Wasserstoff als Heizmaterial - Die Energie der Zukunft

Aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt. Nr. 1. 1864. – Herausgeber Erst Keil.
Autor: Redaktion: Die Gartenlaube. U. K., Erscheinungsjahr: 1864

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Wasserstoff, Heizung, Wasser, Sauerstoff, Eisenoxyd, Kohlensäure, Energie, Verbrennung, Elektrizität, Erneuerbare Energie, elektrische Batterie
Wie so oft schon läuft auch jetzt wieder durch die Zeitungen die Nachricht, dass es gelungen sei, „aus dem Wasser das Wasserstoffgas auf so billige Weise herzustellen, dass man dasselbe zur Kesselheizung und dergleichen statt Kohlen mit großem Vorteil benutzen könne". Der Glückliche, der diesmal den Ring von unschätzbarem Wert besitzt, ist ein Spanier Namens Munde, und nach der „Revista minera“ sollen mit nach seiner Methode erzeugtem Wasserstoffgase die Dampfmaschinen des Schiffes „Antilope" bereits geheizt worden sei.

Das ist möglich aber „mit Vorteil" — das ist unmöglich. Warum? Wasser besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff, der erstere ist ein brennbares Gas. Beim Verbrennen verbindet er sich mit Sauerstoff und bildet damit eben wieder Wasser. Während der Vereinigung der beiden Bestandteile erzeugt sich, wie bei jeder Verbrennung, Hitze und diese ist bei der Verbrennung von Wasserstoff ganz besonders groß, so dass es begreiflich erscheinen kann, warum so Viele immer und immer wieder die Idee der Wasserzersetzung verfolgt haben.

Aber was würde man von einem Manne sagen, der am Ufer eines Sees, aus welchem kein Abfluss stattfindet, eine Wassermühle anlegen wollte, indem er das mit Hilfe einer Dampfmaschine aus dem See emporgehobene Wasser auf das Wasserrad fallen und das letztere dadurch in Bewegung setzen lässt? Man würde ihn für albern halten, weil sich Jeder sagen muss, dass ihm das Wasser nicht mehr Kraft geben kann, als die Dampfmaschine zum Schöpfen notwendig hat, und dass es viel zweckmäßiger sein muss, gleich von der Dampfmaschine das Mühlwerk treiben zu lassen, als eine Menge kraftzehrender Mittelwerte dazwischen zu legen.

Genau denselben Fehler, wie der Seemüller, begehen aber alle diejenigen, welche aus dem Wasser den Wasserstoff abzuscheiden versuchen, um ihn dann zu verbrennen. Denn das Wasser lässt nicht etwa seinen Wasserstoff so gutmütig fahren, — die Trennung seiner Bestandteile erfordert ebensoviel Kraft, als die Wiedervereinigung derselben, die Verbrennung des Wasserstoffs, durch die Wärme auszuüben im Stande ist. Dies Gesetz ist ganz unumstößlich — bestände es nicht, dann allerdings könnten unversiechliche Kraftquellen eröffnet werden, das Perpetuum mobile wäre gefunden und die Arbeit stände umsonst zu Diensten. Allein es herrscht unerbittlich durch die ganze Natur, und ebenso wie kein Teilchen des Stoffes verloren geht, wird auch keine Spur von Kraft durch irgend eine Vorrichtung gewonnen, das heißt: aus Nichts erzeugt. Wir können die vorhandenen Kräfte nur umwandeln: Wärme in mechanische Kraft (Dampfmaschine), mechanische Kraft in Elektrizität (Selektiermaschine), Elektrizität in Magnetismus und umgekehrt Magnetismus in Elektrizität, wie es in elektromagnetischen Apparaten geschieht. Die Pflanze nimmt Licht und Wärme auf und macht dadurch chemische Prozesse, welche Licht und Warme geliefert haben, wieder rückgängig; sie braucht Licht und Wärme, um die durch Verbrennung entstandene Kohlensäure wieder in verbrennbare Kohle zu verwandeln, und die Muskelkraft der Tiere und Menschen erhält sich schließlich durch ganz analoge Prozesse, wie die Spannung des Dampfes unter dem Kolben der Maschine, durch die chemische Verwandlung (Verbrennung) der Nahrungsmittel im Innern des Körpers.

Das Wasser vermögen wir auf verschiedene Weise zu zersetzen: wir können es über glühendes Eisen leiten, sodass dieses den Sauerstoff daraus anzieht und den Wasserstoff frei macht; wir können es mit Zink und Schwefelsäure zusammenbringen, wobei ebenfalls der Sauerstoff sich mit dem Metall verbindet; wir können die Pole einer elektrischen Batterie hineinleiten und verschiedene andere Mittel anwenden, — aber es gibt keins, welches im Großen und Ganzen auch nur den geringsten Vorteil brächte. Das Eisen müssten wir aus dem Eisenoxid in welches es sich durch Sauerstoffaufnahme verwandelt, das Zink aus dem Zinkoxyd wieder herstellen, was' durch Kohle zu bewerkstelligen ist; wir würden aber dabei finden, das; eine Kohlenmenge dazu nötig wäre, welche, für sich verbrannt, mindestens ebensoviel Hitze gäbe, als der auf Umwegen erzeugte Wasserstoff beim Verbrennen liefert. Die galvanische Batterie müssen wir durch Eisen, Kupfer, Schwefelsäure und dergleichen speisen, allein die Erzeugung dieser Produkte kostet uns, wenn bei der Darstellung auch nicht das geringste Teilchen für uns verloren ginge, genau ebensoviel, als der Wasserstoff für Zwecke der Heizung wert wäre und dies Resultat zeigen uns ebenso alle andern Verfahrungsarten der Wasserzersetzung.

Durch Hintertüren und auf krummen Wegen lässt sich der Natur nichts abgewinnen, wohl aber verlieren wir dabei an Zeit und durch die unausgesetzte Ausstrahlung der Wärme während dieser Zeit auch an Kraft.

Unter Umständen kann allerdings eine solche Umwandlung Vorteile bringen, es muss aber dieselbe dann eine andere Krafterscheinung darbieten, Wärme muss z. B. in Licht sich verwandeln oder nutzbare chemische Prozesse hervorrufen, nicht aber, wie hier, Wärme, die billigste Form der physikalischen Kräfte, wieder in Wärme verwandelt werden.

Kohle und die kohlenstoffhaltigen Produkte des Pflanzenreichs sind die einzigen natürlichen Brennmaterialien. Alle andern können wir uns erst mit ihrer Hilfe in verbrennbarer Form herstellen, während sie sich durch die nie mangelnde Licht- und Wärmestrahlung der Sonne aus ihren Verbrennungsprodukten immer aufs Neue und von selbst wieder erzeugen. Sie sind Sparbüchsen der Sonneneinwirkung (Insolation), welche wir zu unserm Nutzen leeren; alle andern sind bloße Wechselbänke, an denen wir Provision und Zinsen verlieren, — sie sind deswegen die billigsten und die Idee der Wasserzersetzung zu Zwecken der Wärmeerzeugung ist ein national- und universalökonomischer Unsinn, der mit dem Perpetuum mobile genau auf gleicher Stufe steht.

Explosion des Luftschiffes Hindenburg am 6. Mai 1937

Explosion des Luftschiffes Hindenburg am 6. Mai 1937