Erste Fortsetzung

Wollen wir zu einer richtigen Vorstellung von der Bildung eines Kaufmannes kommen, wie er sein sollte, so tun wir am besten, uns zunächst über den Begriff von Kaufmann überhaupt zu verständigen. Da in Bayern Kaufmann und Handelsmann als gleichbedeutend gelten, so glauben wir nichts Überflüssiges zu unternehmen, wenn wir bei dieser Gelegenheit die Unterschiede zwischen beiden Benennungen hier nachweisen, und an dieselben noch einige andere Definitionen anreihen, wie sie Schibes Universal-Lexikon der Handelswissenschaften unter dem Artikel „Handelsleute" aufstellt.
Der Etymologie des Wortes „Handelsleute" nach sollten eigentlich alle Personen ohne Unterschied, welche aus dem Handel ihr gewöhnliches Gewerbe machen, Handelsleute genannt werden. Diese Definition gibt auch das französische Handelsgesetzbuch; dasjenige für das Königreich der Niederlande (jetzt Holland und Belgien) und das spanische, beide nach der Übersetzung von Fr. Ch. Schuhmacher Assekuranz-Mäkler in Hamburg, so wie das preußische Landrecht, bezeichnen diese Personen als Kaufleute. Die österreichischen Gesetze nennen sie im Allgemeinen Händler, und teilen sie demnach in Klassen ab.

Obgleich manche Sprachgelehrte das Wort „Handelsmann" dem Worte „Kaufmann" vorziehen, dieses als unrichtig oder gar als überflüssig halten, und die Gesetze der verschiedenen Staaten in der generellen Beziehung der Handeltreibenden, wie oben gezeigt wurde, von einander abweichen, was sogar in Frankreich der Fall ist, wo bald das Wort nnégociant, bald marchand, bald commercant, wechselweise vorkommt, so ist doch im kaufmännischen Sprachgebrauche, so wie im praktischen Handel von jeher ein Unterschied zwischen Kaufmann, Handelsmann und Händler gemacht worden, und dies um so mehr, da der Kaufmann nur in Städten sein Domizil hat, während die beiden andern auch in kleinen Orten, in Dörfern wohnen können. Der Kaufmann will mit Recht nicht „Handelsmann", noch weniger „Händler" genannt sein. „Handelsmann ist ihm zu generell, denn es versetzt ihn mit Handeltreibenden, die ihm in jeder Beziehung mehr oder minder nachstehen, auf gleiche Stufe; unter dem Worte „Kaufmann" versteht er einen Mann, der höher steht als einer, der bloß handelt, kauft und wieder verkauft. Der Handelsmann, wie er eigentlich im Handel zu verstehen ist, der Kleinhändler und der Krämer stellen sich ihrerseits bei allen Gelegenheiten auf Kosten des Titels „Kaufmann", gern um einige Stufen höher; sie wollen nicht Handelsleute, sondern Kaufleute sein, und wenn sie sich auch keinen richtigen Begriff von den Erfordernissen zum Kaufmanne machen können, so ist ihnen doch bei allen ihren beschränkten Kenntnissen und pekuniären Mitteln um den Kaufmannstitel zu tun, weil sie ihn als einen Ehrentitel betrachten. So war es z. B. in früheren Zeiten, vor 60, 100 und mehr Jahren, was noch alte Handelsbriefe bezeugen, üblich, auf die äußere Adresse eines Briefes, der an ein großes Handlungshaus gerichtet war, unter dem Namen des Adressaten die Worte „berühmten Kauf- und Handelsherrn" zu schreiben, woraus sich deutlich ergibt, dass der Kauf- und Handelsherr über dem Handelsmanne stand, und so wie Alles im Handel nach und nach durch den Gebrauch entstanden ist, so mag dieser auch den Unterschied, den man noch heut zu Tage, und dies mit Recht, zwischen dem Kaufmanne und Handelsmanne macht, herbeigeführt haben. Der Erste, der unsers Wissens als kaufmännischer Schriftsteller diesen Unterschied richtig und scharf bezeichnet hat, war Joh. Mich. Leuchs in Nürnberg, in seinem Systeme des Handels; er hat ihn von der praktischen Seite aufgefasst.


