Von den Irrlichtern bei Alt-Bielitz

Deutsche Sagen und Legenden
Autor: Überlieferung
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Bei Alt-Bielitz war ein Sumpf, in dem es früher sehr viel Irrlichter gab. Über sie erzählte ein Mädchen: "Die Irrlichter waren so kleine Dingerchen, und wir haben ihnen oft vom Fenster aus zugesehen. Manchmal war das sehr schön, besonders wenn sie getanzt haben, zu zweien, zu dreien und manchmal auch ein ganzer Kreis. Aber diese Lichter sind noch schlimmer als die Menschen; denn sie, können niemals im Frieden auseinandergehen, und immer hat es eine Rauferei unter ihnen gegeben. Das ist dann schrecklich gewesen. Man hat nur die kleinwinzigen Lichtlein auf einem Knäuel beisammen gesehen; sie sind aufeinander losgefahren, und manchmal hat man einen lauten Schrei gehört, und eins der Lichtlein ist verloschen. Daraufhin sind gewöhnlich die andern Lichter auf und davon geeilt und es ist eine Weile still gewesen, bis sie wieder zusammengekommen sind."

Bei einem Bauern stand ein Kuhhirt im Dienst, den hatte es in allen Fingern gejuckt, die Irrlichter einmal zu ärgern. Eines Abends, gerade als die Lichtlein so schön tanzten, stellte er sich vor die Haustür hin und pfiff ihnen. Da mußte er sich aber beeilen, denn im Hui waren die Irrlichter allesamt vor dem Haus. Sie tobten und schrien, daß den Leuten drin angst und bange wurde. Die halbe Nacht konnten sie nicht schlafen, und kein Mensch wagte sich auch nur einen Schritt aus dem Haus, ein solches Getobe gab's draußen. Der Kuhhirt traute sich von da an niemals mehr am Abend ins Freie hinaus, sondern blieb nunmehr im Hause hocken; denn er wußte, es würde ihm schlecht ergehen, wenn die Irrlichter ihn erwischten.

Ja, spaßen durfte man mit den Irrlichtern nicht, aber auch ihnen nachzugehen war gefährlich. Da wäre es einem Musikanten einmal beinahe schlecht ergangen. Dieser war auf dem Heimweg von der Wilmesauer Kirchweih. Plötzlich stieß er auf ein Irrlicht, das ihn in eine falsche Richtung ablenkte. In seiner Not zog der Musikant seine Fiedel heraus und begann ein geistlich Lied zu spielen. Und wirklich führte ihn das Irrlicht jetzt auf den rechten Weg. Sobald aber das Lied zu Ende war und der Spieler die Fiedel wieder einstecken wollte, geriet das Irrlicht in Zorn, gab dem Mann Rippenstöße und Ohrfeigen und führte ihn ans Wasser, so daß er es vorzog, wieder zu geigen. Stieß er dabei auf ein weltliches Lied, so bekam er den Ärger des Irrlichts sofort wieder zu spüren; drum durfte,er den ganzen Weg nur geistliche Lieder spielen, bis er endlich aufatmend daheim war.