Der künstlerische Charakter der Stadt.

Es gibt im allgemeinen zwei Arten von Kunststädten. Diejenigen, die als Gesamtkunstwerk wirken, wie Venedig oder Rothenburg und solche, die hauptsächlich dank der noch erhaltenen Baudenkmäler zu den Kunststädten zählen, obwohl ihr heutiges Aussehen nur teilweise einen künstlerischen Charakter aufweist. Das Künstlerische dieser Städte kommt nur fragmentarisch zur Geltung und wird oft durch moderne Umgebung seiner Wirkung beraubt. Zu dieser Gruppe gehört auch Warschau.

Die territoriale Entwicklung Warschaus ging, aus verschiedenen Gründen, andere Wege als die meisten Städte mittelalterlicher Tradition. Die neue Stadt breitete sich nicht konzentrisch aus, wie z. B. Wien, Krakau oder Leipzig, sondern ging der Weichsel entlang. Diese Entwicklungsrichtung muss als rationell bezeichnet werden, denn fast alle Städte , die unmittelbar an breiten Strömen liegen, wie z. B. Dresden, Florenz oder Lyon, zeigen dasselbe Ausbreitungsbestreben. Diesem Umstand verdanken wir in Warschau die außerordentlich gute Erhaltung des mittelalterlichen Stadtkerns mit den anliegenden Straßen, wie auch das verhältnismäßig wenig veränderte Aussehen der aus den 17. und 18. Jahrhunderten stammenden Stadtteilen mit zahlreichen barocken Kirchen und Palästen. Die alte und die ältere Stadt bieten viele schöne Durchblicke, geschlossene Plätze und interessante Straßenanlagen im Gegensatz zu den neueren Stadtteilen, die nach dem langweiligen Schachbrettmuster mit unglücklichen Stern- und Verkehrsplätzen angelegt sind.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Warschau
Warschau 001 Der Altmarkt (Stare Miasto)

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