88. Bergmännlein im Gutachthal.

Im Bielersteiner Bergwerke hielten vordem sich Bergmännlein auf, welche mit den Bewohnern des benachbarten Hofgutes in freundlichem Verkehr standen. Einst sah die Bäuerin auf ihrer Wiese eine trächtige Kröte sitzen und sagte im Scherze zu ihr: „Wenn du niederkömmst, will ich bei dir zu Gevatter stehen!“ Bald darauf kam in der Nacht zu der Frau ein Bergmännlein und sagte ihr, die Kröte sei ein Bergweiblein gewesen, und sie müsse nun mit ihm gehen, um ihr Versprechen zu erfüllen. Nachdem die Bäuerin sich dazu bereit erklärt hatte, verband ihr das Männlein die Augen und führte sie an einen unbekannten Ort, wo es ihr die Binde wieder abnahm. Sie befanden sich in einer kleinen Kirche, die mit all ihrem Geräthe von lauterem Gold war. Darin waren viel Berg-Männlein und Weiblein mit dem neugebornen Kinde, welches nun getauft und dabei von der Frau gehoben ward. Nachher hielten sie ein köstliches Mahl, an dessen Ende sie der Bäuerin einen Büschel Korn- und Haberstroh schenkten und sie dann, wieder mit verbundenen Augen, durch das Männlein zurückführen ließen. Als dieses die Frau in der Nähe ihres Hofes verlassen hatte, warf sie das schlechte Geschenk unwillig hinweg. An ihrer Schürze blieben jedoch ein Halm Kornstroh und ein Halm Haberstroh hängen, und in der nächsten Frühe war jener zu Gold, dieser zu Silber geworden. Jetzt bereute die Bäuerin, den Büschel weggeworfen zu haben, welchen sie, trotz alles Suchens, nicht mehr finden konnte.

(Andere lassen die Frau eine Hebamme von Gutach sein, die der Kröte scherzend ihre Dienste anbietet und später das Bergweiblein glücklich entbindet.)


In der Folge ist die Goldkirche (welche, wie einige sagen, auf dem Berg Bielerstein gestanden) versunken; jedoch kann ein schwarzer Hahn ihren Thurmknopf in vierundzwanzig Stunden zu Tage scharren.
Früher ertönte öfters in dem Berg Geläute; in der Neuzeit aber hat es aufgehört.