber schön ist es hier! So warm und sonnig wie nur je ein Oktobertag bei uns zu Hause. Indianer, Bären und Elche gibt es auch, sodaß ich wieder allerlei Interessantes erleben konnte, aus dem sich schöne Artikel machen lassen, die ich aber erst nach der Rückkehr in Edmonton schreiben werde, denn hier ist es nicht am besten bestellt mit den Schreibgelegenheiten.


Von hier mache ich mich so langsam auf den Rückweg, denn der Winter steht vor der Tür, und ich möchte zurück sein, ehe alle Flüsse ganz zufrieren.

Seit meiner Abreise habe ich keine Post mehr bekommen, und ich wundere mich, wie zuhause alles aussieht. Noch mehr wundere ich mich darüber, daß es, wenn ich es eben nachrechne, erst sieben Wochen her sind, seit ich von Hamburg abfuhr. So viel habe ich seither erlebt, so fern scheint einem das alles, hier in diesem Lederstrumpflande!

Das neue Buch ist inzwischen wohl schon vom Stapel gelaufen in die unsichere See der Launen des bücherkaufenden Publikums. Was es für Geschäfte machen wird? Ich habe eigentlich gute Hoffnungen. Jedenfalls habe ich mein Teil daran getan und sage mir nun mit Shakespeares Jago: »Unheil, du bist im Zuge, nimm welchen Lauf du willst!«

Doch nun muß ich schließen, denn in einer halben Stunde geht das Schiff mit der Post den Fluß hinauf, und das wird für eine Weile die letzte Gelegenheit sein. Mit vielen Grüßen

Dein

Kurt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Weltwanderers letzte Fahrten und Abenteuer