Während der französischen Expedition nach Aegypten, stand Tripolis im Geheimen zu den Franzosen, General Vaubois auf Malta, ...

Während der französischen Expedition nach Aegypten, stand Tripolis im Geheimen zu den Franzosen, General Vaubois auf Malta, wurde während der Belagerung mit Lebensmitteln unterstützt. Als Jussuf Pascha nachher durch die Drohungen der Engländer gezwungen, offen den Krieg an Frankreich erklären musste, instruirte er heimlich seine Corsaren den französischen Pavillon zu schonen. Ja, es scheint, als ob Napoleon einen Augenblick daran gedacht habe, seine Armee durch Tripolitanien aus Aegypten zu ziehen. 1801 wurde von ihm ein gewisser Xavier Naudi, geborner Malteser, nach Tripolis geschickt, und derselbe schloss mit Jussuf am 18. Juni des Jahres Frieden. In den Stipulationen war hauptsächlich die freie Communication von Gütern und Personen zwischen Tripolitanien und Aegypten betont. Die bald darauf erfolgende Räumung der französischem Truppen machten jedoch diese Clausel überflüssig.

Im Jahre 1819 wurde durch Freemantle und Jurien de la Gravière der Regentschaft die Beschlüsse von Aachen mitgetheilt, wie das in Algier und Tunis geschehen war, und Jussuf, besonders da man das Recht schwarze Sklaven zu halten und zu kaufen nicht antastete, nahm offen alle Bedingungen an. Es war hiemit ein grosser Schritt gewonnen. Denn durch diesen Vertrag bekommen zum ersten Male die Schiffe der kleinen Mächte, wie Toscana, der Kirchenstaat, die Hansestädte, Hannover und Preussen, dieselbe Berechtigung wie die Fahrzeuge der Staaten, welche wie Oesterreich, Frankreich und England Verträge mit den Berberstaaten hatten. Wenn mit diesem Aachener Vertrage ein für alle Mal die Piraterie aufgehoben war, so waren damit alle anderen demüthigenden Verträge auch vernichtet. Ich schreibe das Wort „demüthigend“, denn obwohl seit Jahrhunderten Engländer, sowohl wie Franzosen mittelst ihrer Flotte die Macht gehabt hätten, längst die Piraterie zu zerstören, und diese Raubstaaten bei wiederholten Gelegenheiten dem Erdboden hätten gleichmachen können, so schlossen sie doch selbst die schimpflichsten Verträge ab, bloss um den Handel der kleinen christlichen Mächte, welche keine Kriegsflotte zum Schutze ihres Handels hatten, gänzlich zu vernichten. Was sagt man dazu, dass in dem am 2. Aug. 1729 zwischen Frankreich und Tripolis geschlossenen Frieden festgesetzt ist: „dass die Corsaren französische Pässe vom französischen Consul erhalten, um sie vor den französischen Kriegsschiffen zu sichern, dass sie in den französischen Häfen Schutz finden können, aber nur Prisen in der Entfernung von 10 Meilen vom französischen Ufer machen dürfen. Die französischen Kriegsschiffe dürfen die Piratenschiffe untersuchen, aber das Durchsuchungsrecht ist auch den Piraten für die französischen Kauffahrer gewährt.“ Es versteht sich von selbst, dass alle Schiffe, welche nicht französisch oder englisch waren, den Piraten als verfallen betrachtet wurden. Mit dem Jahre 1819 waren solche Zustände glücklicher Weise überwunden.


Im Anfange der zwanziger Jahre hatte Jussuf eine Rebellion seines Sohnes, welcher Statthalter in Bengasi war, zu unterdrücken, und übermüthig geworden, glaubte er nun an Sardinien einen leicht zu besiegenden Gegner gefunden zu haben. Dieser Staat war interimistisch durch einen Agenten in Tripolis vertreten, und als dieser sich weigerte, das übliche Geschenk an den Pascha zu entrichten, liess Jussuf seinen Pavillon herabziehen, und erklärte Krieg an Sardinien. Es dauerte aber nicht lange, so erschien Admiral Sivoli mit sardinischen Schiffen vor Tripolis, und Jussuf Pascha, jetzt eingeschüchtert, wollte durch das englische Consulat unterhandeln, verlangte aber dummerweise zum Segen des Friedensschlusses gleich von vornherein die Summe von 30,000 Piastern. „30,000 Kugeln soll er haben,“ antwortete der tapfere Sivoli und die Beschiessung der Stadt begann sofort. Es versteht sich von selbst, dass die Sardinier nach kurzer Zeit erlangten, was sie wollten, der Stolz Jussuf's war gebrochen.

Etwas später kam auch ein neapolitanisches Geschwader vor Tripolis, um für erlittene Unbillen Genugthuung zu verlangen, aber nicht so energisch wie die Piemontesen, musste es unverrichteter Sache wieder abziehen.

Durch seine eigenen Unterthanen, die nun einmal die gewinnreiche Piraterie nicht aufgeben wollten, wurde der Regierung Jussuf's die meisten Unannehmlichkeiten bereitet; so im Jahre 1826, wo drei unter päpstlicher Flagge fahrende Kauffahrer gekapert wurden. Der Papst selbst ohnmächtig, seine Unterthanen gegen die mohammedanischen Seeräuber zu schützen, wandte sich an Frankreich, und das schickte unter Arnous de Saulsays eine Flotte, welche die Herausgabe der drei Schiffe bewerkstelligte. Da aber Jussuf Pascha dem päpstlichen Stuhle ausserdem eine starke Entschädigungssumme zahlen musste, so suchte er sich durch die kleinlichsten Chikanen an dem derzeitigen französischen Consul zu rächen. Zu der Zeit war im Innern der englische Reisende Major Laing ermordet worden, und Jussuf Pascha scheute sich nicht, den französischen Consul der Mitwissenschaft dieses Mordes und namentlich des Besitzes der Papiere Laing's anzuklagen. Da Herr Rousseau, der französische Consul, vom Pascha keinen bestimmten Widerruf erlangen konnte, strich er seinen Pavillon und schiffte sich nach Frankreich ein. Der darüber zwischen Paris und London ausbrechende diplomatische Briefwechsel, hatte eine gründliche Untersuchung des Vorganges zur Folge, bei der sich die Unschuld des französischen Consuls auf's glänzendste herausstellte. Das französische Gouvernement benutzte diese Gelegenheit indess, um Tripolis ein für alle Mal eine tüchtige Lection zu geben, und einen Monat später als die Einnahme Algiers, erschien Gegenadmiral Rosamel vor der Stadt und legte der Regierung Bedingungen auf, welche aber trotz der Demüthigung, welche sie enthielten, angenommen wurden. Frankreich trat hier als Fürsprecher der ganzen Christenheit auf, denn ausser den Entschuldigungen, welche der Pascha wegen seiner Verläumdungen machen musste, wurde die unbedingte Aufhebung christlicher Sklaverei und jeder Piraterie und die Abschaffung gewisser Geschenke, welche einige kleine Staaten noch leisteten, decretirt.

Zu diesen äusseren Complicationen, welche den Schatz des Paschas verminderten, und da sie immer mit einer Demüthigung für die Regierung Tripolis endeten, dessen Ansehen im Inneren der Provinz schwächten, kamen nun noch Revolten und Empörungen der eigenen Unterthanen, so dass man jetzt schon den Untergang des alten Jussuf's voraussagen konnte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Von Tripolis nach Alexandrien - 1. Band