Kloster Oliva

Die Kirche soll samt dem Kloster nicht öfter als siebenmal bis auf den Grund abgebrannt, und schon 1170 zuerst von Subislav von Pommern erbaut worden sein. So aber, wie wir die Kirche hier abgebildet sehen, ist sie im Jahr 1579 bis 1581 restauriert und seitdem nicht wieder vom Brande heimgesucht worden. Der Baustyl dieses ehrwürdigen Gotteshauses, das nach Aufhebung des Klosters zur katholischen Parochialkirche des Fleckens geworden, ist edel, und was das Innere betrifft, majestätisch zu nennen. Nicht verunziert durch Chöre und klapprige Kirchenstühle, stimmt das herrliche auf hohen schlanken Säulen ruhende Gewölbe den Eintretenden feierlich. Vierzig Altäre, eine der größten und schönsten Orgeln der Welt, wenige, aber meist schöne, ihres Platzes würdige Gemälde und einige durch Architektur oder historische Bedeutung merkwürdige Kapellen und Grabmäler bilden den Schmuck dieses Hauses des Herrn. In einem prächtigen Grabmale aus schwarzem Marmor, nahe an der Kanzel, ruhen die Gebeine der Pommerellischen Fürsten, deren Bilder die Wände eben nicht schmücken, denn sie haben durchaus keinen Wert. In einem der Kreuzgänge erinnert ein Denkstein daran, dass auf dieser Stelle, bei dem im Jahre 1660 als Beendigung des 30jährigen Krieges geschlossenen Frieden, die betreffenden Gesandten die unterschriebene Friedensurkunde auswechselten. Ähnlich wie in der Danziger Marienkirche wird auch hier ein zu Stein gewordenes Brot gezeigt, das zu mehrerer Sicherheit an einer Kette liegt. Aus der Kirche begeben wir uns in den schönen, an überraschenden Anlagen, Aussichten, Wasserpartien und Abwechselungen aller Art außerordentlich reichen königlichen Schlossgarten, der in früherer Zeit mit dem angrenzenden Palais die Residenz der Äbte von Oliva bildete, deren zwei letzte auch zugleich Bischöfe von Ermland waren. Dieser Garten ist mit lobenswerter Liberalität Allen und Jeden geöffnet. Ersteigen wir nun den ganz nahe gelegenen Carlsberg. Anmutige, durch Gebüsch und Waldung sich hinschlängelnde Pfade, führen uns, an freundlichen Ruheplätzen, Grotten und Eremitagen vorüber, bequem hinauf, jedoch nicht ohne häufig zum Sitzen und Umschauen einzuladen. Den Gipfel des Berges schmückt ein chinesisches Lusthäuschen, von dessen Balkon wir nun aus einer Höhe von etwa 350 Fuß und in einem Umkreise von 5 Meilen im Halbmesser, das reichste und großartigste Panorama überschauen, das diesseits der Elbe in Deutschland existiert, und dessen wir früher schon erwähnt haben. Hier im Anschauen des unendlichen Meeres und der treuen ewig grünenden Erde, ist einer der glücklichen Punkte der Welt, wo tief-fühlende Menschen ihre Bewunderung durch Schweigen, Narren und Phantasten aber durch unaufhörliches Plappern zu erkennen geben. Man lese in der Schweiz, am Rhein, im Harz, auf Rügen, hier und aller Orten die Fremdenbücher, wenn man kann. Als Begründer der schönen Anlagen des Carlsberges aber ist der letzte Abt von Oliva, Fürst Johann Carl von Hohenzollern, dankbar zu nennen. Von Oliva schlagen wir nun links den Weg nach dem romantischen Freudental und Schwabental ein, und wir glauben uns in der Tat plötzlich nach dem Süden Deutschlands versetzt. Hier liegen malerisch gruppiert am Fuße der bewaldeten Hügel die Hammer- und Mühlenwerke, deren romantisches Rauschen und Pochen wir schon auf dem Carlsberge vernahmen. Der nahe an der Chaussee vor einer waldigen Anhöhe sehr schön gelegene Gasthof Hochwasser gewährt nun wieder fast das Bild einer wohlhabenden schlesischen Meierei, und so ist hier interessanter Wechsel ohne Ende. Die erwähnte waldige Anhöhe gestattet einen herrlichen Blick auf das Meer, und in wenigen Minuten sind wir nun in dem lieblichen, stets sehr besuchten Seebade Zoppot.

Unter den größeren Bädern der Ostsee möchte Doberan das vornehmste und raffinierteste, Swinemünde mit Heringsdorf das praktischste, Putbus das schönste, das lieblichste, und Zoppot das traulichste und wohnlichste zu nennen sein. Den Kern und Stamm der hiesigen Badegäste bilden die biedern Danziger. Sie haben gewissermaßen ihre familienrunden Tee- und Kaffeetische nur etwas weiter vor die Türe gestellt und sind in Zoppot, ganz wie in Danzig, zu Hause. Luxuriöse fürstliche Pracht ist hier nur selten, desto öfter aber höchst solider bürgerlicher Wohlstand zu sehen. Weil sich aber jeder hier in seiner Häuslichkeit so wohl fühlt und der Rouées und wandernden Abenteurer hier nur sehr wenige sind, weil der Magnet dieses Geschmeißes, die öffentliche Spielbank, hier fehlt, so macht der Wirt des geräumigen, schönen Salons, welcher nach gewöhnlichen Begriffen den Sammelplatz der Badewelt eigentlich täglich bilden sollte, in der Regel sehr schlechte Geschäfte. Will man die schöne Welt hier sehen, so muss man die Allee auf und ab spazieren und, wenn man etwas hoch gewachsen ist, sich das Bücken nicht verdrießen lassen, denn nur wenn man unter die etwas tief heruntergeschlagenen Zelte vor den Haustüren sieht, kann man die liebenswürdig häuslichen und freundlichen Töchter der guten Stadt Danzig erblicken. Vor kaum zwanzig Jahren war Zoppot, wie die meisten Badeorte der Ostsee, nur ein ärmliches Fischerdorf, zu dem weder Steg noch Weg führte und jetzt ist es ein lachender einladender Sitz des Wohlstandes und der Gastlichkeit‚ der traulichste, wohnlichste Badeort der Ostsee.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen an der Nord- und Ostsee