Vierte Fortsetzung

Um zu der Hauptpforte zu gelangen, müssen wir über eine Anzahl alter Leute in braunen Kutten, ähnlich jenen der Franziskaner, aber ohne Kapuze, hinübersteigen, welche dort, Männer und Weiber gleich kostümiert, auf den Treppen herumliegen. Dicke, lange Prügel, Anmiete an Hals und Gürtel, lassen sie als Pilger, wohl tief aus dem Inneren des Reiches kommend, erkennen, und scheint es, dass sie dieses Geschäft gewerbsmäßig betreiben. Alle sind barfuß. Das Geschlecht war fast nicht zu unterscheiden; bei den Weibern war die angeborene Zartheit der Züge durch allerlei Einwirkungen längst verloren gegangen, am Kinne sprossten reichlich lange Barthaare, grau und weiß, um das Gepräge holder Weiblichkeit noch mehr zu verwischen.

Das Innere der architektonischen Missgestalt bildet fünf, unter sich ganz getrennte runde Kirchen, von massigem Umfange, welche nur durch enge, mannshohe Gänge unter sich verbunden sind. Nur eine derselben, ist stets offen, die anderen wurden uns aufgesperrt. Eine jede derselben eignet sich einen der fünf Hauptkuppeltürme, welche alle innen bis zur Spitze hohl sind, als Dach an. Die Bemalung der Wände ist roh, — blau, gelb und rot untereinander, und steht auf niederer Stufe der Kunst. Es bleibt geradezu unbegreiflich, wie Iwan, genannt der Schreckliche, von diesem Wunderbau so entzückt gewesen sein kann, dass er, wie die Legende behauptet, nach der Vollendung dem Baumeister die Augen ausstechen ließ, damit er nicht im Stande sei, noch irgendwo einen zweiten, diesen vielleicht übertreffenden, auszuführen, mindestens ihn zu erreichen.


Das heutige Russland weiß seine Architekten und ihre wirklich erstaunlichen Leistungen anders zu lohnen?

Unfern der ebengenannten Basiliuskirche nimmt eine andere Merkwürdigkeit uns in Anspruch, nämlich sechstausend Verkaufsläden unter einem Dache. Es ist der weit ausgedehnte Kaufhof (Gostinoi-Dwor), eigentlich ein mit Arkaden überbautes, rostförmig durch viele Parallelen verbundenes Quadrat. Man denke sich jedoch keine eleganten Bazars, wie sie in den Passagen von Paris, Brüssel und Mailand sich dem Auge darbieten. Die Ausstattung ist die denkbar einfachste, aber für das Bedürfnis ausreichend, wie dem Zwecke entsprechend. Die verschiedenen Warengattungen sind hier nicht untereinander gemischt, sondern jede einzelne Branche ist nur in ihrer bestimmten Reihe zu finden. Dieser Bazar bietet eine Promenade, welche man Tage lang fortsetzen kann, und stets Neues sieht.

In einer Zwischenbude wurde ein kühlendes, leicht moussierendes Getränk ausgeschenkt, welches Kisly-Schtschi genannt wird, und wie wir bestätigen müssen, sehr durstlöschend ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen im westlichen Russland