Das Thierreich ist ebenso mannigfach. Die Pferde, meistens Grauschimmel und von mittlerer Grösse, sind eine durch Berber- und Araber-Pferde hervorgebrachte Kreuzung. ...

Das Thierreich ist ebenso mannigfach. Die Pferde, meistens Grauschimmel und von mittlerer Grösse, sind eine durch Berber- und Araber-Pferde hervorgebrachte Kreuzung. Ausdauernd und schnell in ihren Bewegungen, sind sie meistens ohne Tücke und zum Reiten vortrefflich geeignet. Die Tripolitaner Esel, obschon nicht gross, sind berühmt. Das Rind ist kleiner Art, milcharm, aber so reichlich vorhanden, dass davon exportirt werden kann. Die Schafe sind alle Fettschwänze, und haben eine ausgezeichnete Wolle, in die Oasen versetzt, verlieren sie diese jedoch im zweiten Jahre; die Ziegen sind ebenfalls klein und milcharm, von beiden sind aber auch so grosse Heerden vorhanden, dass davon exportirt werden kann, überdies kommt die Wolle auch auf europäische Märkte. Das Kameel, ebenfalls durch die ganze Regentschaft verbreitet, ist das aus Arabien eingeführte einhöckrige. Andere Hausthiere und Geflügel sind dieselben wie in Europa. Von wilden Thieren nennen wir die verschiedenen Antilopenarten, auch überall verbreitet, Kaninchen, Hasen, Hyänen, Schakal, Füchse, wilde Katzen, Lynxe, Ratten, Springratten, Stachelschweine und wilde Schweine. Löwen und Panther kommen nirgends in Tripolitanien vor. Unter den Vögeln heben wir hervor: Adler, Falken, Fledermäuse, Eulen, Raben, Stieglitze, Sperlinge, Nachtigallen, Canarienvögel, Schwalben, Tauben verschiedener Art, Enten, Gänse, Schnepfen, Rebhühner, Wachteln, Bachstelzen, Flamingos und vor allen den Strauss. Schildkröten verschiedener Art findet man in der Djefara, Eidechsen, Schlangen, oft wie die Hornviper, sehr giftig, aber meist kleiner Art, Scorpione und Spinnen, von welcher letzteren eine in der Wüste vorkommende sehr grosse Art zu erwähnen ist, kommen überall vor. Heuschrecken, welche oft zur Landplage werden, andererseits als Nahrung dienen, sind von verschiedenen Arten heimisch, Bienen sind im wilden Zustande, namentlich in den bewaldeten Bergen, Libellen trifft man überall, auch an den Quellen in den Oasen, Stechmücken, Fliegen in unaussprechlicher Zahl, Pferdebremsen, kriechende und hüpfende, den Menschen anhaftende Parasiten sind sehr verbreitet. Zu bemerken ist übrigens, dass der Floh die Region der Wüste, wo es nicht regnet, meidet. In den Sümpfen und den meisten Quellen, selbst die der Oasen nicht ausgenommen, findet sich der Blutigel. In Fesan ist noch im Behar el daud ein Wurm zu nennen, den die Eingebornen essen.

Was die Bewohner von Tripolitanien anbetrifft, deren Gesammtzahl einigermassen genau zu bestimmen, äusserst schwierig ist, so müssen wir vor allen drei Hauptvölker unterscheiden: Araber, Berber und in Fesan Mischlinge. Die Araber bewohnen die Städte, grossen Ebenen und die Cyrenaica, die Berber finden wir im Djebel, Rhadames, Sokna und Audjila und die Mischlinge, hervorgegangen aus einer Kreuzung von Türken, Arabern, Berbern, Tebu und anderen Negerstämmen, bewohnen das Kaimmakamlik Fesan. Die wenigen Türken, welche in Tripolitanien sind, kommen kaum in Betracht, zudem sind die Truppen oft keine Türken, sondern häufig Araber aus Syrien; oft Albanesen, Tscherkessen, je nachdem sie aus der einen oder anderen Provinz kommen. Ganz unstatthaft ist es aber, wie die meisten Schriftsteller thun wollen, die Städtebewohner unter dem Namen Mauren als ein besonderes Volk hinstellen zu wollen. Der Name „Mauren oder Mohren“, kam für die Städtebewohner des nördlichen Afrika's zuerst auf, nach der spanischen Vertreibung, weil die Spanier gewohnt gewesen waren, die Eindringlinge als aus Mauritanien kommend, den Namen los Moros zu geben. Aber diese nach Spanien übergewanderten Mauritanier waren Berber und Araber, Städte- und Landbewohner, vor und nach der Einwanderung und Vertreibung der Mohammedaner 68aus Spanien, gab es in Nordafrika wie in Arabien Stadt- und Landbewohner, aber diese Stadtbewohner immer als eine besondere Abart mit dem Namen Moros, Maures, Mohren, den sie selbst gar nicht kennen, bezeichnen zu wollen, ist ebenso lächerlich, als wolle man bei uns z.B. sagen, die Einwohner von Berlin sind keine Deutsche oder Preussen, sondern Brandenburger. Wir müssen daher nochmal darauf aufmerksam machen, dass nicht nur die Bewohner von Tripolis, sondern die aller Küstenstädte bis Tanger an der Strasse von Gibraltar sich selbst Araber nennen und zum grössten Theile sind; wenn man aber darauf besteht sie Mohren nennen zu wollen, man diesen Ausdruck mit demselben Rechte auf alle Bewohner, welche das ehemalige Mauritanien bewohnen, ausdehnen kann, einerlei, ob es Stadt- oder Landbewohner, Berber oder Araber sind, denn Mohren oder Mauren als besonderes Volk hat es nie gegeben. Als eigenes Volk müssen wir noch die Juden, wenn auch nahe verwandt mit den Arabern, hervorheben, man trifft sie mit Ausnahme der Oasen, überall in den Städten und selbst im Djebel giebt es Judenniederlassungen. Ebenso falsch ist es unter „Beduinen“ ein besonderes Volk annehmen zu wollen. Der Name Beduine von Bedui hergeleitet, hat nur das Wandernde in sich, will aber keineswegs bedeuten, ob dies nur ein wanderndes Berber- oder Araber-Volk sei. Im Rharb oder im Westen von Afrika kennt man überdies diesen Ausdruck gar nicht. Ausserdem giebt es Schwarze aus dem ganzen Innern von Afrika, nirgends aber haben sie sich zu einer besonderen Gemeinde zusammen gethan, wenn man nicht die kleinen Hüttendörfer nennen will, welche man unter den Mauern von Tripolis und Bengasi findet und die meistens von Negern bewohnt sind; es ist dies aber meistens der Auswurf von weggelaufenen Sklaven und Sklavinnen und auch weisse Vagabonden finden sich unter ihnen.


