Ich erbte ...

Nach unserem glorreichen Feldzuge der Jahre siebzig und einundsiebzig ergab sich nach Schluss des „Friedens“ als nächste Notwendigkeit, dass man sich nun aber — rüsten müsse. Wenn Du den Frieden willst — rüste den Krieg. Hast du aber den Frieden erlangt — so rüste erst recht den Krieg. So oder ähnlich muss es wohl in der Bibel stehen.

Die französischen Milliarden wurden, nachdem Bismarck und seinen Leuten ihre baren Auslagen, Porto, Reisekosten und dergleichen, zurückerstattet waren, in erster Linie zum Bau der sogenannten Kanonen-Bahnen verwendet, damit man in dem nun bevorstehenden nächsten Feldzuge womöglich noch schneller und bequemer nach Frankreich hineinfahren könne.


Bei dieser Gelegenheit legte Moltke eines schönen Tages das Lineal auf die Karte des neugeeinigten Vaterlandes und zog einen dicken Strich von Berlin nach Metz. Von der alten Annahme ausgehend, dass die gerade Linie der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten sei, wollte er diesem dicken Strich entlang eine Bahn bauen.

Da ergab sich, dass Stolberg-Stolberg am Harz genau auf dieser geraden Linie lag! — Als Moltke dieses sah, wurde er nachdenklich und brach wider Gewohnheit sein Schweigen:

— Wenn mir da nur Adolph keine Schwierigkeiten macht, — rief er aus, — wir wollen ihm lieber gar nichts sagen, —

So tat man denn, als ob Stolberg-Stolberg schlechthin preußisches Gebiet sei und begann unverzüglich mit den Vorbereitungen zum Eisenbahnbau. Auf der einen Seite des engen Thales sollte die Bahn aus dem Berge hervorbrechen, in einem stolzen Bogen über das Städtchen hinweggeführt werden und dann auf der andern Seite in halber Höhe des Berges wieder im Tunnel verschwinden.

Da man Illustrissimus nichts sagen durfte, wonach er nicht gefragt hatte, so erfuhr er anfänglich tatsächlich nichts von dem Attentate, das man gegen sein Land plante. Als er jedoch eines Nachmittags bei seiner Spazierfahrt einen hohen Stoß Eisenbahnschwellen am Wege gewahrte, wurde er ob des ungewohnten Anblickes stutzig und fragte, was denn das da sei. Da kam die Geschichte dann heraus.

Man kann sich Adolphs Schreck denken. Die Eisenbahn! Diese fluchwürdige Neuerung, diese durch und durch liberale Institution — in seinem Lande! Das war zu viel.

Er setzte nun alle Hebel in Bewegung. Es entspann sich alsbald ein internationaler Depeschenwechsel größten Stiles. Im Laufe der Jahrhunderte waren die Stolberger natürlich mit einer ganzen Anzahl besserer Familien des älteren hohen Adels verwandt und verschwägert geworden. Diese Familienbeziehungen nutzte Adolph nun in ihrem ganzen Umfange aus — und da der alte Kaiser Wilhelm von dem letzten Feldzuge noch zu müde war, die Sache auch wohl nicht für wichtig genug hielt, um ihretwegen einen neuen Völkerkrieg heraufzubeschwören, so musste Moltke seufzend nachgeben. Er zog einen Halbkreis unten um den Harz herum, und Stolberg ist — Gott sei Dank! — bis auf den heutigen Tag — ohne Eisenbahn.




Zu meiner Zeit, also im Jahre neunundachtzig, war es daher noch ziemlich schwierig, nach Stolberg zu gelangen. Man fuhr mit der Bahn bis Nordhausen — einer Stadt, die wegen des vielen Schnapses, der in ihr fabriziert wird, ihren Namen vollauf verdient. Dort musste man sich in einen kaiserlichen Postkutschkasten setzen und hatte dann noch über drei Stunden zu fahren, ehe man in der Residenz der regierenden Grafen von Stolberg-Stolberg ankam.

Heute ist es nicht mehr ganz so schlimm. Man hat von Berga-Kelbra, einer Station kurz vor Nordhausen, eine Sekundärbahn bis Rottleberode gebaut. Und von dort bis Stolberg ist es nur noch eine Stunde, und zwar von Anfang an ein ganz herrlicher Weg. Ich bin ein Harzer und kenne und liebe den Harz: man darf es mir also glauben.

Schon damals ließ ich mich jedoch durch die Ungunst der Verkehrsverhältnisse nicht abhalten, dem schönen Stolberg von Zeit zu Zeit den Rücken zu kehren. Öfter, als es meinem doch so milden Vorgesetzten, dem Herrn Amtsgerichtsrat, lieb war, sah ich mich mit und ohne Urlaub in menschenreichere Gegenden versetzt.

Speziell war es ein in der Nähe ansässiger Weinreisender, in dem ich einen sehr brauchbaren Menschen erkannt hatte, der mich mit Vorliebe von dem Pfade der Tugend und des Amtsgerichtes ab und mittels seines vortrefflichen und bequemen Privat-Fuhrwerks auf den Bahnhof von Nordhausen brachte. Von dort waren es nach Berlin nur noch vier Stunden, Meine Berliner Freunde wunderten sich denn auch gar nicht, wenn ich von Zeit zu Zeit unter ihnen erschien. Wenn ich ihnen erzählte, dass ich Referendar in Stolberg sei, mochten sie diesen Ort für einen Vorort von Berlin halten. Sie wohnten ja selbst zum Teil in Friedrichshagen.

Gelegentlich einer solchen Anwesenheit in Berlin machte ich die Bekanntschaft eines jungen Mannes, der seinem ganzen Äußeren nach keineswegs in den Kreis meiner Freunde zu gehören schien. Er war ziemlich anständig gekleidet, sogar mit einer gewissen billigen Eleganz, war nahezu bescheiden und schien immer Geld zu haben. Er erinnerte eher an einen stillen, sanften Kaufmannsjüngling, als an ein Genie — kurz er war in dieser Gesellschaft — dem sogenannten Genie-Convent — eine auffallende Erscheinung.

Auf dem Heimwege erkundigte ich mich denn bei dem Obergenie unserer Gruppe, das auf den Namen Heinrich hörte:

— Nun sag’ mir mal: wer ist denn eigentlich dieser neue Jüngling, den Ihr da bei Euch habt. —

— Das — o das ist ein sehr nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft. Hast Du nicht gesehen, dass er heute wieder ein Zwanzig-Mark-Stück wechseln ließ? Eine Seele von einem Menschen. Wir glaubten es ihm schon abgewöhnt zu haben — aber nein! Siehst Du: das ist eine jener Gestalten, die einen immer wieder mit der Bourgeoisie aussöhnen . . .

— Nun ja . . . aber ich möchte gern wissen: was ist er denn eigentlich. —

— Ach, das ist das wenigste. Er heißt Sternberg. Sein Vater hat natürlich Geld . . handelt mit Wolle, Zwirn, Draht . . kurz allem, was länglich ist. Und er, der kleine Sternberg, misst es, bevor der alte es verkauft. Na . . und dabei ist er aufs Dichten verfallen. Wie? — kann ich Dir beim besten Willen nicht verraten. Aber Du musst mal herkommen, wenn er was vorliest. Dann ist es immer sehr gemütlich. Er bezahlt dann stets freiwillig das Bier. Wir finden dann auffallend viel Talent in seinen Sachen und bestärken ihn natürlich eifrigst im Dichten. Willy hat ihn neulich in einer Ansprache den „Petrarca der Spandauer Strasse“ genannt und hat ihn gezeichnet, wie er mit einem Meterstabe Lorbeer-Guirlanden misst.

— Ihr seid Ungeheuer!

— Erlaube mal: wir sind sein einziger Herzenstrost, denn seine Familie will von dem Saitenspiel in seiner Brust absolut nichts wissen, er muss es ängstlich vor ihr geheim halten. Also — was willst Du?




In Stolberg hatte ich im Gedränge meiner Amtsgeschäfte nicht wieder an den dichtenden Jüngling gedacht. Um so erstaunter war Ich über die Dinge, die ich nach einer längeren Abwesenheit von Berlin dort von ihm vernahm.

Sein Vater war gestorben und hatte ihm zwar nicht das Geschäft, das sein älterer Bruder übernahm, wohl aber ein beträchtliches Vermögen hinterlassen. Sofort mussten die seltsamsten Wandlungen in ihm vorgegangen sein. Man erfuhr jedoch nichts Bestimmtes darüber. Er war verschollen.

Es vergingen wiederum einige Monate, da hörte ich, dass er in einem Vororte von Berlin in einer Maison de santé untergebracht sei.

Durch den Arzt der Anstalt war an unser Obergenie eine Art Denkschrift gelangt, die geeignet war, die widerstrebendsten Gefühle zu erwecken. Sie trug die Aufschrift : „Ich erbte . . .“. Indem ich mich für den getreuen Wortlaut verbürge, gebe ich sie im folgenden wieder.




Ich erbte .... Meine Gedichte, welche bisher unten in einer Schublade meines Schreibtisches gelegen hatten — auf einmal lagen sie obenauf, mitten auf dem grünen Tisch.

Es war ein Heft in Großoktav, in rote Leinwand gebunden, nicht sehr stark und ohne Goldschnitt — denn die Menschen verspotten den Goldschnitt.

Ich notierte mir die Adressen einiger namhafter Berliner Verleger und nahm eine Droschke erster Klasse auf Zeit. Die Sache wurde mir weniger teuer, als ich befürchtet hatte: schon nach einer Stunde hatte ich alle Besuche erledigt.

Was nun?

Mir fiel ein, dass ich neulich in einer größeren Gesellschaft die flüchtige Bekanntschaft des ältesten Sohnes eines unserer berühmtesten Kritiker gemacht hatte. Der junge Mann stand in dem Alter von etwa 21 Jahren und war Student. Ich schrieb einen sehr höflichen Brief an ihn, legte einen 50 Mark-Schein bei, und da ich 2 Jahr älter war, glaubte ich dem jungen Mann einen ebenso nützlichen wie wohlgemeinten Rat erteilen zu dürfen. Ich legte ihm nämlich nahe, seinem Vater ein diesem gewiss hocherfreuliches selbständiges Interesse an schöner Literatur dadurch zu verraten, dass er ihm meine Gedichte, als eine eigene Entdeckung, zeige, vorlese, oder wie er das nun wolle . . .

Tags darauf erhielt ich den Besuch eines mir bis dahin völlig unbekannten Herrn, der sich mir als Studiosus juris Soundso vorstellte. Derselbe überreichte mir einen 50 Mark-Schein und teilte mir sodann in einem sehr gleichgültigen Tone mit, dass er mir eine Säbelforderung seines Freundes F. zu überbringen habe. Er legte dabei eine Karte, auf der seine Adresse verzeichnet stand, auf den Tisch, und eh ich in meiner Verwirrung ihm noch meinen Dank aussprechen konnte, war er schon mit einem höflichen Gruß verschwunden.

Ich schrieb nun einen zweiten Brief an den jungen F., in dem ich ihm für seine Forderung höflich dankte. Aus Ironie fügte ich hinzu, dass ich leider keinen Bedarf hätte, jedoch würde ich seine Wünsche insofern respektieren, als ich unter diesen Umständen von einer Zusendung meiner Gedichte an ihn absähe. Außerdem bestätigte ich ihm den Wiederempfang der 50 Mark.

Einige Tage war ich nun gänzlich ratlos — fast verzweifelt. In besonders düsteren Stunden dachte ich sogar an Selbst-Verlag. Doch kam ich hiervon immer wieder zurück — denn die Menschen verspotten den Selbst-Verlag, und ich konnte in Anbetracht meiner kaufmännischen Stellung nicht einmal als Autor mit meinem eigenen Namen hervortreten. Ich nannte mich als Dichter mit Anlehnung an meinen bürgerlichen Namen „Stellamons“.

Da las ich eines Morgens in der „Vossischen Zeitung“, dass ein edler Menschenfreund gesucht würde, der einem bedrängten Familienvater mit einem Darlehn aus der Not hülfe. Ich hatte derartigen Anerbietungen bisher wenig Beachtung geschenkt, jetzt aber kam mir plötzlich eine Idee, und ich schrieb sofort unter der angegebenen Chiffre an die Expedition. Am andern Tage kam ein Mann zu mir, der schon durch sein Äußeres das allgemeinste Mitleid erregen musste. In einem abgetragenen schwarzen Rocke schleppte er eine Kollektion Gebeine mit sich herum, von der man sich wunderte, dass sie nicht klapperten. Dieser Mann erzählte mir, dass er zu Hause elf lebendige Kinder habe, und dass seine Frau auf dem besten Wege sei, das Dutzend voll zu machen. Wenn der Mann nicht sonst einen überaus bescheidenen Eindruck gemacht hätte, würde ich mich des Verdachts nicht haben erwehren können, dass er renommiere.

Ich gab ihm meine Gedichte und sagte ihm folgendes:

— Mein lieber Mann, ich bin gern bereit, Ihnen durch ein Darlehn in der Höhe von 100 Mark aus der Not zu helfen. Ich verlange von Ihnen nicht, dass Sie mir diese 100 Mark verzinsen, auch mögen Sie sie mir zurückgeben, wann es Ihnen passt. Nur eins verlange ich von Ihnen als Gegenleistung: Sie müssen meine Gedichte verlegen. Erschrecken Sie nicht, lieber Mann, auch das soll für Sie nicht mit den geringsten Unkosten verknüpft sein. Im Gegenteil, ich hoffe, wenn ich Ihnen alles zur Eröffnung eines kleinen Verlages eingerichtet habe, werde ich Ihnen damit eine Existenz schaffen können. Ich denke mich mehr und mehr auf die eigentlich dichterische Produktion zu werfen. Also nehmen Sie diese Gedichte jetzt mit nach Hause, lieber Mann, lesen Sie sie sich durch. Sie sehen, ich gedenke nicht, Sie zu überrumpeln und ihre Notlage auszubeuten. Morgen erwarte ich Ihre Entscheidung. —

Der Mann ging und kam andern Tags um dieselbe Zeit wieder. Er schien mir noch gedrückter und verstörter als das erste Mal. Mit zittriger Stimme begann er:

— Mein Herr! Das Leben hat mir böse mitgespielt. Schon seit meiner frühesten Kindheit verfolgt mich das Unglück. Mein bescheidener Verdienst steht in gar keinem Verhältnis zu meiner natürlichen Veranlagung als Vater und zu der unerschütterlichen Fruchtbarkeit meiner Frau. Oft genug fehlt uns das Brot im Hause, und unser Herz blutet und will fast zerreißen, wenn wir unsere Kinder vor Hunger wimmern hören. Aber, mein Herr, das eine wenigstens hab' ich mir in all dem Jammer bewahret. Das eine ist mein Trost in trüben Stunden und richtet mich auf, wenn ich schier verzagen will. Ich bin trotz aller Anfechtung ein ehrlicher Mensch geblieben, mein Herz ist rein von bösen Thaten, und was ich auch im Leben schon Schweres erduldet habe, ich konnte mir noch immer sagen: Du leidest Unrecht, Du hast es nicht verdient, Gott muss Dich einmal entschädigen. Mein Herr! Nehmen Sie Ihre Gedichte zurück. Ich habe diese Nacht einen schweren Kampf mit mir gekämpft, vielleicht den schwersten meines Lebens. Doch ich bin als Sieger daraus hervorgegangen, und ich verzeihe Ihnen die Versuchung, in die Sie mich gebracht haben. Auch Gott möge Ihnen verzeihen! Leben Sie wohl. —

Der Mann verließ mit einer gewissen Würde mein Zimmer. —

Auch diese Hoffnung hatte mich betrogen. Ich war trostlos.

Ich hatte meinem Vater auf dem Sterbebette versprechen müssen, dem kaufmännischen Berufe treu zu bleiben. Ich war daher, weil ich mich mit meinem Bruder nicht vertragen konnte, in ein Konkurrenzgeschäft eingetreten und konnte mit meiner Stellung ganz zufrieden sein. Freilich war mein Chef ein streng denkender Kaufmann, und ich hatte daher meinen Verkehr mit dem Genie-Convent einstweilen aufgegeben. Hätte ich eine Ahnung gehabt von der Flamme meines Busens, oder hätte er nur einen Hauch Eures genialen Wesens verspürt, so glaube mir, mein lieber Heinrich, würde er mich auf der Stelle wegen Unzuverlässigkeit entlassen haben. Ach, die Philister sind gar zu brutal . . .

Aber trotz dieser schwerwiegenden Bedenken reifte nun tief in meinem Busen ein gewalttätiger Entschluss. — Selbstverlag. — Es gab nichts anderes.

Schließlich: es brauchte ja nur der Name des Druckers auf dem Titelblatt zu stehen. Und dann — musste es denn herauskommen? O nein! Wenn ich nur recht geschickt war . . . Ich vergegenwärtigte mir alle mir erinnerlichen Fälle, in denen man nach einem Morde niemals auf die Spur des Mörders gekommen war. Solche Fälle gab es doch, und zwar in ziemlicher Anzahl. Weshalb sollte ich nun gerade der Ungeschickte sein?

Es begann nun für mich eine Zeit der heimlichen Wonne. Hinter verschlossenen Türen, wenn alles schlief, kostete ich die Wollust des Korrekturenlesens bis zur Ausschweifung. Dabei steigerte sich das Gefühl meiner inneren Größe von Bogen zu Bogen. Es erreichte schließlich eine Höhe, die mich erbeben machte. Einsam in meiner Größe, groß in meiner Einsamkeit, wuchs ich vor meinen geistigen Augen allmählich zum Giganten heran. Ja, es gab Stunden, wo ich mich schon mit Dir, mein Heinrich, zu vergleichen wagte. Verzeih!

Um jene Zeit war es auch, dass ich mir meinen Todfeind gewann. Ich saß eines Abends allein in einem Lokal. Er saß in größerer Gesellschaft an einem Nebentisch und hatte wohl schon eine Stunde lang immer und immer wieder von Goethe gesprochen. O, ich hatte die beleidigende Absicht sofort bemerkt, hielt mich aber lange mit Macht zurück. Da er aber gar nicht aufhörte, begann ich schließlich denn doch — in bescheidener Weise von mir zu sprechen.

Da lachte er . . .

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Infolge eines Meineides, den er nach einiger Zeit in dieser Angelegenheit schwur, wurde ich wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von fünfhundert Mark verurteilt. Der Staatsanwalt hatte drei Monate Gefängnis beantragt.

Mein Todfeind verfolgte mich nun erst recht mit allen Mitteln . . .

In meiner Gegend hatte er sämtliche Droschkenkutscher in seinen Dienst genommen und ihnen zugeraunt, sie sollten mich in eine unheimliche unbekannte Gegend fahren, wo er mich erwarten würde . . .

Ich war aber schlau und fuhr stets mit der Pferdebahn.

Doch er ging in seiner teuflischen Bosheit noch weiter . . .

Endlich waren meine Gedichte erschienen . . .

Da, etwa vier Wochen darauf, rief mich eines Abends nach Schluss des Geschäftes mein Prinzipal zu sich.

Er betrachtete mich lange mit stiller Teilnahme. Dann sprach er:

— Mein lieber Freund! Es tut mir herzlich leid, aber jener hat mir alles verraten. Und nicht bloß mir. Die Sache ist bereits ruchbar geworden. Sie begreifen daher . . die Rücksicht, die ich dem guten Rufe meines Hauses schuldig bin . . .

Ich war entlassen. — — — —

Von nun an gehört mein Leben der Rache! — — — — — — —

Einstweilen hält man mich hier fest. Ha, ich weiß! Das Geld meines Todfeindes . . .

Wenn mein Verteidiger auch behauptet hat, der Mordversuch, so wagte er meines Herzens heilige Tat zu nennen, sei in einem Geisteszustände begangen, der die freie Willensbestimmung ausschließe . . . ha, ha! Ich weiß es besser. Lachhaft, höchst lachhaft . . .

Ich weiß, was ich will. Ich weiß es. Klar steht es vor meiner Seele, als mein Schicksal, als meine Pflicht.

Und wenn ich auch dies erste Mal vorbeigeschossen habe . . .

Pah, was will das bedeuten! Das kam nur von meiner Dummheit, dass ich nicht näher an ihn herangegangen bin.

Das nächste Mal . . . hm . . . wir werden ja sehn. Dann wird's schon besser gehn.

Lasst mich nur erst mal hier heraussein, dann werdet Ihr was erleben!

Der Doktor lachte immer so leise . . so als ob er eine Ahnung hätte ...

Ich glaube, er ist mein Freund.

Ja! Wenn er mich heute besucht, werd’ ich ihm meinen Plan entdecken.

Er wird mir helfen, mich herauslassen.

Ich muss nach Berlin . . .

Als ich Heinrich das Schriftstück schweigend zurückgab, sagte dieser achselzuckend:

— Ja, du mein Gott, wer konnte ahnen, dass der dumme Kerl keinen Spaß verstehen würde.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Vom gastfreien Pastor