Protzen von 1803 bis 1826

An Rhin und Dosse


Protzen


Der Johanniter-Kleist starb schon 1794. Wieder trat eine Witwenherrschaft ein, die wenigstens bis 1803, vielleicht auch noch um einige Jahre länger dauerte; dann ging das Gut, aber durch Kauf, an einen Neffen oder Vetter des Johanniter-Kleist über, und zwar an den damaligen Rittmeister oder Major Louis von Kleist, Sohn des sogenannten Magdeburg-Kleist, welcher letztere 1806 durch Übergabe dieser Festung an den Feind soviel Unheil für das Land und zugleich soviel Bitteres und Schmerzliches für die Familie heraufbeschwor. Ich verweile hierbei nicht, nur das mag gesagt sein, daß mir diejenigen nicht ganz unrecht zu haben scheinen, die der damaligen militärischen Oberleitung – seitens deren ein kranker, beinah achtzigjähriger Mann mit der Verteidigung der wichtigsten Festung des Landes betraut wurde – die größere Hälfte der Schuld zuzuschieben geneigt sind.

Louis von Kleist litt in seinem Herzen schwer unter der Verschuldung des Vaters. Er selbst war eine hervorragend entschlossene Persönlichkeit, groß, schön, ein brillanter Reiter, und zeichnete sich während der Befreiungskriege bei den verschiedensten Gelegenheiten aus. Er blieb Soldat auch nach dem Feldzug und traf immer nur besuchsweis in Protzen ein. 1815 war er Oberst, 1831 stand er in Neiße, wahrscheinlich als Kommandeur einer Division. Bei seinem Hinscheiden war er Generallieutenant.

Als Beweis für seine Energie erzählen sich die Protzener, daß er sein seitens der Ärzte schlecht kuriertes Bein (er hatte sich beim Sturz mit dem Pferde den Oberschenkel gebrochen) durch einen »Wunderdoktor« aus der Fehrbelliner Gegend neu brechen und dann wieder heilen ließ. Die Prozedur glückte vollkommen. Er hatte seitdem eine geringe Meinung von der Kunst der rite promovierten Doktoren, der er bei jeder Gelegenheit Ausdruck gab.

Schon 1826, also fünf, sechs Jahre vor dem Tode von Kleists, war Protzen durch Kauf an den Freiherrn von Drieberg übergegangen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil