Warschauer Streiflichter 1937

Aus: Jüdisches Gemeindeblatt. Köln, 7. Mai 1937 Nummer 19 - 7. Jahrgang
Autor: Redaktion: Jüdisches Gemeindeblatt, F. N., Erscheinungsjahr: 1937

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Juden, Judentum, Polen, Warschau, Schächtung, Fleischergewerbe, Schlachtung,
Es wird gemeldet, dass die polnischen Fleischerverbände den zuständigen Ministerien eine Denkschrift überreicht haben. In der ein vollständiges Verbot des Schächtens gefordert wird. Es wird erklärt, dass die hinteren Teile der Schlachttiere von den jüdischen Fleischern tief unter dem Preis verkauft werden, wodurch das nichtjüdische Fleischergewerbe geschädigt wird. Es heißt, dass eine Abordnung der christlichen Fleischer sich demnächst an Frau Pryster, die Urheberin des Tierschlachtungsgesetzes, mit dem Ersuchen wenden wird, sie möge zu Beginn der kommenden Session des Sejm völliges Verbot der Schechita beantragen.

Die Exekutive der Nationaldemokratischen Partei hat in einer Entschließung die vollständige politische Entrechtung der Juden gefordert, da diese einer Konsolidierung des polnischen Volkes im Wege stünden. Ferner wird die Beseitigung der Juden aus dem Wirtschaftsleben verlangt. - In Warschau wurde eine Konferenz des Verbandes der Stadtgemeinden Polens eröffnet. Ein von den nationaldemokratischen Delegierten gestellter Antrag, eine neue Bestimmung einzuführen, wonach Juden in die Exekutive und die Organe des Städtebundes nicht wählbar sein sollen, wurde vom Vorsitzenden als verfassungswidrig nicht zur Abstimmung gebracht.

Vor kurzem ist der frühere evangelische Pastor Mosche Schiff, der zwölf Jahre lang bei der evangelischen Judenmission in Warschau gewirkt hat, zum Judentum zurückgekehrt. Gleichzeitig hat er seine Knaben, die evangelisch getauft waren, dem Judentum zugeführt.

An der Warschauer Handelshochschule ist es wieder zu judenfeindlichen Exzessen gekommen. Als der Rektor einschreiten wollte, wurde er mit faulen Eiern beworfen.

Der Leiter des Missionshauses, Gitlin, ebenfalls ein getaufter Jude, hat bald nach diesem Schritte Schiffs gegen ihn eine Anzeige wegen krimineller Vergehen erstattet. Auch ist Schiff auf der Straße überfallen und misshandelt worden. Es besteht der Verdacht, dass die Angreifer von dem Leiter des Missionshauses gedungen waren, dessen Beschuldigungen gegen Schiff sich als haltlos erwiesen haben. Gegen Gitlin wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.

Die schwere Notlage der Juden wird von der Judenmission zu verstärkter Tätigkeit ausgenutzt. Das Warschauer Rabbinat hat festgestellt, dass es Missionaren gelungen ist, achtzig arme jüdische Kinder in Warschau zum Abfall vom Judentum zu bringen. Sie wurden ohne Wissen der Eltern im Missionshaus zwecks Vorbereitung der Taufe unterrichtet. Das Rabbinat hat Maßnahmen getroffen, um der Taufpropaganda entgegenzuwirken.

Rinder (3)

Rinder (3)

Warschau 001 Der Altmarkt

Warschau 001 Der Altmarkt

Warschau 002 Ansicht von E. Dahlbergh 1656

Warschau 002 Ansicht von E. Dahlbergh 1656

Warschau 003 Dziekania-Gasse

Warschau 003 Dziekania-Gasse

Warschau 004 Turm der Jesuitenkirche

Warschau 004 Turm der Jesuitenkirche

Warschau 005 Alte Häuser, Kanonie

Warschau 005 Alte Häuser, Kanonie

Warschau 006 St. Johann-Kirche

Warschau 006 St. Johann-Kirche