Der Gegenstand im Allgemeinen, zu welchem alle Handelsleute eines Ortes oder eines Landes gehören, lässt sich in 3 Hauptklassen Zerfällen: 1. in den höheren Handel (le oommerce en gros), 2. in den mittleren Handel (la moyenne classe commercante) und 3. in den niederen Handel (le petit commerce). Er wird nicht nur nach der Größe des Warenumsatzes, sondern auch nach der Art und Weise, wie er betrieben wird, und nach den Hilfsmitteln, die angewendet werden, beurteilt. Jede dieser Classen besteht für sich allein, es können aber auch zugleich Groß- und Kleinhandel mit einander verbunden sein. Geht man zur nähern Bezeichnung der handeltreibenden Personen über, so sind es folgende:
Kaufmann (négociant) soll eigentlich nur derjenige genannt werden, dessen Gewerbe es ist, aus entfernten Orten Waren zu beziehen, um sie wieder an seinem Orte oder nach entfernten Orten abzusetzen; der also zum Betriebe seines Geschäfts Korrespondenz, Buchhaltung, Wechsel u. s. w, ein Handlungspersonal anwendet, und die erforderlichen höheren Kenntnisse besitzen muss. Treibt ein solcher seinen Handel bei verschlossenem Gewölbe, so dass er nämlich seine Ware in Ballen, Fässern, Kisten, in ganzen Stücken, dem Zentner nach, überhaupt im Großen verkauft, so wird er Großhändler, Grossirer (négociant en gros) genannt; sein Handel ist Großhandel, Handel im Großen (commerzce en gros). Zur Klasse des Kaufmannsstandes, wie sich dieser eigentlich nach den hier gegebenen Begriffen herausstellt, gehören auch die Bankiers, die Assekurateure, Reeder und die Handlungshäuser, die sich mit Kommissions- und Speditionsgeschäften abgeben.

Handelsmann (marchand) ist eigentlich nur derjenige zu nennen, welcher seine Ein- und Verkäufe in kleinen Partien in Person besorgt, und zum Betriebe seiner Geschäfte die höheren Handelskenntnisse entbehrt oder sie entbehren kann, und seine Geschäfte meistens mündlich abtut; dazu also den Handel und die dabei vorkommenden schriftlichen Arbeiten, so wie das Wechselwesen nicht wie der Kaufmann zu erlernen braucht.

Unter Kleinhändler (in Österreich Kleinhandelsleute), Detaillist, Krämer, Kramer (marchand en détail, marchand détailleur) versteht man überhaupt alle Diejenigen, welche im Kleinen verkaufen; allein sie unterscheiden sich wieder dem Geschäfte nach, so wie auch nach der Art und Weise, wie es betrieben wird. Ein Kaufmann kann z. B. auch im Kleinen verkaufen, und da, wo eine Innung ist, Krämer zugleich sein, er wird daher nur nebenbei Detaillist genannt werden, weil er im Großen einkauft, und das Detailgeschäft mehr Nebensache bei ihm ist, ein solcher wird also Kaufmann sein. Ist Einer aber nur Kleinhändler, so versteht man darunter einen solchen, der ein geringfügiges Geschäft hat, zu dessen Betreibung er die Ware an seinem Orte oder in dessen Nähe einkauft, um sie wieder an Andere im Einzelnen aus der Hand zu verkaufen, was man Handverkauf nennt, zu welchem Behufe er nicht nötig hat, den Handel zu erlernen, und dem daher Buch und Rechnungswesen fremd ist. Sein Geschäft heißt Kleinhandel, Kram, Krämerei, Handkauf (commerce en détail). Die Krämer werden nach dem Wohnorte, wo sie ihr Geschäft treiben, in Stadt- und Landkrämer unterschieden; zu letzteren gehört der Dorf-Krämer. Krämer, welche mit ihrer Ware im Lande herumziehen, und sie von Haus zu Haus feil bieten, bilden die unterste Klasse von Krämern und heißen Hausierer (marchand colporteurs) und ihr Handel ist Hausier-Handel (colportage).