Von dem ausländischen Handel und der Seemacht deutscher Städte im Mittelalter

Autor: Stengel, (?) Königlich Preußischer Geheimer Ober-Rechnungs-Rat, Erscheinungsjahr: 1835
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mittelalter, Seemacht, Hanse, Hansa, Städtebund, Handelsmacht
Vorwort.

Jedes Volk, in welchem das Gefühl für National-Ehre noch nicht durch Sklaverei oder Sittenverderbnis ganz abgestorben ist, blickt mit Freude und Stolz auf die Taten und den Ruhm seiner Vorältern zurück. Die Erinnerung an sie kommt vor Allem dann zur rechten Zeit, wenn wichtige Momente in dem Leben der Völker erscheinen. Oft haben die Völker und die aus ihrer Mitte hervorgegangenen Heere, wie die Geschichte in vielfachen Beispielen zeigt, das Schwerste mit Mut und Ausdauer zu vollbringen vermögt, wenn in entscheidenden Stunden, in wichtigen Krisen das Nationalgefühl durch die Erinnerung an die Taten der Vorältern erweckt worden ist.
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Inhaltsverzeichnis
    Vorwort
  1. Einleitung
    1. Deutschlands Bergwerke und der Einfluss deutscher Eroberungen und Sitten auf slavische Länder
    2. Verbindungen deutscher Kaufleute in fremden Ländern
    3. Bildung der Hansa aus diesen Verbindungen
  2. Zweck der Hansa
  3. Mitglieder und Verfassung
  4. Hansatage und Bundeshaupt
  5. Handel der Hanseaten
    1. Handelsniederlassungen in Russland, Norwegen, England und Flandern
    2. Handelsprivilegien und Beherrschung der Ostsee
    3. Heringsfischerei
    4. Großer Zwischenhandel der Hanseaten zwischen dem Nordosten und Westen Europas
    5. Absatz deutscher Erzeugnisse durch die Hanseaten
    6. Größe ihres Handels
  6. Mittel zur Aufrechterhaltung des hanseatischen Bundes
  7. Wohltätiger Einfluss der Hansa auf die Kultur des nord-östlichen Europas
  8. Streitigkeiten und monopolistischer Geist der Hansa
  9. Ihre Handels-Statuten
  10. Einrichtung ihrer Handels-Comtoirs
  11. Gewaltsames Verfahren der Hanseaten in Norwegen
  12. Auflehnung derselben gegen Gebote der deutschen Kaiser
  13. Politisches Ansehen der Hansa, ihre Seemacht und Kriege
  14. Erste Kämpfe Lübecks gegen die Könige von Dänemark
  15. Kriege der Hanseaten überhaupt vom 13ten bis in das 16te Jahrhundert
  16. Krieg gegen Norwegen im 13ten Jahrhundert
  17. Krieg gegen König Waldemar III von Dänemark und König Hakon von Norwegen
  18. Krieg gegen König Erich VII. von Dänemark
  19. Unterstützung der Schweden in ihren Kämpfen gegen die dänische Oberherrschaft
  20. Krieg gegen König Christian II von Dänemark, Schweden und Norwegen, und Unterstützung seines Nachfolgers in Dänemark und Norwegen, Friedrichs I.
  21. Einmischung Lübecks in die dänische Thronfolge und der dänische Thronfolgekrieg
  22. Krieg Dänemarks und Lübecks gegen König Erich XIV. von Schweden
  23. Fehde Hamburgs mit König Christian IV. von Dänemark und Norwegen
  24. Fehden der ostseeischen Hansestädte mit den Holländern
  25. Fehden der Hanseaten mit Frankreich und Spanien
  26. Kämpfe derselben mit Seeräubern und Eroberungen in Ostfriesland
  27. Krieg mit England
  28. Verfall und Auflösung der Hansa
  29. Deutschlands Wohlstand im 15ten und 16ten Jahrhundert
  30. Schluss
.....

