Fische

Fische. Ein merkwürdiger Einfluss ist von der fraglichen Eisen-Bahn für den Verkehr a. mit lebenden Seefischen, auf den Fischfang an der Neu-Vorpommerschen Küste und auf die Versorgung Berlins, so wie noch weiter südwärts mit diesem beliebten, im Binnenlande seltenen und per Eisenbahn wohlfeil dorthin zu bringenden Nahrungs-Mittel zu erwarten. Schon jetzt werden, in den kalten Monaten, an der Küste, lebende oder ein wenig gesalzene Fische für Berlin geladen: können Eisenbahn die lebendig aus dem salzigen Wasser kommenden Fische jeden Morgen nach Berlin abgehen und dort des Abends, ebenso frisch und fast eben so wohlfeil wie an der Küste, verspeiset werden, so ist ohnstreitig ein großer, sicherer Absatz davon zu erwarten. Wird auf die halbe Million der in Berlin und an der Bahn in den Binnen-Städten und daneben wohnenden Menschen, für jeden nur 1/2 Pfund Seefische wöchentlich gerechnet so ergibt sich ein Transport von etwa 2.000 Zentnern wöchentlich oder etwa 300 Zentnern täglich; lieferte dazu Stralsund 150 Zentner und dies sind nur etwa zwei und eine halbe Last —; Greifswald und Barth 100, Wolgast, Lassan, Ribnitz 50 - so ist dies Quantum für den Fischerei-Betrieb an der Küste keineswegs unverhältnismäßig groß, es kann bei günstigem Heringsfang leicht verdoppelt, vervielfacht werden, aber dennoch ist die Erweiterung des Fischerei-Gewerbes an der Küste dann ein großer Gewinn; es können dort etwa 300.000 Thaler mehr verdient werden als jetzt, und Berlin erhält ein billiges, gesundes, beliebtes Nahrungsmittel mehr, die Bahn aber eine große, regelmäßige Einnahme!
Man wird von der Größe dieser Summe zu der Frage veranlasst: Ob denn ein solches Quantum Fische mehr als jetzt auch leicht an der Pommerschen Küste gefangen werden könne? — Da ist denn zu erwägen:
1) Es werden jetzt an dieser Küste, wenn der Absatz frischer Heringe nachlässt und der Preis dann fällt, von diesem Fische jährlich etwa zehn Tausend Tonnen gesalzen: der erweiterte Absatz p. Eisenbahn für den frischen Hering würde zuvor dieses Quantum an sich nehmen: sind etwa 20.000 Zentner.
2) Die Konsumtion an der Küste wird zuerst, bei etwas gesteigerten Preisen, gewiss gleich beschränkt und überlässt der Bahn wohl 15.000 Zentner
3) Der schon jetzt bestehende Versand von frischen und etwas gesalzenen Fischen geht an die Bahn über 10.000 Zentner
4) Der sichere Absatz zu lohnenden Preisen, vermehrt bald die Zahl der Fischer an der ganzen Küste und den Ertrag um 25.000 Zentner
5) Die bis jetzt selten mit Eifer betriebene Fischerei in der Ostsee selbst, wird Anreiz bekommen und leicht liefern 15.000 Zentner
6) Mittlerweile aber bringen, bei regelmäßigem Absatze, gar zu gern die Dänischen Fischer, von Bornholm, Moen, ja aus den Belten und dem Kattegatt her, gewiss jede beliebige Quantität größerer See-Fische: Dorsch, große Flundern, Schellfisch, Hummer usw., so dass für den Zugang von noch 15.000 Zentner durchaus keine Sorge sein und ein Quantum von jährlich 100.000 Zentnern ohnstreitig immer beschafft werden wird, auch wenn die einheimischen Fischer erst nach und nach zur Erweiterung ihres Gewerbes kommen oder nicht sofort Fisch-Reedereien in den Neu-Vorpommerschen Städten, wie in Emden, entstehen sollten. Hieran ist kaum zu zweifeln und also auch gewiss zu erwarten, dass die Fischmärkte in den Küsten-Städten vollkommen so reichlich für den hiesigen Verbrauch versehen sein werden wie bisher, auch die Salzerei wieder beginnen könne. Der Aalfang in der See und in den Binnengewässern wird ebenfalls erweitert werden und das Transport-Quantum für die Eisenbahn vergrößern. — Zu bemerken ist noch, dass der Handel mit lebenden Seefischen von der Küste Neu-Vorpommerns nach Berlin von keiner Seite her eine Konkurrenz fürchten darf; an der Nord-See ist der Fisch zu teuer und in der Ostsee sind nirgends so günstige Fischerei-Gewässer wie um Neu-Vorpommern, selbst Stettin kann dabei nicht füglich in Konkurrenz treten; die Hinterpommersche Küste hat nicht Schutz genug für das Gewerbe der See-Fischerei und das Haff hat schon süßes Wasser. Die auf hoher See gefangenen Fische können in Wasserbehältern nicht frisch bis Stettin gebracht werden, denn die See-Fische sterben im süßen Wasser.
Bei stärkerer Ausdehnung der Fischerei dürften gesalzene Seefische von Stralsund per Eisenbahn, nach den katholischen Ländern, Sachsen und Böhmen zur Fasten-Speise, einen guten Absatz erlangen.
In Betreff des Bahn-Transports ist noch zu beachten, dass, wenn ein Teil der lebenden See-Fische schon in den ersten Land-Städten an der Bahn eine bedeutende Abnahme finden wird, dagegen aus den Seen Mecklenburgs — z. B. von Wahren und Feldberg — gleiche Quantitäten von beliebten Süß-Wasser-Fischen: Wels, Bleye, Muränen u. s. w. für Berlin an die Bahn kommen und das Quantum ergänzen werden.
b. Geräucherte, gesalzene und marinierte Heringe und dergl. andere Fische, werden nach wie vor von der Küste zur Versendung nach Berlin und weiter kommen, ja noch viel mehr, weil der rasche Transport es zulässt die Ware delikater — nicht so stark gedörrt wie bisher — zu versenden; aus der Nähe von Stralsund und Greifswald sind allein über 13.000 Zentner Bücklinge u. dgl. verfahren: eine Erhöhung bis zu 15.000 Zentner ist viel zu gering angeschlagen.
Die durch eine Eisenbahn von Stralsund nach Berlin an der Neu-Vorpommerschen Küste hervorzurufende neue Gewerbstätigkeit, einer ausgedehnten Fischerei, ist von größter Wichtigkeit und kann der Aufmerksamkeit höchster Staats-Behörden kaum dringlich genug empfohlen werden.