Abschnitt. 3 - ...Bauernkrieg und Thomas Münzer, der Schmalkaldische Bund und Krieg, Herzog Bernhard zu Weimar, der Held des dreissigjährigen Krieges, Herzog Ernst der Fromme zu Gotha, der Held des Friedens, bis zu der glänzenden Literaturepoche,...

An die Stelle der Herzoge treten nun in der Geschichte dieses Landes die Markgrafen, von denen Eckards Name am glänzendsten durch Thüringens Vorzeit leuchtet, aber als Heinrich II. (der Fromme) gestorben war, und die deutschen Völker den mannlichen Frankenherzog Konrad den Salier zum König erklärt hatten, trat bald darauf eine neue Würde hervor, unter welcher eine glorreiche Regentenreihe das nun in engere Grenzen gezogene Thüringerland beherrschte: die Landgrafen von Thüringen. Als deren Ahnherrn nennt die Geschichte einen fränkischen Ritter, Ludwig mit dem Barte, der in der Nähe des Waldes und auf demselben Güter erwarb, theils durch Ankauf, theils durch Geschenke Konrad's, seines Verwandten. Sein Sohn war Ludwig der Springer, Erbauer der Landgrafenresidenz Wartburg und Gründer von Reinhardsbrunn; und seinem Geschlecht entblühte Ludwig der Eiserne und der Milde, Herrmann der Sängerfreund, Ludwig der Fromme, der Gemahl der heiligen Elisabeth, wie Heinrich Raspo, der deutsche König. Diesem Herrschergeschlecht leisteten die Grafen und edlen Herren Thüringens Vasallendienst und Heeresfolge, und trugen unter ihnen in manches fremde Land, ja bis nach Palästina, das thüringische Löwenpannier. Als Heinrich Raspo erbenlos gestorben war, erhob sich ein heftiger und lange dauernder Hader um das Thüringerland, das hauptsächlich von einer Seite der Meissner Markgraf, Heinrich der Erlauchte, ein Sohn Jutta's, der altern Schwester Heinrich Raspo's, von der andern Sophia, eine Tochter Ludwig des Frommen und der heiligen Elisabeth, verwittwete Herzogin von Brabant, für ihr Kind in Anspruch nahm. Diese kam nach Hessen, sammelte einen grossen Anhang um sich her, und es begann ein neunjähriger Krieg um das Land, das dabei am meisten litt. Endlich kam es zum Frieden, Thüringen und Hessen wurden von einander gesondert, Heinrich der Erlauchte behielt ersteres und gab es seinem Sohn Albrecht, welcher, so mächtig war das Ansehen der thüringischen Landgrafen, um eine Kaisertochter werben und sie auf seine Wartburg führen durfte. Diese war die durch ihr Unglück so bekannte Margaretha, die Mutter Friedrich's mit der gebissenen Wange, der, als er sechszehn Jahre alt war, Streit und Fehde mit dem Vater anhob, um das seiner Mutter angethane schwere Leid zu rächen. Der neue Krieg brachte dem Thüringerland wieder grosses Unheil zu Wege, denn Albrecht, welchen für sein übles Thun die Geschichte den Unartigen nennt, verkaufte ganz Thüringen an den Kaiser Adolph von Nassau für zwölftausend Mark Silbers, um es seinen und der Margarethe Söhnen zu entziehen, und da diese es kräftig zu behaupten suchten, führte der Kaiser ein Heer von wildem Raubgesindel nach Thüringen, das auf schändliche Weise im Lande wüthete. Doch während in Thüringen die Landgrafenfehde lange Jahre fortdauerte, fiel Adolph von Nassau durch seinen Gegenkönig Albrecht, Rudolphs von Habsburg Sohn, und dieser selbst, nach zehnjähriger Regierung, durch seines Neffen, Johann's von Schwaben, Meuchelhand. Als der Schreck ob dieser That Deutschland durchzitterte, ward in Thüringen Friede. Friedrich des Gebissenen oder des Freudigen Sohn war Friedrich der Ernsthafte, Landgraf von Thüringen und Markgraf von Meissen, einer der mächtigsten deutschen Fürsten, dem nicht nur das Thüringer- sondern auch nächst Meissen das ganze Pleisner- und Osterland gehörte. Er kämpfte viele Fehden mit Vasallen und Nachbarn durch, und bekannt genug ist in der thüringischen Geschichte der Grafenkrieg, wo die Grafen von Schwarzburg, Orlamünde, Weimar, Henneberg, Kirchberg und andere gegen den Landgrafen sich erhoben und seine Macht zu stürzen trachteten, aber unterlagen und Frieden schliessen mussten. So mannlich und reich stand der thüringische Landgraf vor den Fürsten Deutschlands, dass sie ihm nach dem Tode Ludwig des Baiers die deutsche Reichskrone anboten und ihn zum Gegenkönige Karl's des Vierten, des Böhmen, machen wollten. Friedrich schlug die Krone aus, die nun ein anderer thüringischer Graf, Günther von Schwarzburg annahm, und starb noch vor diesem auf der Wartburg. Sein Tod fiel in eine unermesslich trübe Zeit, in welcher die Völkerpest, der schwarze Tod, auch Thüringen furchtbar heimsuchte, in welcher die Geislerschaaren das Land durchzogen, und die Juden zu Tausenden erschlagen und verfolgt wurden, weil des Volkes fanatischer Wahn in ihnen die Ursache des grossen Sterbens sah. Die drei Söhne des verstorbenen Landgrafen: Friedrich (der Strenge), Balthasar und Wilhelm einten sich dahin, ihr grosses und reiches Vatererbe gemeinschaftlich zu regieren, sie wurden vom Kaiser Karl IV. mit allen ihren Besitzungen feierlich belehnt, und als auf dem grossen Reichstage zu Metz die Würde der sieben Wahlfürsten des deutschen Reichs eingesetzt wurde, und die weltlichen Churfürsten die Erzämter bei der Kaiserlichen Majestät verwalteten, versah der Thüringer Landgraf das Amt des Erzjägermeisters. – Immer grösser wuchs das landgräfliche Gebiet unter der gemeinschaftlichen Regierung, ein grosser Theil der Grafschaft Henneberg kam zu Thüringen, und eine Erbeinigung zwischen Thüringen und Hessen sollte auch, im Fall des Absterbens eines Herrscherhauses, diese beiden Länder wieder zusammenbringen. Friedrich III. starb zu Altenburg und hinterliess drei Söhne: Friedrich, Wilhelm und Georg. Mit diesen Kindern und seinem Bruder Wilhelm theilte nun Balthasar so, dass Wilhelm Meissen, die Kinder das Osterland, die Grafschaft Orlamünde, nebst mehren Städten und Burgen erhielten, und er Thüringen behielt. Er regierte dieses Land vierundzwanzig Jahre glücklich und errichtete auch in Erfurt eine Hochschule. Sein einziger Sohn Friedrich, den man den Friedfertigen, den Einfältigen nannte, hatte zwar an Ländern und Gütern viel, an Geist aber nichts von seinem Vater geerbt, dazu beerbte er auch seinen Oheim Wilhelm, der Meissen mit Dresden und vielen andern Städten besass, aber er lebte schwach und thatenlos und starb ohne Erben. Mit ihm erlosch das thüringische Landgrafenthum, und das Reich fiel an die Nachkommen Friedrich's des Strengen. Die Söhne Friedrich's des Streitbaren, des Gründers der Hochschule Leipzigs, des ruhmgenannten Churfürsten von Sachsen: Friedrich der Sanftmüthige und Wilhelm theilten ihr Vatererbe, und Thüringen kam mit den fränkischen Landestheilen und der Hälfte des Osterlandes an den Letztern. Aus dieser Theilung entsprang für die Länder wieder unsägliches Weh, denn es brach, weil beide Brüder sich vervortheilt glaubten, ein langjähriger verderblicher Krieg aus, dessen Flamme ein thüringisches Rittergeschlecht, die Vitzthume, auf alle Weise schürten und nährten. Fremde Hülfsvölker, slavischen Stammes sogar, wurden in das Land gerufen und hausten mit so unerhörter Grausamkeit, wie vor alten Zeiten ihre Stammverwandten, die Hunnen und Avaren, gehaust hatten. Endlich versöhnten sich die Brüder, nachdem das Land lange genug gelitten. In diese Zeit