Ein solcher wichtiger Moment ist jetzt in dem Leben des deutschen Volkes eingetreten. Das große deutsche Reich, welches sich im Mittelalter eines blühenden Handels und eines, im Verhältnisse zu dem damaligen Zustande anderer europäischen Lander hohen Wohlstandes erfreute, dessen Gewerbetätigkeit viele Völker Europas zinsbar waren, das mit seinen Krieges- und Handelsflotten die Ostsee und Nordsee bedeckte; Deutschland, von dem der Italiener Äneas Sylvius im 15ten Jahrhunderte sagte:

„Wenn diese Menge beträchtlicher Städte und Länder mit ihrer Mannschaft und ihrem Wohlstande zu einem Zwecke vereinigt wären, welch' ein Reich und Volk wäre das deutsche!“ ist früher durch innere Spaltungen und durch die Verschiedenheit der Interessen seiner Bestandteile geschwächt, oft zerrüttet und dem Einflüsse mächtiger Nachbarn, den Verheerungen und Plünderungen fremder Heere, vor wenigen Jahrzehnten sogar der drückenden Obergewalt eines ausländischen Herrschers preisgegeben gewesen. Vor Allem war bisher seine Industrie durch die vielartigen inneren Abgaben-Einrichtungen und Absperrungen der verschiedenen deutschen Länder unter einander, und durch die strengen Zollsysteme der benachbarten Staaten überall gehemmt und außer Stand gesetzt, den höheren Aufschwung zu erreichen, zu welchem die Lage und Größe Deutschlands, wie die Bildung und Arbeitsamkeit seiner Bewohner berechtigt.

Ein neuer Zeitabschnitt beginnt jetzt im deutschen Volksleben. Der größere Teil Deutschlands, durch den großen deutschen Zoll- und Handelsverein eng verbunden, sieht seine Industrie der Fesseln entledigt, die bisher den inneren Verkehr, den wichtigsten für alle Völker, belästigten, und innerhalb eines weit ausgedehnten Länderverbandes durch ein mäßiges Zollsystem, welches doch mit weiser Vorsicht nicht jede fremde Konkurrenz ausschließt, vor dem Handel derjenigen Nationen begünstigt, welche aus einer selbstsüchtigen Handels-Politik den deutschen Fabrikaten fast gar keinen, und selbst den deutschen Produkten einen nur möglichst geringen Zugang gestatten. Deutsche Völker, die bisher nur durch Sprache, Sitten, Wissenschaft und durch einen zwar hochachtbaren und in vieler Hinsicht nützlichen, sich aber doch hauptsächlich nur auf die Verteidigung gegen fremden Angriff und auf einige gemeinsame Einrichtungen beschränkenden Bund in Verbindung standen, sind jetzt durch die Gemeinschaft materieller Interessen, dieser wichtigen Grundlage eines gemeinsamen Volkslebens, enger als je und dergestalt verbunden, dass sich davon auch eine Verstärkung des allgemeinen deutschen Bundes in Zeiten der Gefahr hoffen lässt.

Die sich auf den Kampf solcher Interessen beziehende gegenseitige Eifersucht, die gegenseitige Bitterkeit, welche die Störung des Gewerbes und des freien Verkehrs im eigenen Vaterlande verursachen musste, sind vernichtet. Auf dem Wege des Friedens und der Eintracht ist eine engere Vereinigung eingetreten, die, fern von jeder Beeinträchtigung der Eigentümlichkeiten einzelner Volksstämme, fern von jenen Umwälzungen, bei denen das Wohl der lebenden Generation einer ungewissen Zukunft zum Opfer gebracht wird, schon in der Gegenwart gewisse Vorteile zusichert und eine schönere Zukunft vorbereitet. Die Schranken, welche die jetzt zu dem Vereine gehörigen Länder trennte, sind gefallen; ohne Belästigung und in den meisten Fällen wohlfeiler als der Ausländer kann der Deutsche dem Deutschen seine Erzeugnisse zuführen und seine Bedürfnisse von ihm entnehmen, — und in dem weit ausgedehnten Ländergebiete, welches bei dem jetzt nicht mehr zweifelhaften Beitritte Badens, Nassaus und Frankfurts eine Bevölkerung von gegen 25 Millionen umfassen wird, ist ein freierer Raum, ein geschützteres Feld für große Gewerbe-Unternehmungen gegeben, als früher in jedem einzelnen der durch verschiedene Abgaben-Einrichtungen getrennten, zum Teil kleinen Länder vorhanden war. Außer dem Vorzuge vor den Erzeugnissen der ausländischen Industrie, welchen die von diesen zu entrichtende Steuer gewährt, außer dem Einflüsse auf eine vorteilhaftere Verteilung der Betriebskosten auf die Fabrikate, welchen die Möglichkeit einer bedeutenden Erweiterung der Gewerbsanstalten, in Folge eines geschützten großen Marktes, haben kann, muss das Gewerbswesen in den vereinigten Ländern auch noch dadurch gewinnen, dass manche Materialien und Bedürfnisse, deren Herbeischaffung wegen der Hemmungen des innern Verkehrs früher teurer zu stehen kam, jetzt wohlfeiler zu erlangen sind, und dadurch der Kostenpreis der inneren Erzeugnisse vermindert wird.

Schon regt sich hin und wieder ein großartigerer Geist der Spekulation; Eisenbahnen werden errichtet, und es wird an größeren Unternehmungen zur Herstellung einer leichtern Kommunikation im weiten Gebiete des Vereins gearbeitet. Groß ist das Feld, welches der deutschen Industrie eröffnet ist. Wer wissen will, wie viel sie dem Auslande noch abgewinnen kann, wird in Nebenius' trefflicher Schrift über den deutschen Zollverein eine, aus guten Quellen geschöpfte Belehrung finden.

Von diesen Ansichten geleitet, habe ich dem Wunsche der Redaktion nachgegeben, ihr die nachfolgenden Abhandlungen, von denen die erste, über den blühenden Handel deutscher Städte im Mittelalter, ursprünglich nur zum Vortrage in einer Gesellschaft für literarische Unterhaltung bestimmt gewesen ist, zur öffentlichen Bekanntmachung durch den Druck zu überlassen.

Die Handels-Übermacht der Hanseaten konnte nur vermöge der Schwache und geringen Industrie derjenigen Völker, welche sie ihrem Handels-Interesse zinsbar gemacht hatten, so lange Zeit bestehen.

Sie geriet in demselben Verhältnisse in Verfall, in welchem die eigene Industrie dieser Völker erwachte, und deren Regierungen zu der Einsicht gelangten, dass es dem wohlverstandenen Interesse ihrer Staaten zuwider sei, den fremden Handelsmann vor dem einheimischen zu begünstigen, und jenem die inländische Betriebsamkeit ohne Schutz Preis zu geben.

Die Geschichte der Hansa gibt dem heutigen Deutschland eine wichtige Lehre. Was diesen Völkern gelungen ist, — die Erlangung einer größeren Selbstständigkeit im Handel und Gewerbe, — kann und wird auch der deutschen Nation durch dieselben Mittel, nämlich durch den höheren Aufschwung der eigenen Industrie und durch kluge Zoll- und Handels-Einrichtungen, gelingen, und der größere Gewinn, welcher dann dem Handel und dem Fabrikwesen zufällt, wird allmählich auch auf den, durch manche ungünstige Verhältnisse gedrückten inländischen Landbau wohltätig zurückwirken.
Potsdam, im Monat August 1835.
Stengel.

Braunschweig Stadtansicht

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Bremen Marktplatz

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Greifswald Stadtansicht

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Goslar Stadtansicht

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Elbing Stadtansicht

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Berlin und Kölln

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Kaiser Otto I. und Gemahlin

Kaiser Otto I. und Gemahlin

Lübeck Das Holstentor

Lübeck Das Holstentor

Lüneburg Stadtansicht

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Magdeburg Stadtansicht

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Rostock Stadtansicht

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Stettin, das Alte Schloss

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Stralsund Stadtansicht

Stralsund Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Wismar, Stadtansicht

Hamburg, Blick auf die Unterelbe

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Hamburg, Flet in der Altstadt

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