Abschnitt 3

Rheinsberg


Zwischen Boberow-Wald und Huwenow-See
oder
Der Rheinsberger Hof von 1786 bis 1802


Wir haben bis hierher den Durchschnittstag des Rheinsberger Hoflebens beschrieben; was ihn unterbrach, waren Besuche, die kamen, oder Ausflüge, die gemacht wurden. Noch seltener, wie schon hervorgehoben, waren Festlichkeiten. Aber auch dieser Ausnahme ist Erwähnung zu tun.

Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Namen. Es waren: Baron Knyphausen, Baron Knesebeck, zwei Barone Wreich (auch Wreech geschrieben), Capitain von Tauentzien, Major von Kaphengst, Baurat Steinert, Kammerrat Lebeauld, Graf La Roche-Aymon und Graf Röder. Von letzterem bin ich außerstande gewesen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.

Baron Knyphausen. »Unter den dem Prinzen Heinrich am aufrichtigsten ergebenen Personen«, so schreibt Thiébault in seinen »Souvenirs«, »befanden sich auch zwei Barone Knyphausen, von denen der eine, Baron Dodo von K., längere Zeit preußischer Gesandter in Paris und London gewesen war. Er führte den Beinamen der ›große Knyphausen‹ oder ›der alte‹, zur Unterscheidung von einem jüngern Träger desselben illustren Namens, der ›le beau Knyphausen‹ hieß. Dieser letztre gehörte dem Rheinsberger Kreise nur auf kurze Zeit als Hofkavalier an. Er vermählte sich 1783 mit Luise Charlotte Henriette von Kraut, geschiedenen von Elliot, und geriet durch Vorgänge, die dieser seiner Vermählung unmittelbar voraufgingen, in eine ziemlich kühle Stellung zum Prinzen, infolgedessen er sein Amt niederlegte. Bald danach starb er, erst einige dreißig Jahre alt.« – Der auf der Rheinsberger Glocke genannte von Knyphausen ist offenbar der ältere, Baron Dodo, geboren am 5. August 1729, gestorben am 31. Mai 1789, Erbherr der Herrschaft Jennelt und Visquard in Ostfriesland. Er war eine Art Ehrenkammerherr und gehörte dem prinzlichen Kreise mehr als Volontair an wie als Träger einer wirklichen Hofcharge. Neben der Unabhängigkeit seiner Stellung gab ihm sein scharfer Verstand und seine politische Bildung ein besondres Ansehen, eine politische Bildung, die bedeutend genug war, um die Aufmerksamkeit Mirabeaus zu erregen, der der »Hoffnungen« erwähnt, »die das Land an den ostfriesischen Freiherrn knüpfe«. Was ihn an den Hof des Prinzen Heinrich führte, war wohl zunächst nur die Gleichgeartetheit politischer Anschauungen. Der Prinz und er waren eins in ihrer Mißstimmung über das, was in Berlin geschah, besonders auch in ihrer Abneigung gegen den Minister Hertzberg, ein Gefühl, das beim Prinzen lediglich politische, beim Baron Knyphausen aber, der ein Stiefbruder des Grafen Hertzberg war, auch noch Interessenmotive hatte. Andere geistige Berührungspunkte zwischen dem Prinzen und dem Freiherrn mochten fehlen. Knyphausen war ein passionierter Landwirt, ein Beruf, dem, wie schon erwähnt, Prinz Heinrich nur einen allerniedrigsten Rang einräumte. Diese verschiedenen Ansichten über den Wert der Landwirtschaft führten auch zu einer kleinen Szene, die H. von Bülow in seinem mehrerwähnten Buche erzählt. »Knyphausen«, so schreibt er, »der viel von seinen ostfriesischen Rindern sprach und sich vielleicht auch von Rheinsberg aus zu ihnen hinsehnen mochte, erhielt, zur Strafe für diese beständigen Agrikultur-Gespräche, eine Weste vom Prinzen geschenkt, die mit lauter Rindern bedruckt war. Knyphausen dankte verbindlichst und trug von nun an die Weste tagtäglich wie im Triumph, bis der Prinz eine ungnädige Bemerkung machte, weil er fühlte, daß sich der Stachel gegen ihn selbst gekehrt hatte.« Baron Dodos von K. politische Wirksamkeit als Gesandter Friedrichs in Paris und London lag vor seiner Rheinsberger Zeit. Er vermählte sich in späteren Jahren mit einer Schwester der Wreechs, weshalb er auch (an der Seite seiner Gemahlin) in der Gruft zu Tamsel beigesetzt worden ist.

Baron Knesebeck, geboren 1748, gestorben 1828, mit seinem vollen Namen Karl Franz Paridam Kraft von dem Knesebeck-Mylendonck, war der letzte männliche Sproß aus der Linie Tylsen bei Salzwedel. Seine Mutter war eine Grumbkow, Tochter des bekannten Feldmarschalls unter Friedrich Wilhelm I., seine Großmutter aber eine Freiin von Mylendonck, durch welche, neben einem bedeutenden Grundbesitz im Geldernschen (die Herrschaft Frohnenburg), auch der Name Mylendonck in die Familie kam. Bis 1773 besaß unser Karl Franz Schloß Tylsen, das alte Stammgut der Knesebecks; als er in letztgenanntem Jahre jedoch die Herrschaft Frohnenburg von einem älteren Bruder ererbte, trat er Schloß Tylsen an einen jüngeren ab. So ging es bis 1793, wo der Niederrhein unter französische Herrschaft kam. Durch die Einführung neuer Gesetze verlor Knesebeck alles, und zwar derart, daß ihm von Frohnenburg nichts übrigblieb als ein altes Schloß mit Garten und die auf dem ehemaligen Eigentume haftenden Schulden. So mehr als arm und besitzlos geworden, kehrte er zu seinem Bruder nach Tylsen zurück. Eine eben damals zur Hebung kommende Präbende des Domstifts Magdeburg gewährte ihm eine auskömmliche Existenz. Er hieß gewöhnlich der »Domherr«. Um diese Zeit war es wohl, daß auch seine Beziehungen zum Rheinsberger Hofe wieder aufgenommen wurden. Ganz unterbrochen waren sie nie. Nach der Schlacht bei Jena, als Magdeburg westfälisch wurde, verlor er auch seine Präbende. 1810 starb sein jüngerer Bruder, der Besitzer von Tylsen, kinderlos, und das alte Stammgut der Familie, das er in jungen Jahren bereits besessen hatte, kam nun zum zweitenmal in seine Hand. Er vermachte dasselbe, mit Übergehung der hannöversch-wittingenschen Linie, dem Sohne seiner Schwester, die einen Karweschen Knesebeck, also einen Vetter, geheiratet hatte. Dieser Sohn war der spätere Feldmarschall von dem Knesebeck, von dem ich in dem Kapitel »Karwe« ausführlich gesprochen habe. Mit Karl Franz ist der Name Mylendonck erloschen. Er blieb Kammerherr am Rheinsberger Hofe bis zum Ableben des Prinzen und wird im Testamente desselben mit folgenden Worten erwähnt: »Dem Baron von Mylendonck-Knesebeck, der mir als Page und später als Offizier in meinem Regimente gedient, auch später noch, nachdem er den Abschied genommen, mit unwandelbarer Treue zu meiner Person gestanden hat, vermache ich eine Dose von Lapislazuli. Sie trägt einen Karneol in der Mitte und ist oben und unten mit Diamanten besetzt.« Einzelheiten aus seinem Rheinsberger Leben hab ich nicht erfahren können.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil