Das Regiment Prinz Ferdinand während des Siebenjährigen Krieges

Die voraufgehenden beiden Schlesischen Kriege gaben dem Regimente nur zweimal Gelegenheit, sich zu bewähren; es focht bei Chotusitz (Caslau) am 17. Mai 1742 und bei Kesselsdorf am 15. Dezember 1745. Weitere Details werden nicht berichtet.

Auch die Nachrichten über die Beteiligung des Regiments an den Schlachten des Siebenjährigen Krieges fließen nicht reichlich.


1756 waren die Grenadiere mit bei Lobositz (1. Oktober); die Musketierbataillone befanden sich unter den Truppen, die zur Einschließung des Lagers bei Pirna zurückgeblieben waren. Hier blieben sie bis zur Kapitulation der Sachsen am 15. Oktober.

1757, im Mai und Juni, lag das Regiment vor Prag, an der Belagerung der Festung teilnehmend. Am 7. September fochten die Grenadiere bei Moys (wo Winterfeldt fiel), die Musketiere in der Schlacht bei Breslau am 22. November. Bei Leuthen, 5. Dezember, war das ganze Regiment.

1758 teilten sich die Bataillone; das eine war bei der Belagerung von Olmütz, das andere gehörte mit zur Bedeckung des großen Munitionstransportes für die Belagerer. Dieser Teil des Regiments wurde bei Domstadtl angegriffen, verteidigte sich aber mit so viel Bravour, daß ein Teil der Wagen gerettet wurde.

1759 wird das Regiment nicht genannt. Es scheint also ebensowenig wie bei Zorndorf und Roßbach (1758), so auch bei Kunersdorf nicht mit engagiert gewesen zu sein.

1760 ist das Glanzjahr des Regiments. Die Grenadiere wurden bei Landeshut, 23. Juni, unter Fouqué nahezu aufgerieben, der Rest in Gefangenschaft geschleppt; die Musketiere fochten am 15. August in der Schlacht bei Liegnitz und scheinen, neben dem Regiment Anhalt-Bernburg, den Hauptanteil am Siege gehabt zu haben. Der König verlieh allen Capitainen den Pour le mérite, dazu ein Geschenk von 100 Friedrichsdor. Namentlich dies letztere, bei den damaligen Kassenzuständen, deutet darauf hin, daß es dem Regiment an diesem Tage gelungen sein mußte, sich die Zufriedenheit des Kriegsherrn in einem besonders hohen Grade zu erringen. Andererseits (auch das mag Erwähnung finden) werden nicht viele in der Lage gewesen sein, von dieser besonderen Huld des Königs Nutzen zu ziehen, denn es heißt in aller Kürze: »Die Musketierbataillone waren beinah völlig ruiniert worden.«

Die Schlacht bei Liegnitz war die einzige, die dem Regimente zu besonders ruhmreicher Betätigung Gelegenheit gab. Es mag deshalb gestattet sein, bei dieser überhaupt glänzenden und zugleich poetisch-eigentümlichen Aktion einen Augenblick zu verweilen und eine kurze Schilderung derselben zu geben.

»Es war eine ungemein schöne Sommernacht. Der gestirnte Himmel hatte kein Wölkchen, und kein Lüftchen wehte. Niemand schlief. Die Soldaten hatten sich zwar mit ihrem Gewehr im Arm gelagert, allein sie waren munter, und da sie nicht singen durften, so unterhielten sie sich mit Erzählungen. Die Offiziere gingen spazieren, und die Generale ritten umher, um alles Nötige zu beobachten. Was den König angeht, so hat Gleim die Situation gegeben:

Auf einer Trommel saß der Held
Und dachte seiner Schlacht,
Den Himmel über sich zum Zelt
Und um sich her die Nacht.

Es fing eben an zu dämmern, als sich Laudon näherte, der mit seiner 30 000 Mann starken Armee den linken Flügel der Preußen im Lager angreifen wollte. Bald aber wurd er mit Erstaunen gewahr, daß er die ganze Armee des Königs vor sich habe, dessen zweites Treffen auch sogleich auf ihn losfiel und ihn von einer in der Nacht aufgeführten Batterie her begrüßte. Das erste Treffen hatte Friedrich zur Beobachtung Dauns bestimmt, der seinem rechten Flügel gegenüberstand. Laudon, auf die Unterstützung seines Oberfeldherrn rechnend, wich dem Kampfe nicht aus, sondern bot den Preußen die Spitze und überließ den Ausgang der Tapferkeit seiner Truppen und dem ihn so oft begleitenden Glück. Er ließ seine Kavallerie vorbrechen, sah aber, daß diese zurückgeworfen und in die Moräste getrieben wurde. Nun erst ging unsere Infanterie vor und schlug nach einem hartnäckigen Kampfe (an dem die Regimenter Prinz Ferdinand und Anhalt-Bernburg in erster Reihe teilgenommen zu haben scheinen) die österreichische Infanterie aus dem Felde. Die letztere machte noch den Versuch, mit einer ganzen Kolonne durch das vor der preußischen Front gelegene Dorf Panthen zu rücken, allein die Unseren steckten es durch Haubitzgranaten in Brand und zwangen den Feind, das Gefecht auf den linken Flügel einzuschränken.

Daun, auf dessen Erscheinen Laudon gerechnet hatte, kam ohne sonderliches Verschulden zu spät, da der Wind so stand, daß der Kanonendonner nicht gleich anfangs gehört wurde, trotzdem die Entfernung nur eine gute halbe Meile betrug.

Laudon, der alles getan und sich persönlich der größten Gefahr ausgesetzt hatte, zog sich nun zurück und überließ dem Könige das Schlachtfeld. 6000 Österreicher waren gefangen, 4000 tot oder verwundet; dabei waren ihnen 23 Fahnen und 82 Kanonen verlorengegangen. Bei Friedrichs Heere zählte man 1800 Tote und Verwundete, die zu erheblichem Teil auf die beiden genannten Regimenter entfielen.

Die Auszeichnungen, die dem Regimente Prinz Ferdinand zuteil wurden, hab ich bereits namhaft gemacht. Anders, aber nicht geringer war der Lohn, der dem Regiment Anhalt-Bernburg zufiel. Dieses Regiment hatte sich kurz vorher bei der Belagerung von Dresden (wo es bei einem Ausfall des Feindes zurückgeschlagen worden war) die Ungnade des Königs zugezogen, und die gemeinen Soldaten hatten zur Strafe die Seitengewehre, die Unteroffiziere und Offiziere die Huttressen verloren. Dies ward als ein solcher Schimpf empfunden, daß das ganze Regiment entschlossen war, bei nächster Gelegenheit die verlorene Ehre wieder zu erkämpfen oder zugrunde zu gehen. Diese nächste Gelegenheit war: Liegnitz. Der König, dem nichts entging, hatte gesehen, welche Opfer gebracht worden waren. Nach der Blutarbeit ritt er bei dem Regiment vorbei. Die Offiziere schwiegen, vier alte Soldaten aber fielen dem König in den Zügel, umfaßten seine Knie und flehten um die verlorne Gnade. ›Ja, Kinder, ihr sollt sie wieder haben, und alles soll vergessen sein!‹ Noch am selben Tage erhielten die Soldaten ihr Seitengewehr und die Offiziere ihre Tressen zurück.

Die Schlacht bei Liegnitz hatte nur zwei Stunden gedauert. 2) Um fünf Uhr früh war alles vorüber. Um neun Uhr marschierte bereits die ganze Armee den Russen unter Tschernyschew entgegen. Noch am selben Tage wurden drei Meilen zurückgelegt.«

Archenholz, dem die vorstehende Schlachtschilderung im wesentlichen entlehnt ist, tut des Regimentes Prinz Ferdinand – dessen glänzende und ausschlaggebende Beteiligung an der Liegnitzer Affaire historisch feststeht – nicht Erwähnung. Überhaupt gehört unser Ruppiner Regiment nicht zu denen, die seitens dieses trefflichen Geschichtsschreibers (dessen Darstellung des Siebenjährigen Krieges ich bei dieser Gelegenheit erneut mit dem allergrößten Interesse gelesen habe) bevorzugt worden sind. Die Regimenter Itzenplitz und Manteuffel, Schwerin und Winterfeldt, Prinz Heinrich und Anhalt-Bernburg, vor allem das Regiment Forcade werden wiederholentlich genannt, auch andere noch, aber dem Regiment Prinz Ferdinand ist nicht eine Zeile gewidmet. Die Billigkeit erheischt, hinzuzusetzen, daß mit Ausnahme der Liegnitzer Schlacht die Aktion des Regiments nirgends eine hervorragende gewesen zu sein scheint. 1761 war es noch in Polen und Pommern, namentlich vor Kolberg, tätig; 1762 nahm es an der Belagerung von Schweidnitz teil. Dann kam der Frieden. Über das Garnisonleben, das nun eintrat, sprech ich erst weiterhin, davon ausgehend, daß die Formen dieses Lebens nach der Rheincampagne nicht wesentlich anders waren als nach dem Siebenjährigen Kriege.




2) Am hundertjährigen Gedächtnistage der Schlacht bei Liegnitz ist auf einem Höhenzuge in der Nähe des Dorfes Panthen – wie es heißt, an ebender Stelle, wo sich der König während der Schlacht aufhielt – eine Erinnerungssäule errichtet worden. Sie ist von Granit, trägt zunächst einen Teller, auf diesem ein Kapitell in Form eines umgestülpten Topfes und auf dem Kapitell einen Adler von geringer Schönheit. Das Ganze mehr gut gewollt als gut getan. Die Inschrift lautet: »Zur Erinnerung an den 15. August 1760.« Dorf Panthen liegt links in der Tiefe; nach rechts hin ein Wäldchen, das schon in der Schlacht – wiewohl keiner der jetzt darin wachsenden Bäume bis 1760 zurückreicht – eine Rolle gespielt haben soll. – In Entfernung einer Meile nach Osten zu zieht sich ein gegenübergelegener, die ganze Gegend beherrschender Höhenzug, auf ihm Schloß und Kirche von Wahlstatt, letztere ein prächtiger Rokokobau, weithin sichtbar und wie der point de vue, so zugleich auch die Hauptzierde der Umgebung von Liegnitz.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil