Von Dieben, falschen Heiligen, Rosstäuschern und Verrätern

Aus: Schnurren. Volksbücher. 27
Autor: Marbach, G. O. (?) Herausgeber, Erscheinungsjahr: 1865
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Schnurren, Anekdoten, Diebe, Heilige, Rosstäuscher, Pferdehandel
Ein Dieb stahl in einem Hause einen großen kupfernen Waschkessel. Als er mit demselben hinausgehen wollte, trat der Herr des Hauses herein. Der Dieb rief ihm sogleich entgegen: „Nehmen Sie sich in Acht, mein Herr, dass Sie sich nicht schwarz machen.“ Der Eigentümer des Kessels ging also aus dem Wege und machte dem Diebe Platz, weil er glaubte, dass an dem Kessel etwas auszubessern sei.

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Ein katholischer Geistlicher wurde zu einem Kranken gerufen, welcher vom Teufel besessen sein sollte. Er nahm seinen sehr einfältigen Neffen mit, welcher geistlich studiert hatte, und der ihm in Kürze zum Gehilfen beigeordnet werden sollte. Der Geistliche schärfte es dem Neffen ein sich in seinen Antworten nach ihm zu richten, damit er sich nicht lächerlich mache. Gleich beim Eintritte der geistlichen Herren zeigte der Besessene auf den alten ehrwürdigen Geistlichen und sprach: „Wer ist dieser Heilige?“ Da antwortete der Pfarrer mit frommer Miene: „Ich bin noch kein Heiliger, hoffe aber durch Gottes Beistand dereinst noch ein solcher zu werden.“ Jetzt wendete sich der Besessene an den jungen Kandidaten und sprach: „Wer ist dieser Esel?“ Da sprach der Kandidat mit frommer Miene: „Ich bin noch kein Esel, hoffe aber durch Gottes Beistand dereinst noch ein solcher zu werden.“

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Es wollte Jemand ein Pferd kaufen; er ging also zu einem Rosshändler, bei dem er eins fand, das ihm gefiel. Der Rosstäuscher forderte dafür 80 Thaler und versicherte, dass er nichts vorgeschlagen habe, sondern das Pferd ihm als seinem guten Freunde für den genauesten Preis lassen wolle. „Gut, antwortete der Käufer, ich habe nur fünfzig Thaler bei mir, die will ich Ihnen gleich geben und die übrigen dreißig schuldig bleiben.“ Der Rosstäuscher versetzte: „O! das hat gute Wege, machen Sie mit mir keine Umstände.“ Nach einiger Zeit forderte derselbe die dreißig Thaler. „Mein Herr!“ sagte der Käufer: „wir müssen uns an unsere Abrede halten. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich Ihnen dreißig Thaler schuldig bleiben wolle, Sie waren damit zufrieden. Wenn ich sie Ihnen bezahlte, so bliebe ich Ihnen nichts schuldig, und das wäre gegen die Abrede.“

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Ein Spanier stritt sich mit einem Portugiesen über die Vorzüge ihrer Nationen. Der Spanier behauptete, dass die Portugiesen weit hinter seinen Landsleuten zurückständen, und zum Beweise führte er unter andern an, dass das Haupt der Kirche, der heilige Petrus, ein Spanier gewesen sei. Der Portugiese wollte dies nicht zugeben, sondern meinte, der h. Petrus sei im Gegenteil ohne Zweifel ein Portugiese gewesen. Beide konnten sich nicht darüber einigen und sie kamen daher überein, dass sie dem Ersten, der ihnen begegnen würde, die Sache zur Entscheidung vortragen wollten, unter der ausdrücklichen Bedingung, dass er ganz unparteiisch urteile. Es stieß ihnen ein Mann von Stande auf und sie legten ihm ihre Frage vor: ob der heilige Petrus ein Spanier oder ein Portugiese gewesen sei? Der Befragte, ein Portugiese, versetzte: „Allerdings war er ein Spanier.“ Der Portugiese wunderte sich höchlich und äußerte sein Befremden darüber, dass jener ein so nachteiliges Urteil gegen seine eigenen Landsleute hätte fällen können. „Mein Freund!“ sagte der Schiedsrichter: „ich rede die reine Wahrheit. St. Petrus war unstreitig ein Spanier, denn wäre er ein Portugiese gewesen, so hätte er nimmermehr seinen Herrn und Meister verraten.“

Arabisches Pferd

Arabisches Pferd

Esel

Esel