Abschnitt 1

An Rhin und Dosse


Garz


Albrecht Christoph von Quast


Albrecht Christoph von Quast ward am 10. Mai 1613 auf dem Rohrschen Gute Leddin geboren. Seine Mutter war eine geborne von Rohr (gestorben 1667) aus Leddin.

Über seine Jugend ist wenig bekannt geworden, doch existieren Aufzeichnungen, wahrscheinlich einer Leichenpredigt entnommen, die, trotz einzelner Unklarheiten und Widersprüche, den Stempel der Echtheit tragen. Danach starb der Vater früh, und Albrecht Christoph wurde studierenshalber auf Schulen geschickt, höchstwahrscheinlich auf die benachbarte Ruppiner Schule. Der entsprechende Hang scheint indessen nichts weniger als groß in ihm gewesen zu sein, und der Anblick der schwedischen Regimenter, die gerade damals in Stadt und Land Ruppin Quartiere bezogen, warf alle Studienpläne rasch über den Haufen. Albrecht Christoph trat, siebzehn Jahr alt, als Musketier in das Kingsche Infanterieregiment und tat seinen ersten Wachtdienst auf dem Fehrbelliner Damm, kaum eine Meile von Garz entfernt. Dies war im August 1630. 1)
1631 war unser Albrecht Christoph bei den Truppen, die die Elbe passierten, zeichnete sich am 17. September bei Breitenfeld, am 6. November des folgenden Jahres bei Lützen und endlich am 26. Juni 1633 bei Hameln aus und trat nach dieser letzteren Affaire, darin das Kingsche Regiment fast völlig vernichtet worden war, von den Musketieren zu den Dragonern über. (Dragoner, wie bekannt, waren in jener Zeit ein Mittelding von Fußtruppe und Reiterei.)

Das Kriegshandwerk sagte unserm Quast zu, nur nicht die Waffenart. Musketier und Dragoner – beides war nicht das Rechte, und als er um ebendiese Zeit vernahm, daß der später so berühmt gewordene Hans Christoph von Königsmarck, sein märkischer Landsmann, als Oberstwachtmeister in das Sperreutersche Reiterregiment eingetreten sei, hielt er sich zu diesem und empfing eine Korporalschaft. Das Kommando dieser Truppe kam alsbald an Königsmarck selbst. Sperreuter übte Verrat und gedachte das ganze Regiment zu den Kaiserlichen überzuführen; in der Tat folgten ihm einzelne Abteilungen. Die vornehmsten Compagnien aber, und zwar unter Führung Königsmarcks, weigerten sich, dem Befehle Sperreuters zu gehorchen, und blieben ihrer Fahne treu. Unter diesen war auch Quast. Feldmarschall Banér, um jene Zeit Generalissimus der Armee, glaubte diese Treue auszeichnen zu müssen; Königsmarck wurde Oberst und erhielt Befehl, aus den treu gebliebenen Compagnien ein neues Regiment zu bilden. In dieses neue, nunmehr Königsmarcksche Regiment trat Albrecht Christoph als Quartiermeister ein. Binnen Jahresfrist war er Cornet und Lieutenant.

Sein Mut und seine Gewandtheit fingen an, ihm in der Armee einen Namen zu machen. Als General Stahlhantsch, der in der glänzenden Schlacht bei Wittstock das schwedische Zentrum kommandierte, 1639 eine »fliegende Armee« nach Schlesien führen sollte, erbat er sich unsren Quast für diese Expedition, der nun als Rittmeister in das Stahlhantsche Corps eintrat. Mit diesem Corps, das inzwischen seinen Führer gewechselt hatte (General Goldstein erhielt es), nahm unser Quast am 24. Februar 1645 an der siegreichen Schlacht bei Jankowitz teil. Eine Folge dieser Schlacht, einer der glänzendsten Siege Torstensons, war die Umstellung von Brünn; die Kaiserlichen wurden eingeschlossen, und Quast war mit unter den Belagerungstruppen. Bei einem Ausfall, den insonderheit unser Albrecht Christoph mit großer Bravour zurückschlug, wurd er am Bein verwundet. Seine erste Verwundung nach vierzehnjähriger Kriegsfahrt, von der berichtet wird.

Die Belagerung erwies sich als fruchtlos (General de Souches führte in glänzender Weise die Verteidigung), und Torstenson ging mit seiner Armee nach Böhmen zurück. Hier gab er Befehl, den wichtigen Punkt Kornneuburg zu befestigen und zu besetzen, und Oberst Copey mit 1000 Musketieren wurde dazu ausersehen. Da es indessen rätlich schien, auch Kavallerie in den Ort zu legen, außerdem aber dem Oberbefehlshaber die Beförderung unseres Quast am Herzen lag, so erhielt der letztere Ordre, eine kombinierte Reitercompagnie zu bilden, und zwar durch Auswahl von je zwei Mann aus jeder Schwadron der Armee. Da die Armee 100 Reitercompagnien hatte, so ergab dies eine Stärke von 200 Mann. Die Wahl der Offiziere wurd in Quasts Hand gelegt. Mit diesem Reitercorps rückte derselbe nun, inzwischen zum Obristlieutenant ernannt, in Kornneuburg ein, um gemeinschaftlich mit Oberst Copey die Verteidigung zu leiten.

Der Feind ließ auch nicht lang auf sich warten. Mit derselben Bravour, mit der Quast im Jahre zuvor die Ausfälle der Belagerten zurückgewiesen hatte, schlug er jetzt seinerseits die rasch sich wiederholenden Attacken der Belagerer ab. Freilich nicht auf die Dauer. Die Besatzung war zu schwach, um dem übermächtigen Gegner lange den Besitz des Ortes streitig machen zu können, und Kornneuburg fiel. Bei dem Sturme, der der Übergabe vorherging, wurde Quast zum zweiten Male, und diesmal in schmerzhafter und gefährlicher Weise, verwundet. Eine Kugel traf seinen Fuß und ging ihm durch Sohle, Blatt und Ferse. Die Heilung zog sich hin, und eine Lähmung des Fußes blieb ihm bis zuletzt.




1) Diese Jahreszahl ist wahrscheinlich die richtige. Zwar wird im allgemeinen das Erscheinen der Schweden (die am 15. Juli 1630 auf dem Ruden in Pommern gelandet waren) in der Kur- und Mittelmark erst in den Sommer 1631, also ein Jahr später gesetzt, die Spezialgeschichte der Grafschaft Ruppin spricht aber mit aller Bestimmtheit von 2000 Mann schwedischer Kavallerie, die sich, nebst einem ansehnlichen Corps Infanterie, im August 1630 des Ruppiner Landes bemächtigt hätten. In voller Übereinstimmung damit fügen die handschriftlichen Notizen über unsern Albrecht Christoph hinzu, »daß sich die schwedischen Truppen während der Wintermonate wieder nach Pommern hin zurückzogen«. Das Widersprechende der Angaben erklärt sich vielleicht so, daß Ruppin und Uckermark damals noch eine Art Grenzlandcharakter hatten und nicht voll und ganz zur eigentlichen Mark gehörig angesehen wurden. Namentlich Ruppin war noch mehr oder weniger ein Land für sich.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil