Eveline Berenger

Eveline hatte seit der Feierlichkeit ihrer Verlobung die Trauer abgelegt und trug ein weißes unterkleid mit einem blassblauen Übergewande. Ihr Haupt bedeckte ein Schleier von weißem Flor, dass er sie wie die mystische Wolke umfloss, in welche der Maler das Bild eines Seraphs zu hüllen pflegt.

Doch Evelinens Antlitz, wenn auch an Schönheit dieses himmlischen Ranges nicht unwürdig, war in diesem Augenblicke weit entfernt, den ruhigen Ausdruck eines Bewohners der höheren Sphären zu tragen. Ihre Glieder zitterten, ihre Wangen waren bleich, die Augen von kurz vorher geflossenen Zähren leicht gerötet; dennoch sprach, selbst bei diesen Zeichen des Unmuts und der Unruhe, ihr ganzes Wesen die tiefste Ergebung aus.


Eveline war in dem höchsten Stolz ihrer Schönheit nie bezaubernder als in diesem Augenblick erschienen. Hugo de Lacy, ein so leidenschaftsloser Liebhaber er bis jetzt gewesen war, stand nun vor ihr, von Gefühlen durchströmt, welche die übertriebensten Schilderungen der Romantiker wahr machten, und betrachtete seine Gebieterin als ein Wesen höherer Sphären, durch deren Ausspruch Glück oder Elend, Leben oder Tod ihm werden sollte.

Die Verlobte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Walter Scotts Mädchen und Frauen