fällt der sächsische Prinzenraub durch Kunz von Kaufungen, der einige zum Lohn erhaltene Vitzthumische Güter wieder herausgeben sollte und durch den Raub der Churfürsten hohe Entschädigung abzwingen wollte. Herzog Wilhelm starb erbenlos. Churfürst Friedrich des Sanftmüthigen Söhne, Ernst und Albert, theilten ihre Gesammtlande, sie wurden die Stifter der beiden nach ihren Namen genannten sächsischen Regentenlinien; der grösste und beste Theil fiel dabei an Churfürst Ernst. Bei dieser Ländertheilung wurde die natürliche Lage und Grenze der verschiedenen Distrikte nicht berücksichtigt, und sie legte nebenbei den Grund zu dem buntesten Theil der Landkarte von Deutschland. Die Thüringer hatten aufgehört, ein Gesammtvolk zu sein, der sächsische Rautenkranz verdrängte den thüringischen Landgrafenlöwen, und man gewöhnte sich, den grössten Theil von Land und Volk Sachsen zu nennen. Die begütertsten Grafen in Thüringen wurden in diesen Zeiten selbstständige Fürsten, es gab ebenso kein Thüringen mehr als Reich, wie es kein Franken und Schwaben mehr als solches gab, aber der Landesname geht hier, wie dort, nicht unter, er zog sich hier zumal, wie ein vertriebener Westindierstamm, in den Wald zurück, und rastet durch Jahrhunderte in seinem Schatten.
Nahe diesem Walde und nicht weiter als eine kleine Tagereise von da, wo in der Zeiten Frühroth Bonifacius den ersten Christenallar in Thüringen aufrichtete, ging aus einer Bergmannshütte der Stern hervor, der mit dem Läuterungsstrahl der Wahrheit die absichtliche Nacht in Sachen des Glaubens durchblitzte, Thüringens grösster Sohn: Martin Luther.
Wenn auch die spätere Geschichte Thüringens engverbunden mit der Sachsens, keineswegs eines hohen Interesses ermangelt, und in ihr im Guten und Bösen weltgeschichtlich denkwürdige Begebenheiten und Namen hervortreten, wie der Bauernkrieg und Thomas Münzer, der Schmalkaldische Bund und Krieg, Herzog Bernhard zu Weimar, der Held des dreissigjährigen Krieges, Herzog Ernst der Fromme zu Gotha, der Held des Friedens, bis zu der glänzenden Literaturepoche, die in einer kleinen thüringischen Stadt am Hofe eines weisen und kunstsinnigen Fürsten die erleuchtetsten Geister versammelte und über ganz Deutschland ihren belebenden Ausstrahl ergoss, es ist hier zu wenig Raum und Ort, um ihrer mehr, als nur eben andeutend zu gedenken.
Die souveränen Staaten, welche jetzt Theile des alten Thüringens enthalten, sind Preussen, Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Goburg-Gotha, Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Churhessen, Reuss und Baiern.
Von diesen Staaten beherrscht Preussen in seiner Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Merseburg, im Merseburger-, Naumburger-, Eckartsberger-, Querfurter- und Sangerhäuser Kreis, und im ganzen Regierungsbezirk Erfurt thüringischen Boden; Weimar-Eisenach liegt fast ganz in Thüringen, nach dessen frühern Grenzen, eben so die grössten und besten Landestheile von Coburg-Gotha und Meiningen-Hildburghausen. Von Altenburg wird nur der Theil, welcher durch die Reussische Herrschaft Gera vom Mutterlande getrennt ist, zu Thüringen gerechnet. Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen sind ganz thüringische Länder, Churhessen besitzt in Thüringen die ehemals Hennebergische Herrschaft Schmalkalden, die Reussischen Herrschaften werden von vielen noch ganz zu Thüringen gerechnet, und der Baierische Anthteil umfasst das Landgericht Lauenstein, nebst einem Theile der Landgerichte Teuschnitz und Kronach.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch Thüringen