Wir werden nicht zu tief greifen, wenn wir die Gesammtbevölkerung von Tripolitanien auf 1 Million Menschen anschlagen.(7) Della Cella schätzte sie auf 650,000 Seelen. Wenn man aber bedenkt, dass die Zunahme der Bevölkerung in den mohammedanischen Staaten überhaupt nicht in dem wachsenden Maasse vor sich geht wie in den christlichen Staaten, andererseits Pest und Krieg in Anbetracht zieht, welche zehn Jahre das Land verwüstet haben, so wird man finden, dass die Zahl nicht zu niedrig ist.

Die Bewohner Tripolitaniens sind sesshaft und umherziehend. Diese, welche entweder in grösseren Städten, die sämmtlich an den Küsten gelegen sind, wohnen, oder in kleineren Orten, in von Stein und Thon erbauten Häusern, oder aber wie im Djebel, in unterirdischen Höhlen, oder wie in manchen Oasen in aus Palmenzweigen gebauten Hütten, leben von Handel, Industrie, Manufactur, Gartenbau und dem Acker. Die Nomaden, sämmtlich aus Arabern bestehend, wohnen in Zelten entweder einzeln oder zu einem Fareg oder Duar, d.h. Zeltdorfe vereinigt. Die Zelte bestehen meistens aus einem Gewebe von Ziegenhaar oft mit Kameelhaar untermischt und je nach dem Stamme sind sie verschieden geformt und haben sie verschiedene Abzeichen und Farben im Gewebe. Die Nomaden leben hauptsächlich von Viehzucht, treiben aber auch Ackerbau. Der Kreis ihrer Züge ist überhaupt ein beschränkter, nicht jeder Stamm kann mit seinen Heerden hingehen, wohin er will, von Alters her haben sie nach Uebereinkommen ihre bestimmten Grenzen unter sich, welche nicht übertreten werden. Aber eben da dies Alles nur auf Uebereinkommen und Herkommen beruht, brechen darüber oft Streitigkeiten aus, welche zu Krieg zwischen den Triben anwachsen. Obschon die Polygamie erlaubt ist, so sind doch fast alle Tripolitaner, selbst die Städtebewohner Monogamen. Das was man über die Stellung der Frauen bei den Arabern und Berbern im Allgemeinen gesagt hat, ist auch hier in Tripolitanien ebenso falsch und beruht auf oberflächlicher Beobachtung der Sitten. Die Frau hat allerdings nicht die hohe und berechtigte Stellung, welche sie in der christlichen Welt einnimmt, welche Stellung zum Theil durch den Mariencultus der katholischen und griechischen Kirche hergekommen, zum Theil in den Anschauungen unserer eigenen heidnischen Vorführen begründet 71ist, indess ist sie doch keineswegs so unterdrückt, wie man nach den Beschreibungen der meisten Reisenden vermuthen sollte. Dass die Frau das Mehl reibt oder mahlt, dass sie Brod bäckt, dass sie die Basina und den Kuskussu zubereitet, endlich das nöthige Wasser für die Familie herbeiholt, wenn oft auf grosse Entfernungen, finde ich ganz natürlich; was aber die schwere Arbeit anbetrifft, der Ackerbau, die Ernte, die Viehzucht, so sehen wir damit ausschliesslich die Männer beschäftigt. Ebenso ist es in den Städten, die Maurerarbeiten, Tischler, Schlosser, Schmiede und überhaupt alle Handwerke werden von den Männern wie bei uns betrieben, während der Frau die häuslichen Arbeiten zufallen. Nur als besonders muss ich hervorheben, dass die Töpferarbeit in Fesan eine Frauenbeschäftigung ist. Dass aber im Allgemeinen die Frau bei den ansässigen, wie nomadisirenden Tripolitanern ebenso das Regiment führt wie bei uns, wird Jedem, der Gelegenheit gehabt hat, in mohammedanischen Familien eingeführt gewesen zu sein, bekannt sein.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Von Tripolis nach Alexandrien - 1. Band