Wallenstein am Morgen vor der Schlacht bei Lützen

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1926
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Wallenstein, Gustav Adolf, Lützen, Glaubensfreiheit, Friedländer, Pappenheim,
Mit den Namen Breitenfeld und Lützen sind eng verknüpft die Erinnerungen an den ersten Sieg des Schwedenkönigs Gustav Adolf auf deutschem Boden und an sein Ende, seinen Heldentod in der Schlacht am 16. November 1682. Die weltgeschichtliche Bedeutung des Tages liegt in der schweren Enttäuschung, die er bereitete. Nicht die ersehnte Entscheidung durch die Waffen der beiden Heere, die Vernichtung weitschauender Hoffnungen durch den Tod des einen großen Mannes, der fast zufällig in die Hand seiner Feinde fiel, ohne dass der Gegner, Wallenstein, seines Sieges froh werden konnte, gab dem Schicksal Deutschlands die folgenschwere Wendung und dem schon schwer entkräfteten Volk zunächst noch fünfzehn auszehrende Kriegsjahre zu ertragen.

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Die gefürchteten Truppen des kriegsgeübten, für unbesiegbar gehaltenen Tilly hatte der „arktische Löwe“ bei Breitenfeld im Jahr 1630 mit solcher überlegenen Wucht geschlagen, dass man an eine entscheidende Wendung des furchtbaren Kriegselends glaubte und ihn als Retter der Glaubensfreiheit mit Begeisterung und überschwänglichen Hoffnungen begrüßte. Zwei Jahre darauf stand er dem größten, wenn auch abenteuerlichsten Gegner, dem ehrgeizigen Wallenstein, ebenfalls in der Nähe von Leipzig, bei dem an der Landstraße nach Weißenfels liegenden Städtchen Lützen, gegenüber. Anfangs hatte sich Gustav Adolf geneigt gezeigt, mit dem nach der Krone Böhmens trachtenden Wallenstein ein Bündnis einzugehen, da sie ja beide die Macht der Habsburger brechen und Deutschland von der Aussaugung durch französische und spanische Truppen befreien wollten. Als er aber nach dem Sieg bei Breitenfeld die Verhandlungen abgebrochen hatte, suchte der ehrgeizige Friedländer durch Verbindungen mit der Gegenpartei, der kaiserlichen Macht, zur Erreichung einer stolzen Pläne zu kommen. Lange hatten sich die beiden großen Heerführer in befestigten Lagern bei Nürnberg gegenübergelegen. Dann hatte sich Wallenstein nach Sachsen gewandt, um es sengend und brennend in seine Gewalt zu bekommen, während der Schwedenkönig zunächst nach Süden gezogen war. Auf die Nachricht von den Verwüstungen der sächsischen Lande und Beschießung Leipzigs durch Wallenstein und den schonungslosen General Pappenheim war Gustav Adolf eilends nach Norden gezogen und über die Saale vorgedrungen. Die beiden Gewaltigen fühlten, dass es nun zum entscheidenden Schlag kommen musste. Kein Wort drang über die zugekniffenen Lippen des finsteren Wallenstein, als er die Truppen vor der Schlacht besichtigte, aber der Ingrimm und die Entschlossenheit seines dämonischen Wesens sprühten aus den dunklen Augen. Zur gleichen Morgenstunde ritt der schwedische König an die Reihen deiner verbündeten Kriegsscharen heran und munterte sie auf in deutscher und schwedischer Sprache. Und mit dem brausenden Gesang des deutschen Trutzliedes „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ rüstete man sich zum Kampf, der unentschieden blieb. Nach furchtbar erbittertem Ringen zog sich Wallenstein auf Leipzig zurück; die Schweden hielten sich für die Sieger, aber sie hatten das Beste verloren, ihren unersetzlichen Führer.

Im Morgennebel geriet Gustav Adolf plötzlich ins Handgemenge mit feindlichen Reitern und sank, von mehreren Kugeln durchbohrt, zu Boden. Das blutübersströmte Koller des Helden und großen Königs, der bis zur Unkenntlichkeit zugerichtet gefunden wurde, ist noch heut ein von den Schweden hoch in Ehren gehaltenes Stück zur Erinnerung an den von höherer Macht vor Erfüllung seiner hochfliegenden Pläne abgerufenen edlen und tapferen Streiter für seinen Glauben und seine große königliche Mission.

Auch Wallensteins Glanz war im Verbleichen. Das Schicksal Deutschlands erhielt an diesem dunklen Tag von Lützen eine entscheidende Wendung. Der Hoffnungsstern, der beim Sieg von Breitenfeld aufgegangen war, erlosch. Von Schweden kam nicht die Rettung für das arme ausgeplünderte deutsche Volk. Seine Erhebung konnte es erst nach langen Notjahren der Sammlung eigener Kraft verdanken.

Wallenstein am Morgen vor der Schlacht bei Lützen

Wallenstein am Morgen vor der Schlacht bei Lützen